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ZeroZeroZero: Wie Kokain die Welt beherrscht

ZeroZeroZero: Wie Kokain die Welt beherrscht

Titel: ZeroZeroZero: Wie Kokain die Welt beherrscht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roberto Saviano
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der Betrag von 118 295 Euro in bar sichergestellt wird und der wegen illegaler Finanzgeschäfte verhaftet wird - nach vielen Jahren das erste Anzeichen, dass es nicht mehr so glatt läuft. Der Staatsanwaltschaft Bologna ist Barbieris erste Verhaftung in der Emilia im Zuge der Operation Decollo noch gut in Erinnerung. Er hatte sich monatelang in Zimmer Nummer 115 des Grandhotel Baglioni der Provinzhauptstadt einquartiert. Daher die Idee, die neuen Ermittlungen Golden Jail zu nennen in Anspielung auf den Luxus, in dem der Beschuldigte, unter richterliche Aufsicht gestellt, damals residierte.
    Doch das wissen U Ragioniere und El Gordo nicht und ebenso wenig die Bologneser, die sich mit ihnen treffen oder sie bei ihren Geschäften unterstützen. Barbieri zählt auf seine
    Vertrauenswürdigkeit, die er in der Rolle des soignierten vermögenden Herrn süditalienischer Herkunft ausstrahlt, Ventrici übernimmt die Komplementärrolle des Neureichen, der im Grunde ein einfacher Malocher geblieben ist. Keiner der beiden entspricht dem Stereotyp des Mafioso. Außerdem ist es auch in der Emilia nichts Ungewöhnliches, dass die unterschiedlichsten Leute viel Geld haben. Und so kaufen, kaufen und kaufen die beiden immer weiter und entwickeln immer ehrgeizigere Expansionspläne. Ventrici kontrolliert die Future Program, eine Immobiliengesellschaft in San Lazzaro di Savena und Tochterfirma der Immobilienagentur Gabetti. Ohne über den Preis auch nur zu verhandeln, kauft Barbieri das Dreisternehotel King Rose in Granarolo mit fünfundfünfzig Zimmern, das strategisch günstig unweit der Messe Bologna liegt. Er kauft Anteile an der Bekleidungsfabrik Cherri Fashion, die Bar Montecarlo in der Via Ugo Bassi, Immobilien und Grundstücke, die bereits bebaut werden.
    Auch wenn außerhalb Kalabriens und seiner Regeln - besonders der stillschweigenden Regel, dass man sich, wie in Kolumbien, vor Neid mehr in Acht nehmen muss als vor Krebs - das Leben einfacher ist, halten sie an der Verbindung zur Heimat fest. Das ist keine Frage der Sentimentalität, sondern des Geschäfts. Der Zweckdienlichkeit, der Synergien, der Logistik. In Francesco Ventricis Besitz ist das Bauunternehmen M5, das auch in der Emilia tätig werden kann, die Union Frigo Transport Logistic und die VM Trans, die gegründet wurde, nachdem im Zuge der Operation Decollo Ventrans beschlagnahmt worden war. Alle drei Firmen sind in Kalabrien registriert. Die Transportfirma hat in Castel San Pietro, Provinz Bologna, eine Zweigstelle, die mit ihren Lkws einen bedeutenden Wirtschaftsfaktor darstellt. In Kalabrien arbeitete sie bereits
    jahrelang exklusiv für den Discounter Lidl, bevor sie am 26. Januar 2011 im Zuge der Operation Decollo drei beschlagnahmt wurde, zehn Jahre nach Beginn der Zusammenarbeit mit Ventrici. Aber bereits 2009 beginnen die Probleme. Aus Kostengründen beschließt der Discounter, auch mit anderen Transportunternehmen zusammenzuarbeiten. »Entweder wir oder die anderen«, donnert Ventrici und stoppt den Transport und die Auslieferung der Waren. Jetzt hagelt es Strafanzeigen. Verprügelte Lkw-Fahrer, verbale Drohungen bis hin zu Todesdrohungen. »Wehe, du entlädst das Fahrzeug. Dein Chef soll kommen und das machen, dann verbrennen wir ihn bei lebendigem Leib ... deine Kollegen sind schon gewarnt...«
    Die erste Firma gibt auf. Lidl versucht es mit einer Speditionsfirma aus Umbrien und bezahlt einen bewaffneten Begleitschutz für die Transporte nach Kalabrien. Doch die Gewalt nimmt kein Ende. Decollo drei zufolge treffen sich schließlich die Verantwortlichen von Lidl mit dem Besitzer der VM Trans in Massa Lombarda, Provinz Ravenna. Ventrici spielt den Big Boss und lässt den Satz fallen: »Ihr wollt Krieg, aber den Krieg in Kalabrien gewinnt nicht mal der Papst.« Und für den Fall, dass Worte nicht ausreichen, werden die Lkw-Fahrer, die den Supermarkt in Taurianova beliefern, noch am selben Tag angegriffen. Die beiden mit Pistolen bewaffneten Emissäre flüchten, als die Security-Männer anrücken. Doch Lidl Italia reicht es. Zu viele Komplikationen, zu viele Verluste. Sie erneuern den Exklusivvertrag mit Ventrici, bis auch in dieser Sache Haftbefehl erlassen wird. Der kriminelle Unternehmer habe es geschafft, »durch Androhung und Ausübung von Gewalt« Lidl zu zwingen, »seine organisatorischen Strategien zu ändern und auf wirtschaftliche Vorteile beim Transport der Waren nach Kalabrien auch durch kostengünstigere
    Konkurrenzunternehmen zu verzichten«,

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