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ZeroZeroZero: Wie Kokain die Welt beherrscht

ZeroZeroZero: Wie Kokain die Welt beherrscht

Titel: ZeroZeroZero: Wie Kokain die Welt beherrscht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roberto Saviano
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Kokains muss man von ihrem Ende her schreiben. Der Zielort gibt die Route und die Modalitäten vor. Es ist ein großer Unterschied, ob die Ware vom Mutterschiff auf kleinere und wendigere Boote umgeladen wird, die überall anlegen können, oder ob die geheime Fracht nach der Zollkontrolle in einem Hafen gelöscht werden soll. In dem Fall muss die Ware optimal in einer anderen Ware versteckt werden, ansonsten kann man auch eine weniger ausgeklügelte Tarnladung wählen oder sogar ganz darauf verzichten. Mutterschiff: Der Drogenhandel reaktiviert die Bildhaftigkeit der Seemannssprache. Ein anderes Beispiel ist das spanische tripu-lantes, »Besatzungsmitglieder«, das sich vom Verb tripular herleitet, was »lenken« oder »steuern« bedeutet. Die tripu-lantes des Kokains haben die Aufgabe, die Reise zu einem guten Ende zu führen. Manchmal sind es bestochene Matrosen oder andere aus der Schiffsmannschaft, zuweilen auch Leute der Kartelle, die an Bord eines unverdächtigen Schiffes gehen, um auf die darin versteckte Ladung aufzupassen.
    Das Mutterschiff kann von den Drogenhändlern selbst gekauft sein, wie im Falle der Mirage II, oder gechartert, wobei man nur die Komplizenschaft der tripulantes einkauft. Es kann sich aber auch um Linienfrachter handeln wie jene der Maersk Sealand, die von Fuduli benutzt wurden. Oder um ein Kreuzfahrtschiff, wobei die Schifffahrtsgesellschaft und die Firmen, die legal exportieren - oft große multinationale Konzerne -, nicht die leiseste Ahnung von dem blinden Passagier haben,
    der sich in den an Bord gestapelten Containern befindet. In diesem Fall spricht man von »blinder Ladung«.
    Der Umschlag auf hoher See bietet mehrere Vorteile: größere Flexibilität, eine einfachere und kostengünstigere Planung und damit eine zügigere Abwicklung. Je schneller das Kokain in den Handel gelangt, desto schneller wirft die Investition Profit ab. Dies scheint die gängige Methode zu sein, um das Kokain nach Europa zu schleusen, wenn man sich die Beschlagnahmungen in Spanien oder vor der westafrikanischen Küste ansieht. Diese Ladungen sind jedoch meist nicht so gut getarnt und daher leichter aufzuspüren.
    Die mexikanischen Kartelle haben eine Variante des Umschlags entwickelt, der ihren barocken Sinn für zerstörerische Verschwendung belegt, gleichzeitig aber eine kluge und zweckdienliche Taktik darstellt. Die Wasserlandung ist eine effiziente Methode, um außerhalb eines überwachten Hafens Kokain zu verschiffen. Die Mexikaner nehmen ein Auto, stopfen es mit Kokain voll, lassen es seine letzte Reise bis oben auf eine Felsklippe antreten, öffnen die Fenster und schieben es über die Klippe ins Meer. Es kann ein Pick-up sein, ein Geländewagen oder ein bei den Narcos besonders beliebtes Modell, ein Grand Marquis oder ein Cherokee, die sich so lange über Wasser halten, wie es nötig ist, um die Ladung zu bergen, die in der Kabine geblieben ist. Die mit Zellophan versiegelten Pakete lassen sich leichter aufnehmen, wenn sie an der Oberfläche auftauchen. Die mit einem Schlauchboot oder Schnellboot kommenden Männer bringen das Kokain dann entweder direkt zum Zielort, oder sie laden es auf ein größeres Schiff um. Aber das alles muss ohne Zwischenfälle geschehen. Also benutzen die Narcos eine ihrer Techniken, um den Zugang zum Gebiet der Wasserlandung zu blockieren. Der narcobloqueo ist eine
    spektakuläre Gewaltaktion, die üblicherweise bei einer Vergeltungsmaßnahme, einem Überfall oder einer Kriegshandlung durchgeführt wird. Mehrere Kommandos besetzen verschiedene Stellen derselben Straße oder sogar des gesamten Straßennetzes, beschlagnahmen Lastzüge oder zwingen die Leute, aus einem Bus auszusteigen. Sie stellen die Fahrzeuge quer über die Straße, durchsieben die Reifen, gießen Benzin darüber und zünden sie an. Das dient einem doppelten Zweck: Sie erreichen ihr Ziel, ohne dass die Polizei oder rivalisierende Gruppen ihnen in die Quere kommen können, und sie verbreiten Terror.
    Die Ladung wieder aus dem Wasser zu fischen ist gewöhnlich der deutlich einfachere Teil der Übung. Es reicht auch eine mobile Straßensperre mit Autos, die als Geisterfahrer Unfälle provozieren oder auf andere Weise auf den Hauptstraßen in der Nähe des Umschlagsortes einen Verkehrsstau verursachen. Dieselbe Taktik wird eingesetzt, um einem Boss die Flucht zu erleichtern. In beiden Fällen hält der narcobloqueo auch noch die Polizei auf Distanz, denn die muss versuchen, zu den Straßensperren zu

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