Zero Option: Thriller
beziehen«, sagte Victor, »aber unpräziser geht es nun wirklich nicht. Diese vier Zivilisten, die ich getötet habe, das waren keine Zivilisten.«
»Was denn dann?«
»Ich weiß es nicht«, lautete Victors Antwort. »Den ersten habe ich gleich bei meiner Ankunft bemerkt. Da habe ich noch gedacht, er sei einer von Yamouts Leuten. Aber sie hatten weder mit Yamout noch mit Petrenko etwas zu tun. Das war ein Überwachungsteam, auch wenn das eine enorme Untertreibung ist. Im Kampfeinsatz und als Pistolenschützen jedenfalls sehr viel besser als die üblichen Pflastertreter. In Petrenkos Suite hatten sie Kameras installiert, die per Funk mit einem Computer in der Nachbarsuite verbunden waren. Und in dem Moment, als ich Yamout erschießen wollte, haben sie sich eingemischt. Nur deshalb sind sie jetzt tot, während Yamout noch am Leben ist.«
Sein Arbeitgeber brauchte lange, um diese Enthüllungen zu verarbeiten. Schließlich sagte er: »Wenn diese Leute also eingegriffen haben, dann …«
»Nein«, fiel Victor ihm ins Wort. »Yamout hat zwar um Hilfe gerufen, aber da haben sie nicht das Geringste unternommen. Wenn es irgendeine Verbindung zu ihm gäbe, dann hätten sie zumindest geantwortet. Und als Petrenko gerufen hat, war es genau das Gleiche.«
»Haben Sie mit einem von denen gesprochen?«
»Nur kurz. Er hat mir nichts Nützliches verraten. Er hat Russisch gesprochen, obwohl ich nicht glaube, dass es Russen waren. Der Einzige, den ich bei Tageslicht gesehen habe, hatte dunkle Haut und schwarze Haare. Ich dachte, er kommt aus dem Nahen Osten, weil ich davon ausgegangen bin, dass er für Yamout arbeitet. Er könnte aber genauso gut aus Südamerika oder dem Mittelmeerraum stammen. Oder einer seiner Vorfahren.«
»Das ist ein ziemlich weites Feld.«
»Habe ich etwas anderes behauptet?«
»Und sie hatten vermutlich keine Ausweise dabei, oder?«
»Weißrussische Führerscheine, keine Reisepässe.«
»Echt?«
»Sehr gute Fälschungen.«
»Also können sie auf Unterstützung zurückgreifen.«
»Plus Ausbildung, Erfahrung, Geld und präzise Geheimdienstinformationen, es sei denn, Yamout und Petrenko haben ihr Treffen groß im Waffenschieber-Wochenblatt angekündigt.«
»Sie wollen also behaupten, dass irgendein Geheimdienst Yamout oder Petrenko unter Beobachtung hatte und wir mitten in deren Operation geplatzt sind?«
»Das ist die wahrscheinlichste Erklärung«, pflichtete Victor ihm bei. »Oder aber es handelt sich um private Söldner im Auftrag einer Organisation oder einer Einzelperson.«
»Sie haben gesagt, dass sie in Petrenkos Suite Kameras installiert hatten, richtig?«
»Ja.«
»Wäre es dann nicht die logischste Erklärung, dass diese Leute Petrenko im Visier gehabt haben? Sonst hätten sie Yamout doch bei sich zu Hause ausspioniert, oder täusche ich mich? Vielleicht die weißrussische Polizei oder der Inlandsgeheimdienst, die Petrenko bei einem seiner Verbrechen auf frischer Tat ertappen wollten.«
»Sie haben nicht einmal versucht, mich festzunehmen«, entgegnete Victor, »aber wenn das Mitarbeiter einer weißrussischen Behörde gewesen wären, hätten sie das getan. Ich vermute, sie wollten in erster Linie wissen, was Yamout und Petrenko miteinander zu besprechen hatten. Die Personen an sich waren ihnen eher gleichgültig.«
»So oder so, jedenfalls sind wir aufgeflogen. Wie viel wissen die von Ihnen?«
Auf diese Frage hatte Victor gewartet. Er wusste, dass sein Auftraggeber sehr genau zuhören würde, wie seine Antwort ausfiel.
»Fast nichts«, sagte Victor. »Ich bin ein vorsichtiger Mensch, und die vier Mitglieder des Überwachungsteams sind alle tot. Ich habe ein ganzes Neun-Millimeter-Magazin in die Festplatte ihres Computers gejagt. Die Aufnahmen sind garantiert nicht mehr zu retten.«
»Gut«, erwiderte sein Einsatz-Koordinator mit einem Seufzer der Erleichterung. »Aber was war dann am Tag darauf los? Ich habe erfahren, dass es auf irgendeinem Bahnhof eine ganze Reihe von Toten gegeben hat. Das waren aber nicht Sie, oder?«
»Ich bin mit dem Auto entkommen«, erwiderte Victor. »Alles, was am Tag danach passiert ist, dürfte auf Petrenkos Kappe gehen. Vermutlich wollte er sich an irgendwelchen Feinden rächen, die er für den Anschlag im Verdacht hatte.«
»Vermutlich.«
Der Tonfall ließ offen, ob Victors Gesprächspartner ihm tatsächlich glaubte, aber er konnte ja nicht beweisen, dass Victor für die Ereignisse am Hauptbahnhof von Minsk verantwortlich war. Falls es überhaupt
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