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ZeroZeroZero: Wie Kokain die Welt beherrscht

ZeroZeroZero: Wie Kokain die Welt beherrscht

Titel: ZeroZeroZero: Wie Kokain die Welt beherrscht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roberto Saviano
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Verdacht sind. Die FARC, deren Bekämpfung seit geraumer Zeit mit massiver Militärhilfe unterstützt wird, gilt noch lange als eine subversive Armee, die sich durch Raubüberfälle und Entführungen finanziert.
    Daher überrascht es nicht, dass Fudulis Erwähnung der Namen Castano und Mancuso bei den Staatsanwälten Verwirrung hervorruft. Am Ende ist unklar, ob er zusammen mit Ramiro und dessen Bruder vom obersten Kommandanten und dessen Stellvertreter »in den Dschungel« gerufen wird oder ob die
    Narcos die in Salerno beschlagnahmte Lieferung mit einem Statthalter aushandeln, der den Tarnnamen »Boyaco« trägt. Das schriftliche Vernehmungsprotokoll verstärkt gewiss den Verfremdungseffekt der Aussagen Fudulis. Er springt zwischen Erläuterungen zu den Paramilitärs im Allgemeinen und Carlos Castano hin und her, der »sich mittlerweile ... zuletzt in Selbstbezichtigungen geübt hat und jetzt eindeutig auf der Abschussliste steht«. Das Protokoll dokumentiert jedenfalls Missverständnisse, wie sie entstehen, wenn ein Gesprächspartner bei seinem Gegenüber stillschweigend Kenntnisse voraussetzt, die dieser gar nicht hat. Vielleicht hatte sich der Zeuge mehr erwartet als nur die Nachfrage: »Mancuso wer?«, die er mit einem lakonischen »der kolumbianische Mancuso« beantwortet. Ich jedenfalls hätte gern ausführlichere und detailliertere Schilderungen dieses ungewöhnlichen Zeugen gehört und wäre ihm auch dorthin gefolgt, wo die Fahnder sich keine ermittlungsrelevanten Erkenntnisse erwarteten. Fest steht, dass die Operation Decollo erstmals den Nachweis für die Existenz von Kontakten zwischen den AUC und der ’Ndrangheta erbracht hat. Doch Fudulis Aussagen haben einen ganz anderen Beiklang als die abgehörten Telefonate zwischen Santo Scipi-one und Natale Scali. Einen eigenartigen Beiklang, wie aus längst vergangenen Zeiten. Es sind nicht die Abenteuer einer Schatzsuche oder die Erforschung einer Terra incognita, von denen hier berichtet wird. Es spricht einer, den ein fremder Wille in diese Weltgegenden gebracht hat. Fudulis Schilderungen erinnerten mich oft an die Berichte der ersten Missionare, die auf den amerikanischen Kontinent geschickt wurden.
    Insbesondere auf einen Punkt kamen die Ermittler immer wieder zurück, ohne dass Fuduli in der Lage war, etwas Wesentliches aufzuklären. Ende 2000, so erzählt er, habe ihm
    Felipe ein Treffen mit einem Drogenhändler vorgeschlagen, dessen Schiffe die Lieferungen bis vor die Küste Kalabriens bringen konnten. Gewaltige Kokainlieferungen der Guerilla wie auch der Paramilitärs. Die Idee reizt auch Natale Scali. Er schickt einen seiner Männer zusammen mit Bruno und einem Cousin Francesco Ventricis, der den gleichen Namen trägt wie dieser, Konditor von Beruf ist und sich jetzt als Geisel zur Verfügung stellt. Ihr Ziel ist weder Kolumbien noch eines der Nachbarländer Venezuela, Ecuador, Brasilien und Panama. Die Kalabresen fliegen mit einem touristischen Charterflugzeug nach Cancun, von dort weiter nach Mexico City und schließlich nach Guadalajara. Vom Flughafen werden sie mit dem Auto abgeholt und in eine Finca auf dem Land gebracht, wo sie jemanden treffen sollen, den Felipe als »meinen Paten« vorstellt.
    Fuduli kennt weder den Namen noch den Spitznamen des Mannes. Er weiß nicht, ob der »Pate« Mexikaner oder Kolumbianer ist. Man hat ihm gesagt, er sei untergetaucht, aber er weiß nicht, in welchem Land er gesucht wird. Felipe ist der unzuverlässige Typ mit einem Anflug von Größenwahn, was sich später erneut bestätigt. Wenn er also seinen »Paten« als einen der »Größten Mexikos« ausgibt, ist das mit Vorsicht zu genießen. Doch Ramiro, der weitaus vertrauenswürdiger ist, bestätigt Bruno, dass er alle vierzehn Tage die Ladung und die Startpiste vorbereitet, damit Felipe 400 Kilo Kokain zu einem Privatflugplatz in Mexiko bringen kann. Diese Transporte im Tiefflug erfolgten deshalb in diesem Rhythmus, weil die kolumbianischen Familienkartelle es nicht schafften, das Flugzeug einmal wöchentlich zu bestücken.
    Hier gibt es noch einen interessanten Aspekt. Die kleinen Fische aus Vibo Valentia im Westen Kalabriens werden vom Handel ausgeschlossen. Die Narcos reden sich darauf hinaus,
    Ventrici, der Konditor, dem sie sogar den Pass abnehmen, habe die Polizei angerufen, um seine Entführung zu melden, woraufhin die Polizei bei ihnen eingedrungen sei. Deshalb wollen sie weder mit ihm noch mit den anderen aus Vibo Valentia mehr etwas zu tun haben und

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