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Zero Unit

Zero Unit

Titel: Zero Unit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Dorothea; Bruhns Kallfass
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eine langfristige Bindung mit einem Mann wie Gregg vorstellen, der ohne mit der Wimper zu zucken jemanden umbringen konnte? Wie wäre das mit ihren Wertvorstellungen als Ärztin zu vereinbaren? Und wie sollte sie ihn jemals ansehen können, ohne gleichzeitig an die dunkelsten Momente in ihrem Leben erinnert zu werden?
    Würde sie ihn dann immer noch lieben? Oder hatte er recht und würde sie sein Beruf, sobald die Gefahr vorüber war, tatsächlich nur noch schmerzhaft an all das erinnern und eine Beziehung unmöglich machen … ?
    Es gab nur einen Weg, das herauszufinden.
    »Okay«, sagte Gina und atmete einmal tief durch. »Immer wenn du im Lande bist. Das ist für mich in Ordnung.«
    Jedenfalls vorerst.
    Gregg blickte sie forschend an und der Griff um ihr Kinn verstärkte sich einen Moment lang.
    »Gut«, sagte er dann, ließ die Hand sinken und trat einen Schritt zurück. »Ich muss jetzt gehen. Schließ die Tür hinter mir ab und mach niemandem auf.«
    Gina schluckte. Versuchte, sich nicht von der aufsteigenden Angst überwältigen zu lassen. Sie würde das schaffen. Schließlich war es nicht das erste Mal, dass sie alleine zurückblieb. Und Gregg wäre bald zurück. Ganz sicher. Das hatte er versprochen.
    »Und was ist mit Zimmerservice?«, fragte sie ihn.
    Nach kurzem Zögern ging er leicht in die Knie und zog eine kleine Beretta aus dem Knöchelholster. »Nimm die hier. Zieh einen Bademantel an und versteck sie in der Tasche. Ziel auf den Kellner, und wenn er sich auch nur ansatzweise merkwürdig benimmt, dann schießt du, ohne zu zögern.«
    Ihre Lippen bebten vor Angst. »Ich bin auf einmal gar nicht mehr hungrig.«
    »Du musst etwas essen, Gina. Es ist alles gut. Niemand weiß, dass wir in Washington sind. Sei einfach wachsam und behalte die Waffe die ganze Zeit über in der Hand.«
    Das Beben ergriff ihren ganzen Körper. Verängstigt streckte sie die Hand nach ihm aus. »Bitte geh nicht.«
    Er nahm sie zur Beruhigung in den Arm. »Ich muss. Aber schwör mir, dass du das Zimmer nicht verlassen wirst.«
    »Das werde ich nicht«, versprach sie und atmete ein paarmal tief durch, um ihre Panik in den Griff zu bekommen.
    Er gab ihr einen Kuss. »Ich bin zurück, so schnell ich kann.« Dann ließ er sie los und ging hinaus. »Abschließen«, hörte sie seine Stimme von der anderen Seite der Tür.
    Also riss sie sich aus ihrer Schockstarre und schob den Riegel vor, legte die Handflächen an das kühle Holz und versuchte auf seine Schritte zu lauschen. Aber es war nichts zu hören. Als sie durch den Spion schaute, war er bereits fort.
    »O Herr«, flüsterte sie, drehte sich um und lehnte sich stützend gegen die Tür. »Bitte lass mich stark sein.«
    Sie stand eine Minute lang so da, ehe sie sich aufraffen konnte, den flauschigen Hotelbademantel aus dem Schrank zu holen. Nachdem sie ihn übergezogen hatte, ließ sie die Beretta in die Tasche gleiten, wie Gregg es ihr gesagt hatte. Ihr knurrender Magen erinnerte Gina daran, dass sie seit heute Morgen nichts mehr gegessen hatte.
    Also bestellte sie sich etwas beim Zimmerservice und während der Page, auf dessen Namensschild »Raj« stand, alles auf einem kleinen Tisch anrichtete, hielt sie die Pistole fest im Anschlag. Er plauderte in Bollywood-Akzent mit Gina, ohne etwas von ihrer Anspannung mitzubekommen. Als er fertig war, hob er mit einer schwungvollen Bewegung eine Champagnerflasche in die Höhe.
    »Mit besten Grüßen von der Hotelleitung«, sagte Raj und verbeugte sich.
    Wenn Gina nicht schon zuvor hier übernachtet hätte, wäre sie misstrauisch geworden, so aber wusste sie, dass dieses Willkommensgeschenk zum Service des Hotels dazugehörte. Jedenfalls bei den Zimmern der gehobenen Preisklasse. »Vielen Dank«, sagte sie und brachte es sogar fertig, Raj ein Trinkgeld zu geben, ohne einem von ihnen ins Knie zu schießen.
    Sobald er verschwunden war, legte sie die Waffe neben sich auf die Kommode und erschauerte. Zwar hatte sie früher ein Messer bei sich getragen, aber das war etwas anderes gewesen. Nicht so … unpersönlich. Bei einem Messer ging es um einen anderen Menschen, bei einer Pistole hingegen rein ums Töten. Und mochte auch einiges in letzter Zeit dagegen gesprochen haben, so wusste Gina doch, dass dieser Rachedurst nicht ihrem wahren Wesen entsprach. Ehe sie entführt worden war, hätte sie nicht in einer Million Jahren daran gedacht, ein Leben zu nehmen. Sie war Ärztin. Sie rettete Leben. Der Wunsch, ihren Angreifer zu töten, lastete immer

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