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ZeroZeroZero: Wie Kokain die Welt beherrscht

ZeroZeroZero: Wie Kokain die Welt beherrscht

Titel: ZeroZeroZero: Wie Kokain die Welt beherrscht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roberto Saviano
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schicken ihn über die Botschaft nach Italien zurück. Fuduli zufolge wurden jedoch mit den Vertretern der Locride im Osten Kalabriens weiter Geschäfte gemacht: von 1500 Kilo bei der ersten Ladung bis zu maximal sechs Tonnen. Mehr noch: Der Mann, der für Natale Scali verhandelt und aus Deutschland nach Mexiko gekommen ist, ist nicht irgendein Emissär. Saverio S. (Name geändert) stammt aus San Luca und gehört der Familie Pelle-Vottari an, der das Blutbad von Duisburg galt. Doch bereits zur Zeit der Verhandlungen in Guadalajara hatte der Boss Antonio Pelle, genannt ’Ntoni Gambazza, die Rolle des Capo Crimine oder Superboss inne, den höchsten Rang in der Hierarchie des Baums.
    Die Staatsanwaltschaft Catanzaro wird keine hinreichenden Beweise für die Geschäfte eines »in Mexiko wohnhaften Padrino« gefunden haben, auch wenn einer der Angeklagten, die in erster Instanz verurteilt wurden, mexikanischer Staatsbürger ist. Es ist sogar möglich, dass die ’Ndrangheta angesichts der geschäftlichen Risiken in Mexiko beschlossen hat, die ersten von Saverio S. getroffenen Vereinbarungen nur zum Teil oder gar nicht umzusetzen. Doch mehr als zehn Jahre später und im Licht der Ergebnisse der Operationen Project Reckoning und Solare kommt Fudulis Schilderungen die Bedeutung eines ersten Berichts von der Landung der Kalabresen in Mexiko zu.
    Wenn ich an Bruno denke und an das, was er gesagt hat, frage ich mich, wie es ist, wenn man sein Schicksal durch einen Irrtum besiegelt. Nicht durch einen Zufall, denn ob man das menschliche Schicksal als Zufall oder Notwendigkeit definiert,
    hängt davon ab, welchen Sinn man dem Leben gibt - wenn man ihm überhaupt einen Sinn zuerkennt. Brunos Schicksal wurde durch einen Irrtum besiegelt: den Fehler, auf Natale Scalis Vorschlag einzugehen, den er durch die Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft wiedergutmachen wollte. Fast zehn Jahre lang hat Bruno Fuduli mit diesem Fehler weitergelebt. Er war kein unabhängiger Broker, und er gehörte keinem Clan an. Er stieg ins Flugzeug und flog in tropische Grenzregionen, in ein Niemandsland voller Minen, Angst und Elend. Zuletzt wird er zwei Wochen in einer Hütte in der Savanne von Bogota festgehalten, in 3500 Meter Höhe, Tag und Nacht von bis an die Zähne bewaffneten Paramilitärs bewacht. Das Problem ist diesmal die in Hamburg beschlagnahmte Partie der Vibonesen im Gegenwert von drei Millionen Dollar. Die Kolumbianer wollen ihr Geld für die gelieferte Ware. Die Kalabresen dagegen wollen nur für das bezahlen, was sie erhalten haben. Natale Scali kann nicht vermitteln, da er in Marina di Gioiosa Jonica verhaftet wurde. Auch Pasquale Marando nicht, dessen Leiche spurlos verschwunden ist. Das Doppelspiel entwickelt sich kurz vor dem Ende zu einem russischen Roulette mit mehr als einer Kugel im Lauf. Bruno verliert zehn Kilo Gewicht, er bekommt nur Wasser zu trinken und wird krank. Die Entführer bringen ihn in eine Wohnung in der Hauptstadt, jetzt fürchten sie um das Leben ihrer Geisel. Von dort aus ruft er nicht seine Kontaktpersonen in Kalabrien an, sondern findet eine Möglichkeit, die Ca-rabinieri zu informieren. Die ROS setzen sich mit der kolumbianischen Polizei in Verbindung, die am 12. Januar 2004 einen günstigen Moment nutzt, um Bruno zu befreien, ohne einen einzigen Schuss abzufeuern. Daraufhin schnappen sich die AUC Ramiro und stecken ihn in dasselbe Loch, bis die
    Vibonesen schließlich die Rechnung begleichen. Das Doppelleben des Informanten geht zu Ende.
    Auch die gerichtlichen Untersuchungen folgen der Metaphorik des Baums und verzweigen sich wie dessen Äste. Auf die Operation Decollo folgen Decollo zwei, Decollo drei und Decollo Money, die Anknüpfungspunkte zu anderen Ermittlungen ergeben. Sie alle haben einen gemeinsamen Nenner: Die Wege des Kokains treten nicht in den Hintergrund, sie tragen vielmehr oft entscheidend dazu bei, die Anklage zu untermauern. Hinzu kommt jedoch die subtilere, komplexere Sonographie der kapillaren Ströme, die den Baum der ’Ndrangheta speisen. Die Geldströme zu verfolgen - to follow the money - ist für die Ermittler nach wie vor am schwierigsten. Gründe dafür sind unzureichende Gesetze und Instrumente, die weitgestreute Komplizenschaft, die mangelnde Sensibilität und damit der fehlende öffentliche Druck: die Folge einer medialen Logik, nach der die Beschlagnahmung von Drogen den Zeitungen mindestens zehn Zeilen, die Beschlagnahmung von Immobilien und Betrieben jedoch nur eine

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