Zero Day
Humbug.«
»Sie haben ja so verdammt recht«, stimmte Dickie zu.
»Also, etwas sehr Ernstes kommt auf Drake zu. Menschen sind ermordet worden, und bei den Ermittlungen passt nichts zusammen. Die Bundesbehörden haben aus Drake seltsame Funksprüche in fremder Sprache aufgefangen. Was ich mir nun von Ihnen wünsche, ist HUMINT . Sie wissen, was ich meine, ja?«
»Klar. Human Intelligence. Erkenntnisgewinnung aus menschlichen Quellen.«
»Und zwar an Ort und Stelle, hier in Drake. Sie kennen sich aus. Sie kennen Mitbürger, auch solche, die in näherer Bekanntschaft zu Eric und Molly standen. Ihr Vater arbeitet bei Trent.«
»Sie glauben«, fragte Dickie scharf, »Roger Trent ist darin verwickelt?«
»Ich habe keine Ahnung, wer daran beteiligt oder unbeteiligt ist. Eben deshalb brauche ich Ihre Unterstützung. Sind Sie dazu bereit?«
»Was soll ich denn tun?«
»Sperren Sie die Ohren auf. Gehen Sie dahin und dorthin. Setzen Sie sich mit Leuten zusammen. Halten Sie immer die Ohren offen. Aber seien Sie vorsichtig. Spielen Sie auf keinen Fall Detektiv. Ich möchte, dass Sie sich so benehmen wie sonst auch, nur anders vorgehen. Hören Sie hin, lauschen Sie, seien Sie wachsam. Sobald Sie etwas als verdächtig empfinden, merken Sie es sich und treten mit uns in Verbindung. Alles klar?«
Eifrig nickte Dickie. »Na sicher. Freilich.«
Puller reichte ihm eine Visitenkarte. »Hier sind meine Kontaktdaten. Ich nehme an, Sie wissen, wie Sie Sergeant Cole erreichen können.« Puller erhob sich vom Stuhl.
»Das war’s?«, fragte Dickie. »Ich darf gehen?«
»Wenn Sie in meinem Motelzimmer sitzen, sind Sie mir nicht von Nutzen. Sie sollen ja im Ort für mich tätig werden. Ich gewähre Ihnen die Gelegenheit, der Nation nochmals zu dienen, obwohl das Land Ihnen übel mitgespielt hat.«
Dickie stand auf und sah Cole an. Dann streckte er Puller die Hand entgegen. »Ich bin nur wenigen Leuten begegnet, die bereit waren, mir so eine Möglichkeit zu geben.«
»Ich bin nicht so wie gewisse Leute.«
»Anscheinend habe ich Sie falsch eingeschätzt.«
»Auch wir haben Sie wohl in falschem Licht gesehen«, meinte Cole.
»Soll ich Sie fahren?«, fragte Puller.
»Nein, ich finde nach Hause.«
»Und warum haben Sie mir nicht erzählt«, fragte Cole, nachdem Dickie gegangen war, »dass Drake eine Riesengefahr droht?«
»Weil ich die Anweisung erhalten hatte, darüber zu schweigen. Inzwischen habe ich beschlossen, die Anweisung zu missachten.«
»Welchen Ursprung soll diese Gefährdung haben?«
»Das Ministerium für Innere Sicherheit hat Funkverkehr mitgehört, der in Dari geführt wurde und demzufolge demnächst ›Gerechtigkeit‹ geübt wird. Was hier geschehen soll, wird voraussichtlich bald passieren.«
»Dari? Was zum Kuckuck ist das?«
»Eine in Afghanistan verbreitete Mundart.«
»In Afghanistan? Diese Mundart will man aus Drake gehört haben?«
»Es hat den Anschein. Wenigstens aus Drakes Umkreis. Es konnte keine genaue Peilung vorgenommen werden. Und die Verschlüsselung erfolgte mit einem alten KGB -Code. Die Übermittlung fand kurz nach den Morden statt. Dadurch ist bei der Homeland Security natürlich der Blutdruck gestiegen.«
»Was wissen Sie sonst noch?«
»Zu wenig, so viel steht leider fest. Übrigens: Eins hat Dickie uns nicht erklärt.«
»Und was?«
»Wie ist er in der Nacht zum Haus der Halversons gelangt? Ein Auto hat er nicht benutzt. Es stand kein Wagen vorm Haus. Danach ist er in den Wald geflohen und hat sich auf diesem Weg abgesetzt. Bis zur Ortschaft ist es weit.«
»Sie haben recht.«
»Ein komplizierter Typ. Wer hätte so was gedacht …?«
»Sind Sie der Meinung, er weiß mehr, als er uns erzählt?«
»Ich glaube, er sitzt zwischen zwei Stühlen. Er steckt in irgendetwas drin, das er uns verheimlichen will, aber an der Gefahr für Drake ist er unschuldig.«
»Trotzdem verstehe ich nicht, warum Sie ihn dazu überredet haben, für uns tätig zu sein. Umso weniger, wenn Sie der Ansicht sind, er ist in irgendwelche gesetzwidrigen Machenschaften verstrickt.«
»Einen großen Teil meines Erwachsenenlebens habe ich damit zugebracht, Menschen ins Innerste zu schauen. Vor allem Soldaten und ehemaligen Soldaten. Mein Gespür sagt mir, dass Dickie von Hilfsbereitschaft angetrieben wird. Nach meinem Gefühl hat er das Haus der Halversons in Wahrheit aufgesucht, weil er einen Verdacht hatte. Vielleicht sogar, weil er jemanden Bestimmtes verdächtigte. Ich bin wirklich der Überzeugung, er
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