Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zerbrechlich - Zerbrechlich - Handle with Care

Zerbrechlich - Zerbrechlich - Handle with Care

Titel: Zerbrechlich - Zerbrechlich - Handle with Care Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
Vom Netzwerk:
anerkannt würde, wie schwer das alles für uns war, und danach wäre alles viel besser. Doch in meinem Übereifer, das Licht am Horizont zu erreichen, hatte ich die Sturmwolken übersehen: die Tatsache, dass Piper anzuklagen und Sean zu überzeugen beide Beziehungen zerstören würde. Und nun war es zu spät. Selbst wenn ich Marin anriefe und ihr sagte, sie solle sofort aufhören, würde Piper mir nie vergeben, und Sean würde mich weiter verurteilen.
    Man kann sich selbst einreden, dass man bereit ist, alles zu verlieren, um zu bekommen, was man will, aber so einfach ist das nicht: All die Dinge, die man so bereitwillig preisgeben will, sind genau die, die einen erst zu dem machen, was man ist. Verliert man sie, verliert man auch sich selbst.
    Einen Augenblick lang überlegte ich, mich auf Zehenspitzen hinunterzuschleichen, mich vor Sean zu knien und ihm zu sagen, dass es mir leidtue. Ich wollte ihn bitten, mit mir noch einmal von vorne anzufangen. Dann hob ich den Blick und sah, dass die Tür sich einen Spalt geöffnet hatte, und dein kleines, weißes, dreieckiges Gesicht spähte hindurch. »Mommy«, hast du gesagt, bist auf wackeligen Beinen näher gekommen und zu mir ins Bett geklettert. »Hast du schlecht geträumt?«
    Du hast dich an mich geschmiegt. »Ja, Willow, das habe ich.«
    »Möchtest du, dass ich bei dir bleibe?«
    Ich schlang die Arme um dich. »Für immer«, antwortete ich.
    Dieses Jahr war Weihnachten viel zu warm gewesen, grün statt weiß, eine Bestätigung von Mutter Natur, dass das Leben nicht so war, wie es hätte sein sollen. Doch nach zwei Wochen mit eher frühlingshaften Temperaturen kehrte der Winter mit voller Wucht zurück. In der Nacht fiel Schnee. Wir wachten mit trockenen Kehlen auf, und die Heizstrahler summten. Draußen roch die Luft nach dem Rauch aus den Kaminen.
    Sean war bereits weg, als ich um sieben Uhr herunterkam. Er hatte sein Bettzeug ordentlich gefaltet und in die Wäschekammer gelegt, und in der Spüle stand ein leerer Kaffeebecher. Du bist die Treppe heruntergekommen und hast dir die Augen gerieben. »Meine Füße sind kalt«, hast du gesagt.
    »Dann zieh dir Pantoffeln an. Wo ist Amelia?«
    »Die schläft noch.«
    Es war Samstag. Es gab keinen Grund, sie so früh zu wecken. Ich beobachtete, wie du dir die Hüfte riebst, vermutlich ohne es zu bemerken. Du brauchtest Bewegung, um deine Muskeln zu stärken, auch wenn du nach den Oberschenkelbrüchen noch Schmerzen hattest. »Weißt du was? Wenn du die Zeitung holen gehst, mache ich uns Waffeln zum Frühstück.«
    Ich beobachtete, wie dein Verstand arbeitete. Der Zeitungsbriefkasten stand vierhundert Meter entfernt an unserer Einfahrt, und es war eiskalt draußen. »Mit Eiscreme?«
    »Erdbeeren«, handelte ich.
    »Okay.«
    Du bist in den Flur gegangen, um dir deinen Mantel über den Pyjama zu ziehen, und ich habe dir geholfen, deine Gehhilfen umzuschnallen und deine Füße in die kurzen Stiefel zu stecken, die du als einzige damit tragen konntest. »Pass in der Einfahrt auf.« Du hast deine Jacke zugemacht. »Willow? Hast du gehört?«
    »Ja, ich soll aufpassen.« Dann hast du die Haustür geöffnet und bist rausgegangen.
    Ich stand an der Tür und schaute dir hinterher, bis du dich in der Einfahrt umgedreht, die Hände in die Hüften gestemmt und gesagt hast: »Ich werde nicht fallen! Hör auf zuzugucken!«
    Also ging ich wieder rein und schloss die Tür – aber durch das Fenster beobachtete ich dich trotzdem noch eine Weile. In der Küche holte ich die Zutaten aus dem Kühlschrank und schaltete das Waffeleisen ein. Dann holte ich die Plastikrührschüssel, die du so gerne mochtest, denn sie war leicht genug, dass auch du sie handhaben konntest.
    Schließlich ging ich wieder auf die Veranda hinaus, um auf dich zu warten. Doch als ich hinaustrat, warst du verschwunden. Ich konnte bis zum Zeitungsbriefkasten sehen, aber du warst nirgendwo. Aufgeregt zog ich mir die Stiefel an und rannte hinaus. Ungefähr auf halber Strecke fand ich Fußspuren im Schnee, die zum Eislaufteich führten.
    »Willow!«, schrie ich. »Willow!«
    Sean, verdammt! Du hast den Teich nicht zugeschüttet, obwohl ich dich schon tausend Mal darum gebeten habe.
    Und dann sah ich dich am Schilfrand, wo sich dünnes Eis gebildet hatte.
    Einen Fuß hattest du bereits auf die weiße Fläche gestellt. »Willow«, sagte ich sanft, damit du nicht erschrickst, doch als du dich umgedreht hast, bist du weggerutscht und hast die Arme ausgestreckt, um dich

Weitere Kostenlose Bücher