Zersetzt - Thriller (German Edition)
ausgerechnet mir. Ich verabscheue Menschen, die nur Bruchstücke hören oder, noch schlimmer, durch Hören sagen Halbwahrheiten verbreiten. Sie legen sich in ihren Gedanken das Puzzle zurecht, und das unpassende Teil wird einfach ergänzt oder ausgetauscht.
»Ein Bekannter von mir ist Broker. Er hat mir bisher immer gute Tipps geben können, doch diesmal habe ich selbst das Risiko zu gering eingeschätzt und eine Menge Geld verloren. Ich musste den Porsche und noch einiges mehr verkaufen, damit ich wenigstens die Villa halten konnte. Um wieder auf einen grünen Zweig zu kommen, habe ich mich dann auf den Chefarztposten in der Orthopädie beworben. Der jetzige Chefarzt geht demnächst in Ruhestand. Als ich Pupescu auf Prothes und einen möglichen Wechsel zu einem anderen Hersteller für Medizinprodukte angesprochen habe, hat er abgelehnt. Ich solle mich aus dem Thema raushalten, meine Arbeit machen und wenn nicht, stünde ja immer noch meine Bewerbung im Raum.«
»Entschuldige, das erklärt einiges«, sagte Julia leise und senkte den Kopf.
Julia rannte mit einem großen Blumenstrauß in der Hand auf Karl zu, der auf einer Bank in dem parkähnlich angelegten Garten vor der Rehaklinik saß.
»Daddy.« Julia umarmte ihn schwungvoll und gab ihm einen Kuss auf die rosige Wange. Vor lauter Übermut riss sie dabei die Krückstöcke, die an der Parkbank lehnten, zu Boden.
»Hoppla, guten Tag, Herr Hoven«, sagte Robert und hob die Gehhilfen wieder auf.
»Mensch, Daddy, du siehst ja wieder richtig gut aus, und zugenommen hast du auch. Wie geht es dir?«
»Besser, mein Schatz. Ich komme wieder auf die Beine. Trotzdem wird einiges zurückbleiben und ich habe die Autowerkstatt in Freiburg verkauft. Na wenigstens konnte ich einen guten Preis erzielen und der Rest wird sich finden«, sagte Karl mit einem leichten Lächeln auf den Lippen.
»Die Hauptsache ist doch, dass es aufwärts geht«, erwiderte Julia und streichelte seinen Arm.
»Aber was ist mit dir passiert? Du siehst blass aus, und was ist mit deiner verbundenen Hand?«
»Ach, Daddy, das ist eine lange Geschichte.«
»Ich hab Zeit«, grinste Karl
»Dann lasst uns in die Cafeteria gehen, ich lade euch ein«, kommentierte Robert und half Karl beim Aufstehen.
***
Das Blitzlichtgewitter und die große Menschenmenge erinnerte Julia daran, dass sie körperlich noch nicht wieder in Hochform war. Zu der Pressekonferenz, die nach dem Fernsehduell der Kanzlerkandidaten zu den bevorstehenden Wahlen stattfand, waren nur ausgesuchte Journalisten eingeladen. Einer der Reporter drängte sie aus der ersten Reihe und rempelte dabei ihre verletzte Hand an.
»Aua«, rief Julia und hätte dem Herrn gerne einen Schubs gegeben. Felix ließ von seiner Kamera ab, die schwungvoll in den Riemen, den er um den Hals gelegt hatte fiel. Drehte sich zu dem rüpelhaften Kollegen und zog ihn unsanft am Arm zurück.
»Hey, Junge, s-s-so nicht.« Julia sah sich um und entdeckte ein bekanntes Gesicht neben einem Pfeiler, der dicht an der Bühne die Decke im Fernsehstudio abstützte. Hermann Zacher, Patientenbeauftragter der Bundesregierung, saß nach vorne gebeugt in einem Rollstuhl. Sie versuchte Blickkontakt aufzunehmen, doch die Kollegen der anderen Tageszeitungen, die neben ihr in der Reihe standen, verdeckten immer wieder ihr Sichtfeld. Er sieht nicht gut aus. Die Kobalt-Chrom-Vergiftung fordert ihren Tribut. Wenn man ihm nur helfen könnte. Jemand stupste Julia von hinten in die Rippe. Sie dachte an den unfreundlichen Kollegen und drehte sich schwungvoll um.
»Hallo, ich bin auch zur Verstärkung da.« Bettina hatte ihren Auftritt. Alle Männer in ihrer unmittelbaren Umgebung starrten auf ihr freizügiges Dekolleté.
»Schön.« Was will die denn hier? Ja ganz toll, könnte mir nichts Schöneres vorstellen.
»Was willst du denn hier?«, sprach Felix aus, was Julia dachte.
»Da Julia verletzt ist, kann ich euch doch helfen. Du kannst mit der Hand auch schlecht schreiben.« Ob sie Kontaktlinsen trägt? Ohne Brille ist sie doch blind wie ein Maulwurf.
»Ich habe ein Aufnahmegerät und das reicht für die Pressekonferenz aus«, sagte Julia und drehte sich weg.
»Felix«, Julia zog ihn am Ärmel,
»Schau mal, die zwei Typen, da vorne am Bühneneingang. Täusche ich mich?«
»Nein, du hast recht. Das s-s-sind die Kerle, die uns bei Big Bill aufgelauert haben.«
»Alles klar, das bestätigt noch mal, wer hinter dem Datenstick her war.«
»Keine S-S-Sorge, Lenz hat seine
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