Zerrissen - Thriller
stand darauf . Er hatte keinen Schlüssel , also versuchte er , mit der Hand von oben hineinzugreifen. Er hatte nicht erwartet, dass er etwas spüren würde, doch da war etwas drin. E r konnte es aber nicht richtig fassen. Seine Hände waren zu groß. Er versuchte es erneut und zog mit den Fingerspitzen den Brief immer weiter nach oben, doch er entglitt ihm schon wieder. Verdammte Scheiße! Er schlug mit der Faust auf diesen verdammten Po stkasten und griff wieder durch den engen Schlitz. D er Brief lag jetzt ganz unten und e r konnte ihn nicht mehr erreichen. Wer könnte einen Schlüssel haben? Die Nachbarin vielleicht? Doch die wollte er nicht fragen. Er ging zurück zum Haus , um sich ein Werkzeug zum Aufbrechen zu suchen.
*
„Wann wirst du entlassen?“
„Ich kann morgen gehen.“
„Ok, das ist gut.“
Isabella blickte verlegen drein.
„Wie soll es dann weitergehen?“, fragte ich sie.
„Was meinst du?“
„Ich kann es nicht einfach so hinnehmen , dass die Polizei nichts macht! “
„Und was willst du unternehmen?“
„Ich weiß nicht. Vielleicht hatte Raoul noch mehr Häuser ?“
„Ja, aber die Polizei arbeitet doch daran. Wir sollten es v on nun an den Profis überlassen. Du hast dich in ziemliche Gefahr gebracht.“
„Isabella, ich weiß, dass er meinen Sohn entführt hat , und die unternehmen nichts ! Ich kann jetzt nicht einfach aufhören. Ich wi ll, dass wir meinen Sohn finden! “
Isabella nickte, doch die Verzweiflung stand ihr ins Gesicht geschrieben.
*
Paul zitterte am ganzen Leib. Er hatte den Brief die ganze Fahrt über nicht aus der Hand gelegt. Er hatte Glück gehabt, dass jemand aus dem Dorf in die Stadt musste. Jetzt war es Mitternacht und er stand vor der Wohnung seiner Mutter. Er hatte schon vor Wochen herausgefunden , wo sie wohnte, doch er hatte sich bisher noch nicht getraut , sie zu besuchen. H eute hatte er einen Grund – einen sehr gut en Grund. Sie war nicht da, aber er würde die ganze Nacht über warten , bis sie zurückkam. Er hörte plötzlich ein Geräusch, das ihn aus dem Schlaf riss. Draußen war es bereits hell. Er war auf dem Treppenabsatz eingeschlafen, doch jetzt hörte er Schritte und die Stimme seiner Mut ter. Sie sprach mit jemandem. Paul wurde nervös. Er konnte ihr nicht so einfach gegenübertreten! Leise schlich er die Treppe weiter nach o ben, so dass er die beiden Frauen beobachten k onnte. Da war sie, seine Mutter! Er musste sich die Hände vor den Mund halten , um nicht loszuschre ien. Wie schön sie doch war! Er konnte nicht anders und zeigte sich. Erschrec kt drehten sich die beiden Frauen um und er sah das erste Mal seit vier Jahren in das Gesicht seiner geliebten Mutter.
*
Niklas, Justin und Ben erwarteten jeden Tag, dass jemand kommen würde, doch es tat sich nichts.
„Glaubst du, deine Eltern haben den Brief bekommen?“, fragte Ben.
„Es ist drei Tage her, seitde m sie die Post mitgenommen hat “ , a ntworte te Justin anstelle von Niklas, „s ie müssten den Brief also schon bekommen haben.“
Niklas nickte.
„Sie werden uns schon finden. Ich kenne meine Eltern. Sie finden uns“, versuchte Niklas die anderen zu beruhigen.
„Was, wen n sie den Brief entdeckt hat?“
Ben wirkte beunruhigt.
Ja, was , wenn sie den Brief gar nicht zur Post gebracht hat te ? Wenn sie ihn entdeckt hat te ? Niklas bekam plötzlich Angst. Sie war sehr seltsam in den letzten Tagen gewesen. Sie hatte sie nicht mehr nach oben geholt. Was führte sie nur im Schilde?
Als er sie das erste Mal gesehen hatte, war er erleichtert gewesen. Eine Frau – er war so froh gewese n, eine Frau z u sehen! Frauen ko nnten nicht so böse sein, dachte er damals. Doch er fand schnell heraus, dass er es nur für sie getan hatte - Raoul, der Freund seiner Mutter. Sein Bruder und er wussten, dass sie einen Freund hatte. Paul hatte sie beobachtet. Niklas wusste damals noch nicht genau, was sein Bruder mit Freund meinte. Doch in den letzten vier Jahren hatte er viel herausgefunden. Justin klärte Ben und Niklas über etliche Dinge auf und bald schon hatte Niklas eine andere Meinung von seiner Mutter. In dunklen, einsamen Nächten gab er ihr die Schuld an seinem Schicksal. Raoul hatte ihn ausgewählt und das war die Schuld seiner Mutt er, daran glaubte er seit langem. Doch dann hatt en sie etwas herausgefunden. Raoul war mit allen Müttern zusammen gewesen ! Auch Ben und Justin wurden von Raoul entführt. Die Frau, die sie festhielt , war aber die
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