ZeroZeroZero: Wie Kokain die Welt beherrscht
Brighton Beach zu unsicher wird und viele seiner Freunde umgebracht werden, beschließt Tarzan zu gehen. 1990 ist er in Miami, der Stadt mit der zweitgrößten Zahl russischer Mafiosi in Amerika. Hier bilden seit den siebziger Jahren die russischen Taxifahrer Verbrecherringe für Erpressung, Drogen, Glücksspiel, Prostitution, Juwelenschmuggel und Bankbetrug. In Florida zieht Tarzan mehrere Geschäfte auf, darunter auch das Porky’s, einen Stripclub mit dem Motto »Get lost in the land of love«. In
Wirklichkeit ist es mit der Liebe in dem Lokal nicht weit her. Das FBI observiert ihn vom Dach eines Hauses auf der gegenüberliegenden Straßenseite, und auf mehreren Videos verprügelt er außerhalb des Lokals einige Tänzerinnen. Eine wirft er sogar auf die Straße und lässt sie den Kies essen.
Die Tänzerinnen haben kein festes Einkommen, sie leben von Trinkgeldern und den Provisionen auf Drinks, die nach und nach gekürzt werden. Tarzan rühmt sich, er müsse nur mit dem Finger auf irgendein Mädchen aus einem Sexmagazin zeigen, damit sein Agent sie anruft und in den Club bringt, damit er sie »bis zur Erschöpfung durchfickt«.
Zwischen einem Wodka und einem Striptease finden im Porky’s Besprechungen der Russen mit kolumbianischen Nar-cos oder ihren Emissären statt. Zu Tarzans vielen Freunden zählen nämlich auch Leute wie Fernando Birbragher, ein Kolumbianer mit besten Beziehungen zum Cali-Kartell, für das er in den frühen achtziger Jahren über 50 Millionen Dollar gewaschen hat, und mit Pablo Escobar, für den er Yachten und Sportwagen gekauft hat. Oder Juan Almeida, einer der größten kolumbianischen Kokainhändler in Florida, der die Kontakte zu den kolumbianischen Kartellen über die Vermietung von Luxusautos in Miami und weitere Scheinfirmen hält. Almeida und Tarzan genießen gemeinsam das Leben an Bord ihrer Yachten, und manchmal entscheiden sie spontan, zum Mittagessen einen schönen Teller mariscos in Cancun in Mexiko zu essen, der Hubschrauber macht’s möglich.
Frauen, Erfolg und Geld. Tarzan hat alles, aber das Meer ruft, das seit seiner Kindheit in Odessa für ihn unendliche Weite und unbegrenzte Möglichkeiten verkörpert. Es nagt immer noch an ihm, dass er nicht in die Marine aufgenommen wurde, und wenn das Meer ihn nicht will, dann wird eben er
das Meer erobern. Der Plan ist einfach: Er will den kolumbianischen Narcos ein sowjetisches U-Boot der Tango-Klasse besorgen. Tarzan bewundert diese alten U-Boote. Er hat aus der Ferne ihre Herstellung verfolgt und weiß, dass die eingeführten Verbesserungen wirklich verblüffend sind: mehr Feuerkraft, die Fähigkeit, auf dem offenen Meer zu agieren. Gewiss, bald waren auch diese einst supermodernen U-Boote überholt. Aber Tarzan ist in sie verliebt, und das Herz lässt sich nicht befehlen. Das Problem ist, dass Tarzan ein eitler Aufschneider ist. Eines Tages stellt ihm sein Freund Grischa Roizis im Babuschka, einem weiteren seiner Restaurants in Miami, Alexander Jase-witsch vor, einen Waffenhändler und Heroindealer, der in Wirklichkeit ein Undercoveragent der DEA ist. Tarzan weiß nicht, dass auch sein Freund mit der DEA zusammenarbeitet. Nach ein paar Gängen und einigen Wodkas hat er bereits von seinen Beziehungen zu den Kolumbianern erzählt und von den Geschäften, die er für die Narcos erledigt, einschließlich des U-Boots.
Einige Zeit später wird Roizis, »der Kannibale«, Anlaufstelle für mittellose junge italienische Paare. In der Nähe von Neapel, wohin er umgezogen ist, eröffnet er ein Möbelgeschäft mit supergünstigen Preisen für komplette Einbauküchen und Schrankwände, die sich jeder leisten kann. Die Leute stehen Schlange: Verlobte, die den großen Schritt wagen wollen und mit ihrem Kauf dazu beitragen, das schmutzige Geld des Kannibalen zu waschen, der auf der einen Seite mit der italienischen Mafia Vereinbarungen trifft und auf der anderen weiter mit der DEA zusammenarbeitet. Der Geruch von Holzspänen hat dem Kannibalen schon immer gefallen, und er richtet sein Büro wenige Meter neben dem Wareneingang ein, wo die Russen, die er mitgebracht hat, Tag und Nacht Möbel und
Haushaltsgeräte abladen. Er hat sich sogar einen Schreibtisch aus ein paar Sperrholzplatten bauen lassen. Wer mit ihm zu tun hat, ist von seinem Tick beeindruckt: Er reibt die Handfläche genüsslich gegen das Holz und riecht dann an den Fingern. Seinen Gefolgsleuten erklärt er, das berauschende Aroma erinnere ihn an seine Kindheit. Spaß macht es
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