Zersplittert: Dystopie-Trilogie Band 2 (German Edition)
verschwunden, dass ich nicht sicher bin. »Das geht dich nichts an.« Es klopft an der Tür.»Du musst jetzt ins Krankenhaus.«
»Da ist noch etwas«, getraue ich mich beim Aufstehen zu sagen. »Sie wollten mir doch erzählen, was mit meinem Freund geschehen ist. Ben Nix.«
Coulson blickt auf. »Ach ja. Ben. Leider gestorben«, sagt er. Nichts in seinem Gesicht deutet darauf hin, dass es ihm leidtut. Bestenfalls sieht er gleichgültig aus.
Der Boden unter mir scheint nachzugeben, meine Knie werden weich. Nein. Das kann doch nicht wahr sein. Oder?
In der Tür bleibe ich noch einmal stehen. »Wie ist das passiert?«, presse ich hervor.
»Anfälle beim Durchtrennen des Levos. Keine Angst, das kann dir heute nicht passieren, nicht im Krankenhaus.«
Erleichtert stolpere ich hinter dem Fahrer her. Für einen furchtbaren Moment habe ich geglaubt, Ben sei in den letzten Tagen wirklich etwas zugestoßen. Aber wenn es angeblich geschehen ist, als Bens Levo abgeschnitten wurde, lügt Coulson.
Bald darauf befinde ich mich in Dr. Lysanders Büro im New London Hospital.
»Es tut mir leid«, sage ich sofort, doch sie legt die Hand aufs Ohr und formt mit den Lippen »später«. Bestimmt hat sie Wanzen im Büro gefunden.
»Heute nehmen wir dir das Levo ab. Im Krankenhaus bestehen dabei keine besonderen Risiken.« Während sie in einen langatmigen Monolog verfällt, schweifen meine Gedanken ab.
Ich fasse das Levo an. Nun trage ich es schon so lange ums Handgelenk. Anfangs hat es mein Leben bestimmt: Sobald ich zu traurig oder wütend wurde, hat es für schmerzhafte Ohnmachtsanfälle gesorgt, die mich hätten umbringen können.
Doch … irgendwie hatte die Kontrolle auch etwas Beruhigendes. Wenigstens hat das Levo nicht zugelassen, dass man über einen bestimmten Punkt hinaus Schmerzen empfindet. Was, wenn es nun einfach weg ist? Siedend heiß werden mir die Konsequenzen bewusst.
»Komm mit, Kyla«, sagt Dr. Lysander, die schon an der Tür steht.
Wir verlassen ihr Büro.
»Ich will gar nicht, dass das Levo abkommt. Muss das sein?«
»Nein. Glaube ich jedenfalls nicht. Ich könnte ja mal schauen, wie verbindlich das Gesuch der Lorder formuliert worden ist. Aber warum willst du es behalten?«
»Dann weiß jeder Bescheid. Ich kann nie wieder die Person sein, die ich vorher war.«
»Nach allem, was passiert ist, könntest du überhaupt wieder diese Person sein?«, fragt sie sanft. Wir erreichen den Fahrstuhl, wieder hält sie sich eine Hand ans Ohr und schüttelt den Kopf. Ist sogar der Fahrstuhl verwanzt?
Die Behandlungsräume liegen ein paar Stockwerke tiefer. Krankenschwestern wuseln geschäftig umher, schieben Patienten in Rollstühlen oder Bewusstlose in Betten durch die Flure.
Dr. Lysander lotst mich in ein winziges Büro. Der Mann, der dort tippend am Computer sitzt, schaut auf. Dr. Lysander bedeutet ihm zu gehen.
»Jetzt können wir endlich reden«, sagt sie und setzt sich. »Was macht dir Sorgen, warum willst du das Levo behalten?«
»Es gibt nur eine Möglichkeit, das Levo loszuwerden und frei rumzulaufen, nämlich wenn die Lorder es selbst entfernt haben. Doch dann wissen alle Bescheid und sie werden mich für einen Spion der Lorder halten.«
»Da hast du wahrscheinlich recht. Aber meinst du nicht, dass die das sowieso schon glauben?«
Ich muss an die schwarzen Vans denken, die ständig vor unserem Haus parken und, so ungerecht das auch sein mag, an all die Vermissten in meinem Umfeld. Wachsame Augen und Stimmen hinter vorgehaltener Hand werden sich schon ihren Reim darauf gemacht haben. Mit einem Seufzer sage ich: »Da haben Sie recht.«
»Aber es gibt noch einen weiteren Aspekt«, sagt sie.
»Welchen denn?«
»Nico. Meines Wissens ist er noch nicht gefasst worden. Solange du das Levo trägst, bist du für alle als Slater erkennbar. Er könnte an seinen Plänen festhalten und dich bei einem Anschlag benutzen, um allen zu beweisen, dass Slater gewalttätig sein können. Ohne Levo kann er das nicht mehr.«
»Nein. Von Nico lass ich mich nicht mehr benutzen. Dazu müsste ich schon meine Vergangenheit vergessen, aber ich halte an jedem Erinnerungsfetzen fest.« Vor Jahren wurde ich gezwungen, den gewaltsamen Tod meines Vaters zu vergessen. Wie anders wäre doch alles abgelaufen, wenn ich mich erinnert hätte. Nie wäre ich unter Nicos Bann gefallen.
»Sollen wir es denn jetzt machen?«, fragt sie.
»Vorher habe ich noch eine Frage.«
»Dann mal los.«
»Ich kann mich an ein paar Dinge erinnern, die
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