Zerrissenes Herz (German Edition)
sie in seine Arme zog und ihren Redefluss mit einem Kuss unterbrach. Es war ein langer, suchender Kuss, zärtlich, aber bestimmt, der sie überwältigte und atemlos zurückließ. Seine Lippen waren weicher, als sie in Erinnerung gehabt hatte, und er schmeckte noch viel süßer als in ihren Träumen. Sie hatten sich schon vorher geküsst, aber heute war es etwas ganz anderes; ein besonderes Gefühl, das ihr Herz gefangen nahm. Sie presste die Finger an seine Arme, spürte die steinharten Muskeln, die vom unermüdlichen, harten Training geformt worden waren. Er schmeckte wie etwas Wildes, wie wilder Honig vielleicht, und in diesem Augenblick war sie so gebannt, dass es in ihren Ohren summte.
Eine Trennung sollte nicht mit einem Kuss anfangen.
Auch wenn sie im Grunde gar nicht mit ihm Schluss machen konnte. Schließlich war sie nie richtig mit ihm zusammen gewesen.
Irgendwann beendete Julian den Kuss und lehnte sich gerade weit genug zurück, um zu sagen: „Ich liebe dich auch, Daze. Das habe ich schon immer. Es tut mir leid, dass ich es nicht zuerst gesagt habe.“
Daisy war schwindelig. Es fühlte sich an, als würde sie immer noch fliegen. „Mir tut es nicht leid.“ Sie ließ ihren Kopf an seine Brust sinken. Sie war so erschöpft, als wäre sie eine Meile gerannt. Es war einer der typischen makellosen Tage am Willow Lake; das Wasser war glatt und bis in seine geheimnisvollen Tiefen komplett ruhig. Die Luft war so still, dass sie ihr und sein Herz schlagen hören konnte. Hier mit ihm zu sein gab ihr das Gefühl von Sicherheit, sie fühlte sich beschützt, als könnte ihr nichts zustoßen.
Sie küssten sich wieder – die Münder schienen in wortlosen Versprechen umeinander zu tanzen. Dass sie die Wahrheit ausgesprochen hatte, erfüllte Daisy mit einem brennenden Gefühl der Freiheit – und mit Staunen und Freude darüber, dass er ihreLiebe erwiderte. Sie wünschte sich, der Augenblick würde für immer bleiben. Doch langsam und unvermeidlich entzog er sich ihr. Nachdem Julian ihr noch einen zarten Kuss auf die Stirn gehaucht hatte, fragte er: „Wann musst du Charlie abholen?“
Charlie. Ihre geliebte Realität. „Logan ist da flexibel“, erwiderte sie. „Warum fragst du?“
„Ich bin noch nicht bereit, dich wieder zu teilen“, sagte er. „Nicht einmal mit meinem liebsten Hosenscheißer.“
Ihre Gedanken flogen zu dem Gespräch, das sie eigentlich mit Julian führen sollte. „Dann gehöre ich dir noch eine Weile ganz alleine.“
„Gut.“ Er nahm eine grüne Isoliertasche aus dem Gepäckraum des Flugzeugs. „Ich habe uns ein Picknick mitgebracht.“
„Julian!“
Er lachte. „Ich weiß. Romantischer geht es nicht.“
„Hast du im Internet unter ‚Wie organisiere ich das perfekte Date‘ nachgeschaut?“
„Was, glaubst du etwa, ich könne mir so etwas nicht selber ausdenken?“
„Das Flugzeug schon. Aber ein Picknick?“
„Okay, damit hatte ich Hilfe.“
„Hilfe?“
„Ich bin bei den Damen der Essensausgabe irgendwie der Liebling geworden. Sie mögen Jungs, die viel essen.“
„Dann müssen sie ja total in dich verknallt sein. Ich habe dich essen sehen, Julian. Die Mengen sind … unglaublich.“
Nachdem er die Tasche in ein Ruderboot gelegt hatte, das am Steg vertäut war, griff Julian nach Daisys Hand und half ihr ins Boot.
„Ich nehme an, du hast die Erlaubnis, dieses Boot zu benutzen?“
„Ma’am, ich bin Offizier der United Air Force. Stehlen ist für mich keine Alternative mehr.“
„Du hast das alles geplant.“
„Ja. Ich wollte nichts dem Zufall überlassen.“
Da war dieses Gefühl, das sie immer in seiner Gegenwart hatte. Etwas, das sie noch bei keinem anderen Menschen gefunden hatte. Es war vollständige Freude, gemischt mit Freiheit. Es gab viele Menschen in ihrem Leben, die sie liebte, aber niemanden, den sie so liebte. Ein Teil von ihr wollte es ihm erklären, es mit ihm teilen, aber nicht jetzt. Vielleicht eines Tages mal.
Das Problem mit ihr und Julian war, dass „eines Tages“ für sie schwer zu bestimmen war. Unmöglich sogar. Darüber mussten sie reden. Doch Daisy wollte diesen perfekten Tag nicht verderben.
Sie schüttelte den Gedanken ab und setzte sich mit dem Rücken in Fahrtrichtung in den Bug des Boots. Sie wusste nicht, wohin es ging. Und es war ihr auch egal. Sie stützte sich auf die Ellbogen, legte den Kopf in den Nacken und schloss die Augen, um die weiche Wärme der Sonnenstrahlen auf der Haut zu spüren.
„Ich fühle mich wie
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