Zero Option: Thriller
überschüssige markierte Hexogen haben wir damals aufgekauft.«
Burliuk war seit Kindertagen mit Kasakov befreundet. Er war nicht ganz so groß wie Kasakov und besaß das lässige Selbstbewusstsein eines Mannes, der wusste, dass er gut aussah und mit jedem Jahr attraktiver wurde. Er war makellos gekleidet, seine Frisur saß perfekt, und jedes Barthaar war exakt gestutzt.
Er war seit den Anfangstagen an Kasakovs Seite, länger, als Kasakov zurückdenken konnte. Er war ein guter Mann und harter Arbeiter und hatte zunächst als Buchhalter und Zahlenjongleur begonnen. Der Umgang mit Geld war alles andere als Kasakovs Stärke, aber Burliuk beherrschte ihn meisterhaft. Mittlerweile verwaltete Burliuk nicht nur die Finanzen, sondern regelte auch den Großteil des Tagesgeschäfts, sodass Kasakov nur noch die wirklich wichtigen Entscheidungen zu treffen hatte.
»Das Hexogen wurde dann nach Istanbul geschickt, wo wir es über einen Mittelsmann verkaufen wollten, damit der Vorgang nicht bis zu uns zurückverfolgt werden kann«, fuhr Burliuk fort.
»Aber in Istanbul wurde es von Unbekannten gestohlen«, fügte Eltsina hinzu.
Burliuk kam zum entscheidenden Punkt. »Und das war, wie du weißt, die Aktion, bei der dein Neffe Illarion erschossen worden ist.«
Gleich bei der ersten Erwähnung der Stadt Istanbul hatte Kasakov aufgehört, in der Akte zu blättern. Der Schmerz, der ihn überkam, war schlimmer als jeder Faustschlag. Er fühlte sich schwach, und ihm war schwindelig. Er sah Illarions lebloses Gesicht vor sich, hatte die Löcher, die die Kugeln in seine leichenblasse Haut geschlagen hatten, plastisch vor Augen.
»Wie sicher sind diese Informationen?«, stieß Kasakov mühsam hervor.
Eltsina ergriff das Wort. »Die Sprengstoffanalyse des BKA ist über jeden Zweifel erhaben. Farkas wurde Ende letzter Woche in Berlin umgebracht, mit dem markierten Hexogen, das in Istanbul gestohlen wurde, damals, als Illarion ermordet worden ist. Bis jetzt hat die Polizei keine Verdächtigen für das Bombenattentat genannt. Meine Kontaktleute haben mir gesagt, dass es innerhalb der ungarischen Mafia allgemein bekannt war, dass Farkas in Deutschland neue Waffen kaufen wollte. Er wollte ein eigenes Vertriebsnetz aufbauen und Ariff umgehen. Farkas’ Mafia-Kollegen sind davon überzeugt, dass Ariff das Attentat veranlasst hat, und wollen sich an ihm rächen. Aber sie wissen nicht, wo er sich aufhält, sonst hätten sie schon längst zugeschlagen.«
Kasakov nickte. Er war zufrieden mit den Indizien, die sie ihm präsentiert hatte. »Wenn also Ariff Farkas mit meinem Hexogen umgebracht hat, dann steckt er auch hinter dem Diebstahl. Und dann war er es auch, der Illarion ermordet hat.«
»Wir dürfen jetzt nichts Unbedachtes tun«, sagte Burliuk hastig. »Ariffs Organisation ist genauso stark wie unsere. Sein Einfluss ist womöglich sogar noch größer als unserer. Solange die Nordkoreaner jeden unserer Schritte beobachten, können wir uns keinen Krieg mit ihm erlauben. Beim geringsten Anzeichen für irgendwelche Konflikte brechen sie die Kaufverhandlungen ab. Aber wir brauchen dieses Geschäft dringend. Die sind ja sowieso schon sauer, weil du aus Bukarest abgereist bist, ohne dich mit ihrem Verhandlungsführer zu treffen. Vladimir, bitte, hör mir zu. Du musst …«
Aber Kasakov hörte nicht zu. Er gab ihm die Akte zurück. »Sucht Ariff und tötet ihn«, sagte er ungerührt. »Das hat allererste Priorität. Alles andere ist mir egal. Besorgt euch die besten Leute. Koste es, was es wolle. Zuerst foltert ihr seine Angehörigen, dann bringt ihr sie um. Und sorgt dafür, dass er dabei zusieht.«
Kapitel 20
Minsk, Weißrussland
Von Victors Standort sah es so aus, als ob das Hotel Europe seine fünf Sterne zu Recht trug. Das siebenstöckige, Anfang des 20. Jahrhunderts erbaute Jugendstilgebäude befand sich an der Nordwestecke eines Häuserblocks, direkt an der Kreuzung von Vulica Lenina und Vulica Internacyjanainaja. Strahlend weiße, hoch aufragende Steinmauern und darüber ein grau gedecktes Dach. Üppig belaubte Bäume säumten den Bürgersteig. Der junge Türsteher vor dem Haupteingang stand in militärischer Haltung kerzengerade da und trug ein freundliches Lächeln im Gesicht. Victor ging zunächst in nordöstlicher Richtung die Internacyjanainaja entlang, umrundete den ganzen Block und schwenkte dann auf der Lenina nach Nordwesten. Er holte sich unterwegs einen Becher Kaffee und wartete eine halbe Stunde, bevor er die Lenina in
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