Zerbrechlich - Zerbrechlich - Handle with Care
für die routinemäßige Ultraschalluntersuchung in der achtzehnten Woche hatte, hat sie gesagt, wir sollten erst einmal deren Ergebnisse abwarten; davon ausgehend könnten wir uns dann immer noch für eine Fruchtwasseruntersuchung entscheiden. Ultraschall sei zwar nicht so genau wie eine Fruchtwasseruntersuchung, hat sie gesagt, aber angeblich könne man auch dabei Anzeichen für ein Downsyndrom erkennen beziehungsweise das Risiko geringer einstufen.«
»Erinnern Sie sich noch an diese Ultraschalluntersuchung?«, fragte ich.
Charlotte nickte. »Wir waren so aufgeregt, unser Baby zu sehen. Und gleichzeitig war ich nervös, denn ich wusste, dass die Sonografin nach Anzeichen für das Downsyndrom suchen würde. Ich habe sie ständig beobachtet, um vielleicht etwas von ihrem Gesicht ablesen zu können. Und einmal hat sie den Kopf auf die Seite gelegt und ›Hmmm‹ gemacht. Aber als ich sie gefragt habe, was sie gesehen hat, hat sie nur geantwortet, Dr. Reece würde die Ergebnisse mit mir besprechen.«
»Und was hat die Beklagte Ihnen gesagt?«
»Piper ist in den Raum gekommen, und ich habe ihr sofort angesehen, dass das Baby nicht unter dem Downsyndrom leidet. Ich habe sie gefragt, ob sie sicher sei, und sie hat Ja gesagt … und dass die Sonografin angemerkt hätte, wie klar die Bilder seien. Ich habe ihr in die Augen geschaut und sie gefragt, ob wirklich alles gut aussehe – und sie hat gesagt, der einzige Wert, der ein wenig außerhalb der Normwerte liege, sei die Oberschenkelgröße. Darüber müsse man sich jedoch keine Sorgen machen, hat Piper gesagt, da das bei der nächsten Ultraschalluntersuchung schon wieder anders aussehen könnte.«
»Haben Sie sich wegen der Klarheit der Ultraschallaufnahmen Sorgen gemacht?«
»Warum hätte ich das tun sollen?«, erwiderte Charlotte. »Piper schien das nicht zu kümmern, und ich dachte, das sei ja auch der Sinn einer Ultraschalluntersuchung: klare Bilder zu bekommen.«
»Hat Dr. Reece Ihnen zu einer weiteren, detaillierteren Ultraschalluntersuchung geraten?«
»Nein.«
»Haben Sie während Ihrer Schwangerschaft noch weitere Ultraschalluntersuchungen gehabt?«
»Ja, in der siebenundzwanzigsten Woche. Es war weniger ein Test als vielmehr eine Gefälligkeit. Wir haben es außerhalb der Öffnungszeiten in ihrer Praxis gemacht, um das Geschlecht des Babys festzustellen.«
Ich drehte mich zu den Geschworenen um. »Erinnern Sie sich noch an diese Ultraschalluntersuchung, Charlotte?«
»Ja«, antwortete sie leise. »Ich werde sie nie vergessen. Ich habe auf dem Untersuchungstisch gelegen, und Piper hat den Signalwandler auf meinen Bauch gedrückt. Sie hat den Computermonitor angestarrt. Ich habe sie gefragt, wann ich mal schauen dürfe, aber sie hat nicht geantwortet. Ich habe sie gefragt, ob mit ihr alles in Ordnung sei.«
»Und wie lautete ihre Antwort?«
Charlotte ließ ihren Blick durch den Raum schweifen und blieb bei Piper hängen. »Ja, mit ihr sei alles in Ordnung … aber mit meiner Tochter nicht.«
Charlotte
»Wovon redest du da? Was ist los?« Ich stützte mich auf die Ellbogen, schaute auf den Monitor und versuchte, auf dem Bild etwas zu erkennen.
Piper deutete auf eine schwarze Linie, die für mich wie jede andere aussah. »Sie hat Knochenbrüche, Charlotte. Etliche.«
Ich schüttelte den Kopf. Wie konnte das sein? Ich war doch nicht gestürzt.
»Ich werde Gianna Del Sol anrufen. Sie leitet bei uns im Krankenhaus die Abteilung für pränatale Medizin. Sie kann es dir genauer erklären …«
» Was kann sie mir genauer erklären?«, schrie ich und wurde immer panischer.
Piper nahm den Signalwandler von meinem Bauch, und das Bild verschwand vom Bildschirm. »Wenn es das ist, was ich glaube, nämlich Osteogenesis imperfecta, dann ist das sehr selten. Ich habe bis jetzt nur darüber gelesen … während des Studiums. Ich habe noch nie einen Patienten damit gesehen«, sagte sie. »Bei der Krankheit handelt es sich um ein Kollagendefizit, wodurch die Knochen leicht brechen.«
»Aber das Baby«, sagte ich. »Es wird doch alles gut gehen, oder?«
Das war der Punkt, wo mich meine beste Freundin sonst immer umarmte und sagte: Ja, natürlich. Sei nicht albern. Das war der Punkt, wo Piper mir sonst immer sagte, das sei die Art von Problem, über die wir in zehn Jahren auf deiner Geburtstagsparty lachen würden. Nur dass Piper diesmal nichts von alledem sagte. »Ich weiß es nicht«, gab sie zu. »Ich weiß es wirklich nicht.«
Wir ließen meinen
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