ZeroZeroZero: Wie Kokain die Welt beherrscht
russisch-ukrainischen Gaskriegs sitzt Don Semjon die meiste Zeit im Gefängnis. Aber was hat er damit zu tun? Julia Timoschenko erklärte schon 2006 gegenüber der BBC: »Wir haben keinen Zweifel, dass hinter der gesamten Operation RosUkrEnergo ein Mann namens Mogilewitsch steckt.« Unter den vielen vorwurfsvollen Stimmen, die seit Jahren ins Leere fallen, ist ihre noch am ehesten zu vernehmen. Doch dann taucht ein Dokument auf, das auch die westliche Öffentlichkeit aufhorchen lässt. Es handelt sich um eine von WikiLeaks veröffentlichte geheime Datei, einen am 10. Dezember 2008 vom amerikanischen Botschafter William Taylor übermittelten Text. Er berichtet von einer
Besprechung mit Dmitri Firtasch, dem ukrainischen Oligarchen von RosUkrEnergo. Firtasch habe ihm mitgeteilt, Timoschenko wolle seine Firma aus persönlichen Interessen und aus Gründen der innenpolitischen Auseinandersetzung ausschalten und sei hierfür auch bereit, Putin Zugeständnisse zu machen und damit dessen Einfluss auf Europa zu stärken. Doch dann, so als wolle er seiner Gegenspielerin jede Möglichkeit nehmen, ihn in Misskredit zu bringen, fügt der Gasmagnat noch etwas hinzu: »Er räumte seine Beziehungen zu dem Vertreter der russischen organisierten Kriminalität Semjon Mo-gilewitsch ein und erklärte, er habe dessen Hilfe benötigt, um in das Geschäft einzusteigen. Er erklärte kategorisch, beim Aufbau seines Wirtschaftsimperiums keine einzige Straftat begangen zu haben, und behauptete, externe Beobachter könnten sich immer noch keinen Begriff davon machen, welche Anarchie in der Ukraine nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion geherrscht habe.« Eine weitere Depesche aus der Zeit vor diesem Treffen thematisiert die Verbindung zwischen Firtasch und Mogilewitsch, die sich aus beider Beteiligung an denselben Offshore-Gesellschaften sowie aus der Beauftragung desselben Rechtsanwalts ergibt. Diese Verbindung war bereits bei einer zuvor zwischengeschalteten Gasfirma festgestellt worden, der Eural Trans Gas. Doch der Anwalt zeigt den Guardian an, als die Zeitung die von Julian Assange verbreiteten Dokumente veröffentlicht, zusammen mit einem Artikel unter der Überschrift »WikiLeaks bringt den Boss der russischen Mafia mit den Gaslieferungen an die EU in Verbindung«. In der Berichtigung, die der Guardian am 9. Dezember 2010 veröffentlichen muss, »um alle Missverständnisse oder Übersetzungsfehler während der Besprechung mit dem Botschafter auszuräumen«,
dementiert Firtasch jede Beziehung zu Mogilewitsch, die über eine einfache Bekanntschaft hinausgeht.
Das Gasgeschäft tangiert die vitalen Interessen eines ganzen Kontinents. Die Gewinne von RosUkrEnergo allein aus den Jahren 2005/2006 betragen fast 1,6 Milliarden Dollar, wovon knapp die Hälfte in den Taschen Firtaschs und derjenigen landen, die an seinem Gewinn teilhaben. Was hat Erdgas mit Kokain zu tun? Auf den ersten Blick gar nichts. In einem wesentlichen Punkt aber schon: der Abhängigkeit. Kokain schafft Abhängigkeit; das Gas, mit dem wir unsere Wohnungen heizen, muss eine solche Abhängigkeit nicht erst aufbauen, sie existiert von vornherein. Wer richtig viel Geld gemacht hat, Geld, das man wiegen, zählen und beschnuppern kann, setzt immer auf ein Geschäft, das mit unverzichtbaren Bedürfnissen zu tun hat. The Brainy Don, der Mann der Betrügereien und der chinesischen Schachteln, weiß das ganz genau.
Peter Kowenhoven, leitender Sonderermittler des FBI, wurde ausgesucht, um im Fernsehen auf die Frage zu antworten, warum man Mogilewitsch zu den zehn gefährlichsten Kriminellen zählt, obwohl er weder ein Mörder noch ein psychopathischer Serienkiller ist.
»Seine Macht ist so groß«, erklärt er lapidar, »dass er mit einem einzigen Anruf, einem einzigen Befehl die Weltwirtschaft beeinflussen kann.«
13 Eldorado Deutschland
Friedrich K. (Name geändert) und Ronald M. könnten unterschiedlicher nicht sein. Der eine hat ein paar Geldbußen wegen Falschparken kassiert, der andere sitzt bereits als Achtzehnjähriger wegen schweren Raubs im Gefängnis. Der eine führt ein Bauunternehmen und ist der alleinerziehende Vater einer Tochter, der andere hat es zum Zuhälter gebracht. Der eine ist geachtet und gesellschaftlich etabliert, der andere ist süchtig nach Adrenalin, egal in welcher Form. Zwei Antipoden. Doch Kokain besitzt die Macht, Gegensätze zu überbrücken. Es braucht nur einen Ausgangspunkt - die Insel Cur-aijao zum Beispiel - und ein Ziel - Deutschland zum
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