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Zero Day

Zero Day

Titel: Zero Day Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Baldacci
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haben, aber nicht an dem Tag? Verstehen Sie, was ich meine?«
    Reed ergriff die Papierserviette, die neben seinem leeren Teller lag, und wischte sich den Mund. Er erzählte tatsächlich der Reihe nach. Das ausgezeichnete Gedächtnis und die systematische Schilderung des Mannes beeindruckten Puller. Aber vielleicht wurde man so, wenn man Millionen von Postsendungen zustellte, immer wieder dieselben Strecken zurücklegte, ständig dieselben Dinge sah. Man spürte es, wenn etwas anders war als sonst. »Kannten Sie die Familie Reynolds schon vorher?«, fragte Puller.
    »Wen?«
    »Die ermordete Familie hieß Reynolds.«
    »Ach so.« Reed dachte nach und ließ sich dabei Zeit, gönnte sich gemächlich einen weiteren Schluck Kaffee. Puller bemerkte einen Ehering an seinem knotigen Finger. Zwar verheiratet, und dennoch frühstückte er morgens um 5 Uhr 30 in einer Gaststätte? Vielleicht rührte daher die Hoffnungslosigkeit in seiner Miene. »Einmal habe ich das Mädchen gesehen. Es stand im Vorgarten, als ich Post brachte. Dem Mann bin ich nie begegnet. Kann sein, dass ich mal die Frau gesehen habe, als sie bei meiner Ankunft im Auto an mir vorbeigefahren ist.«
    »Kannten Sie die Halversons?«
    »Die Leute, die eigentlich dort wohnten?«
    »Ja.«
    Reed wackelte mit dem Kopf, bewegte ihn ruckartig von einer zur anderen Seite. »Ich hatte nie mit ihnen zu tun. Ich hätte gar nicht geläutet, aber ich brauchte für das auszuliefernde Päckchen eine Unterschrift. Es war eine Einschreibesendung mit Rückschein. Sind sie auch ermordet worden?«
    »Nein. Sie waren zur Zeit der Morde nicht da.« Kurz schwieg Puller. »Wo ist das Päckchen abgeblieben?«, lautete seine nächste Frage.
    »Das Päckchen?« Reeds Becher verharrte auf halber Höhe zum Mund.
    »Ja. Die Einschreibesendung, für die Sie die Unterschrift haben mussten.«
    Reed stellte den Kaffeebecher ab und legte einen Finger an die trockenen, gesprungenen Lippen. »Ich bin damit ins Haus gegangen.« Wieder gruselte es ihn, und er klammerte sich an die Laminattischplatte. »Da habe ich sie gesehen …«
    »Schon gut. Ich weiß, was Sie gesehen haben. Aber bitte tun Sie mir den Gefallen und konzentrieren Sie sich. Sie hatten das Päckchen in der Hand. Dann haben Sie kehrtgemacht und sind hinausgerannt. Sie sind gegen die Haustür gestoßen und haben am Verandageländer das Glas zerschlagen.« Darüber wusste Puller von Cole Bescheid.
    Reed wirkte betroffen. »Muss ich die Glastür bezahlen? Ich hatte doch gar nicht vor, sie zu beschädigen, aber mir war so etwas im ganzen Leben noch nicht unter die Augen gekommen. Und ich hoffe in Gottes Namen, dass es mir kein zweites Mal passiert.«
    »Machen Sie sich wegen der Tür keine Sorgen. Konzentrieren Sie sich auf das Päckchen. War es an die Halversons adressiert?«
    Reed nickte. »Ja, ich weiß noch, ihr Name stand darauf.« Puller schwieg und ließ dem Mann Zeit zum Nachdenken. Der menschliche Geist war eigenwillig. Gestand man ihm eine gewisse Frist zu, brachte er meistens irgendetwas aus dem Gedächtnis zum Vorschein. Auf einmal weiteten sich Reeds Augen leicht. »Wenn ich jetzt daran denke, fällt mir ein, es war eine Sendung mit stellvertretendem Empfänger.«
    »Eine c / o-Sendung?«
    »Genau, genau«, bestätigte Reed erregt. Seine Hände glitten über die Tischplatte und stießen gegen den leeren Teller. Unvermutet sah er nicht mehr nach Hoffnungslosigkeit aus. Man merkte ihm Engagement an. Vielleicht zum ersten Mal seit vielen Jahren, überlegte Puller.
    »Also war die Post in Wirklichkeit gar nicht für die Halversons bestimmt?«, folgerte Puller. »Die Sendung wurde bloß an ihre Anschrift geschickt? Welcher zweite Name stand darauf? Reynolds? Im Haus hielt sich zu der Zeit lediglich die Familie Reynolds auf.«
    Reed hatte den Blick leicht aufwärts gerichtet, während er sich zu erinnern versuchte. Puller sagte nichts. Er wollte die Gedankengänge des Postboten nicht stören. Zur Überbrückung trank er einen Schluck vom inzwischen lauwarmen Kaffee. Anschließend warf er einen längeren Blick durchs Restaurant. Über die Hälfte der Anwesenden schaute zu Reed und ihm herüber.
    Puller stutzte nicht, als er einen ihm schon bekannten Burschen sah. Dickie Strauss saß am anderen Ende der Räumlichkeit und schaute in Pullers Richtung. Er befand sich in Gesellschaft eines noch größeren Kerls. Der zweite Mann trug ein langärmeliges Hemd, sodass Puller nicht erkennen konnte, ob auch er eine Armtätowierung hatte. Beide

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