Zero Option: Thriller
und eine Frau – zu, die erwartungsvoll in der Nähe standen. Sie waren beide Mitte vierzig, der Mann ebenfalls Ukrainer, die Frau eine Russin. Sie waren Kasakovs engste Vertraute. Eigentlich hatten alle beide gerade etwas anderes zu tun, daher war anzunehmen, dass irgendetwas Wichtiges vorgefallen war, und ihre langen Gesichter signalisierten ihm, dass sie nichts Gutes zu berichten hatten.
Vermutlich ging es um den Attentatsversuch von neulich in Bukarest. Seine Leute hatten sich sehr ins Zeug gelegt, um festzustellen, was dort eigentlich passiert war und wer dahintersteckte. Aber bis jetzt hatte sich kein Lebensretter bei ihm gemeldet, daher ging der Waffenschieber davon aus, dass er lediglich zufällig von dem Mordanschlag dieses Vormittags profitiert hatte. Aber trotzdem hätte er gerne mehr darüber gewusst.
Die Tatsache, dass er um ein Haar getötet worden wäre, hatte Kasakov dazu veranlasst, seine Reisegewohnheiten und Sicherheitsmaßnahmen zu überdenken, wenngleich er sich keine allzu großen Sorgen machte. Die Liste seiner Feinde war lang, und er war schon mehr als einmal Ziel eines Attentats gewesen. Das letzte Mal war allerdings schon zehn Jahre her. Damals hatte eine französische Spezialeinheit ihm das halbe linke Ohr abgeschossen. Kasakov hätte gerne ein ruhigeres Leben geführt, doch sein Vermögen, das sich auf etliche Milliarden Dollar belief, machte es ihm leicht, die Risiken seiner Branche zu ertragen.
Julia Eltsina ergriff als Erste das Wort. Sie war früher beim russischen Geheimdienst gewesen und arbeitete jetzt seit fast acht Jahren für Kasakov. Sie war knapp dreißig Zentimeter kleiner als er, schlank, und in ihrer einst offensichtlichen Schönheit wurden die ersten altersbedingten Risse sichtbar. Eltsina umgab sich nach wie vor mit einer raubvogelhaften Aura, die großes Wissen und gleichzeitig eine beiläufige Brutalität ausstrahlte. Mit ebendieser Ausstrahlung war sie einst durch die Ränge des KGB und später des SVB bis ganz nach oben gelangt. Kasakov empfand keine Sympathie für Eltsina und fand ihre humorlose Art oftmals ermüdend. Aber bei der Entwicklung immer neuer Strategien für Fortbestand und Ausbreitung des blühenden Waffenschmuggels vor den Augen der internationalen Gemeinschaft war sie ein Genie. Durch ihre zahlreichen Kontakte in die Geheimdienstorganisationen Russlands und seiner Nachbarstaaten war es ihr möglich, Kasakov mit vielfältigen Informationen über seine Geschäftspartner, Rivalen, Lieferanten und Kunden zu versorgen, die ansonsten für ihn unerreichbar gewesen wären.
»Es ist etwas passiert, was du wissen solltest.«
»Einzelheiten«, gab Kasakov zurück.
Sie überreichte ihm ein Dossier. »In dieser Akte befindet sich ein Polizeibericht über eine Bombenexplosion, die letzte Woche in Deutschland stattgefunden hat. Dabei ist ein ungarischer Staatsbürger ums Leben gekommen, ein gewisser Adorján Farkas, hochrangiges Mitglied einer der führenden Mafia-Familien in Ungarn. Farkas hat seit zwei Jahren billige Sturmgewehre an Baraa Ariff geliefert. Meine Kontaktleute haben mir erzählt, dass Ariff den Mord an Farkas angeordnet hat, weil Farkas Ariff übergehen und sich direkt an dessen Kunden wenden wollte.«
Kasakov interessierte sich nicht für Ariffs Geschäftspraktiken, darum wartete er geduldig ab, welchen Grund Eltsina sah, ihn mit diesen Informationen zu füttern. Ariffs Geschäftsfelder überschnitten sich nicht mit Kasakovs. Kasakov hatte zwar gelegentlich versucht, in das Geschäft mit leichten Waffen einzusteigen, war jedoch jedes Mal gescheitert. Ariffs Netzwerk hatte bereits bestanden, bevor Kasakov überhaupt ins Waffengeschäft eingestiegen war, und es war zu groß gewesen, um dagegen anzukommen.
Kasakovs zweiter Berater, Tomasz Burliuk, sagte: »Außerdem enthält das Dossier die chemische Analyse des Sprengstoffs, mit dem Farkas getötet worden ist. Diese Analyse des Bundeskriminalamtes zeigt – und das ist auch der Grund, weshalb wir darauf aufmerksam geworden sind –, dass Farkas mit Hexogen ermordet worden ist, und zwar aus einer Charge, die ausschließlich für die russische Armee bestimmt war. Dem Hexogen wurde zu Markierungszwecken eine ganz bestimmte chemische Verbindung beigemischt. Vor ein paar Jahren gab es mal eine Vereinbarung zwischen einigen Staaten, Sprengstoffe zu markieren, um den internationalen Terrorismus zu bekämpfen. Man hat ein paar Chargen produziert und die Idee dann wieder fallen gelassen. Das
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