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ZeroZeroZero: Wie Kokain die Welt beherrscht

ZeroZeroZero: Wie Kokain die Welt beherrscht

Titel: ZeroZeroZero: Wie Kokain die Welt beherrscht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roberto Saviano
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ihm auch, seine ehrlichen Landsleute reinzulegen, die in Italien tätig sind. Viele russische Unternehmer werden von ihm erpresst, bis die italienische Polizei seinen Aktivitäten auf die Schliche kommt. In Bologna kriegt sie ihn zu fassen und beschuldigt ihn der Mitgliedschaft in einer mafiaartigen kriminellen Vereinigung.
    Doch zurück zu dem Geschäft mit dem U-Boot. Tarzans Anwalt behauptet, sein Mandant sei lediglich ein Angeber, der die Taten, deren er sich rühmt, in Wirklichkeit gar nicht vollbringen könne. Für die Ermittler dagegen war der Fall ein weiterer Beweis für das inzwischen enge Bündnis zwischen der organisierten Kriminalität der ehemaligen Sowjetunion und den kolumbianischen Narcos. Die Kolumbianer versorgten die Russen mit Kokain, das diese nach Europa liefern und dort unter die Leute bringen sollten, während die Russen im Gegenzug die Kolumbianer mit Waffen versorgten und ihre Narcodol-lars wuschen, vor allem im Dreieck zwischen Miami, New York und Puerto Rico. Tarzan trug entscheidend dazu bei, ein Bündnis zwischen der Mafija und den kolumbianischen Kartellen zu schmieden. Das Geschäft mit dem U-Boot kam zwar nie zustande, aber andere Geschäfte gingen in jenen Jahren über die Bühne: jener Doppelzentner Kokain zum Beispiel, der zwischen Kisten gefriergetrockneter Garnelen aus Ecuador nach Sankt Petersburg verschifft wurde, oder die M18-Hubschrauber der sowjetischen Armee, die Juan Almeida unbedingt haben wollte.
    Tarzan half ihm, sie für die bescheidene Summe von einer Million Dollar pro Stück zu erwerben. »Damit fliegen Escobars Männer«, erzählte Tarzan herum, »wir mussten sogar die Sitze rausnehmen und Wege finden, um so viel Drogen wie möglich dort unterzubringen.«
    Seine kriminellen Geschäfte in Florida beschränkten sich allerdings nicht auf das Porky’s. Er besaß enorme Cannabisfelder in den Everglades mit einer Landebahn, auf der ganze Ladungen jamaikanisches Marihuana eintrafen.
    Tarzan wurde dreißig verschiedener Vergehen angeklagt, darunter Bildung einer kriminellen Vereinigung, Waffenhandel und Internetbetrug. Um sein Leben nicht im Knast zu beenden, entschied er sich für die Zusammenarbeit mit der amerikanischen Justiz. Im Tausch für seine Aussage gegen Almeida und Informationen über ein paar Mafijagrößen wurden alle Anklagepunkte gegen ihn fallengelassen, außer der Erpressung. Schließlich wurde er zu nur dreiunddreißig Monaten Haft verurteilt, an deren Ende er nach Israel ausgeliefert wurde. Er besaß nur ein paar hundert Dollar, ein schwacher Abglanz der Reichtümer, die er in beinahe zwanzig Jahren in Amerika angehäuft hatte.
    In einem Interview mit History Channel für einen Dokumentarfilm über die Mafija sagte er nach seiner Haftentlassung: »Wir wollen Geschäfte machen, wir sind auf das große Geld aus: Es liegt uns im Blut, Geld zu machen, und manchmal kümmern wir uns nicht groß darum, wie wir es machen.«
    Tarzans Geschichte ist die Spitze des Eisbergs, der das wachsende Interesse der Mafija am Drogenhandel verrät. Vor der Wende spielte die Sowjetunion in der Vertriebs- und Konsumkette von Drogen nur eine marginale Rolle. Doch in den
    Jahren des postkommunistischen Übergangs stieg die Nachfrage nach Drogen in Russland erstaunlich schnell, vor allem unter jungen Leuten. Der Konsum von Heroin, das relativ erschwinglich war, blieb in Westeuropa stets ein soziales Randphänomen. In Russland dagegen wurde es von jungen Leuten aus allen Schichten genommen, nicht nur von den sozial Benachteiligten. Heroin überflutete den Markt und sprengte seine bisherigen Grenzen. Auch das Spektrum des Angebots wurde breiter. Um sich zuzudröhnen und ihre Probleme zu vergessen, konnten die russischen Konsumenten jetzt auf alle möglichen Drogen zugreifen, wie amerikanische oder europäische Jugendliche auch.
    In der Sowjetzeit waren die meisten in Russland verfügbaren Drogen Derivate von Cannabis und Opium aus lokaler Produktion, die von der Arzneimittelherstellung auf den illegalen Rauschmittelmarkt umgeleitet wurden. In manchen Gegenden des Landes gab es, um sich zu betäuben, gar keine andere Möglichkeit, als toxische Substanzen wie Klebstoff, Aceton oder Benzin zu schnüffeln. Oder man benutzte starke Betäubungsmittel mit halluzinogener Wirkung. Mit dem Sturz des Regimes breiteten sich importierte Drogen aus, und die Preise sanken. Schließlich kamen auch Ecstasy und Kokain hinzu, die Drogen des Westens. Letztere blieb zumindest anfangs denen

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