Zerbrechlich - Zerbrechlich - Handle with Care
versagt. Und eigentlich hieß das, ich hatte auch als Ärztin versagt. Ich hätte es ablehnen sollen, als sie mich bat, sie in meiner Praxis zu behandeln. Ich hätte wissen sollen, dass unsere Freundschaft sich auf die Arzt-Patient-Beziehung auswirken würde.
Das Wasser in der Dusche war inzwischen kalt. Ich drehte den Hahn zu und wickelte mich in ein Handtuch. Guy Booker hatte mir präzise Anweisungen gegeben, was ich heute anziehen sollte: kein geschäftsmäßiges Kostüm, kein Schwarz, das Haar offen. Ich hatte mal einen Zweiteiler bei T. J. Maxx gekauft, den ich jedoch nie anzog; Guy sagte, der sei perfekt. Ich sollte wie eine ganz normale Mom aussehen, wie eine Frau, mit der die Geschworenen sich identifizieren konnten.
Als ich runterkam, hörte ich Musik in der Küche. Emma war schon zum Bus gegangen, als ich noch in der Dusche gewesen war, und Rob … Nun, Rob fuhr seit drei Wochen immer schon um halb acht zur Arbeit. Das lag weniger an seiner Arbeitsmoral, nahm ich an, sondern entsprang vielmehr dem Wunsch, aus dem Haus zu sein, wenn ich aufwachte. So liefen wir nicht Gefahr, in Streit zu geraten, wenn Emma mal nicht als Puffer zwischen uns stand.
»Das wird aber auch Zeit«, sagte Rob, als ich in die Küche kam. Er griff zum Radio und regelte die Lautstärke herunter; dann deutete er auf einen Teller voller Bagels. »Im Laden gab es nur noch einen Pumpernickel«, sagte er. »Aber da ist auch Jalapeño-Cheddar und Zimt-Rosine …«
»Aber ich habe gehört, wie du gegangen bist«, sagte ich.
Rob nickte. »Und ich bin wieder zurückgekommen. Gemüse-Käse oder normal?«
Ich antwortete nicht, sondern stand einfach nur da und schaute ihn an.
»Ich weiß nicht, ob ich es je erwähnt habe«, sagte Rob, »aber die Küche – sie wirkt so viel heller, nachdem du sie gestrichen hast. Du hättest eine verdammt gute Innenarchitektin abgegeben. Ich meine, versteh mich nicht falsch, ich glaube immer noch, dass du als Gynäkologin besser geeignet bist, aber trotzdem …«
In meinem Kopf begann es zu hämmern. »Schau mal. Ich will ja nicht undankbar sein, aber was machst du hier?«
»Einen Bagel toasten?«
»Du weißt, was ich meine.«
Der Bagel sprang aus dem Toaster; Rob ignorierte ihn. »Nicht umsonst heißt es im Ehegelübde: ›In guten wie in schlechten Tagen.‹ Ich war ein Arschloch, Piper. Es tut mir leid.« Er schaute zu Boden. »Du hast nicht darum gebeten, verklagt zu werden. Ich muss zugeben, diese Klage hat mich gezwungen, über einiges nachzudenken. Du hast Charlotte und Sean nicht weniger angedeihen lassen als die übliche Fürsorge, du warst sogar noch gründlicher.«
Ich fühlte ein Schluchzen in der Kehle hochsteigen. »Dein … dein Bruder …«, brachte ich mühsam hervor.
»Ich weiß nicht, wie mein Leben verlaufen wäre, wenn es ihn nicht gegeben hätte«, sagte Rob leise. »Aber eines weiß ich: Ich habe ihn geliebt, solange er da war.« Er schaute mich an. »Ich kann nicht zurücknehmen, was ich zu dir gesagt habe, und ich kann mein Verhalten in den vergangenen Monaten nicht ungeschehen machen. Aber ich hoffe trotzdem, dass es dir nichts ausmacht, wenn ich dich zum Gericht begleite.«
Ich wusste nicht, wie er seinem Terminkalender die Zeit dazu abgerungen hatte. Aber ich schaute zu Rob und sah hinter ihm die neuen Schränke, die ich angebracht hatte, die frisch in Kupfer gestrichenen Wände, und zum ersten Mal seit Langem sah ich keinen Raum, der perfektioniert werden musste, sondern ein Heim. »Unter einer Bedingung«, sagte ich.
Rob nickte. »In Ordnung.«
»Ich bekomme den Pumpernickelbagel«, sagte ich und lief in seine ausgestreckten Arme.
Marin
Es war eine Stunde vor Prozessbeginn, und ich wusste noch immer nicht, ob meine Klientin auftauchen würde oder nicht. Ich hatte das ganze Wochenende über versucht, sie anzurufen, sie aber weder auf dem Festnetz noch übers Handy erreicht. Als ich vor dem Gerichtsgebäude ankam und die Reporter auf den Stufen sah, versuchte ich es noch einmal.
Dies ist der Anschluss der Familie O’Keefe , sang der Anrufbeantworter.
Das stimmt nicht so ganz, wenn Sean die Scheidung weiter durchzieht, dachte ich. Andererseits hatte ich inzwischen eines über Charlotte gelernt: Was sie nach außen hin zeigte, musste nicht unbedingt mit der Wahrheit hinter den Kulissen übereinstimmen. Allerdings brauchte mich das nur wenig zu kümmern, solange sie sich daran erinnerte, was sie im Zeugenstand sagen sollte.
Ich wusste, dass sie angekommen war,
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