Zerstörte Seelen
vertragen.»
Kurz darauf kam Coop in den Umkleideraum. Darby war bereits umgezogen. Sie sagte ihm, sie würde draußen auf ihn warten. Als sie die Tür öffnete, kam Sergey auf sie zu. Er hatte das Handy am Ohr, seine Schritte hallten auf dem polierten Boden.
61. Kapitel
Sergeys Haar war vom Wind zerzaust; eine dünne, fettige Schweißschicht ließ seine olivfarbene Haut glänzen. Er hatte frische Kaffeeflecken auf dem weißen Hemd und der pinkfarbenen Krawatte. Wahrscheinlich hatte er versucht, während der holprigen Fahrt aus einem Pappbecher zu trinken.
«Die Fingerabdrücke sind identifiziert.» Er blieb bei Darby stehen. «Das Opfer ist tatsächlich Mark Rizzo. Die Bostoner Polizei hatte seine Abdrücke zusammen mit denen seiner Frau und der Zwillinge im System.»
Darby spürte, wie Müdigkeit und Trauer ihre Glieder schwer machten. Nun war es also amtlich. Mark Rizzo war tot. «Was ist mit dem Finger. Ist er …»
«Ja. Er stammt von Sarah Casey.»
Darby nickte. Sie hatte es geahnt, seit sie den abgesprungenen Nagellack gesehen hatte. Jetzt war aus der Ahnung Gewissheit geworden.
Sie erinnerte sich an ihr erstes Gespräch mit Casey in der Polizeiwache von Nahant:
Sie werden mich nicht töten. Noch nicht
, hatte er gesagt.
Sie werden mir erst eine Botschaft schicken.
«Jack ließ die Fingerabdrücke seiner Tochter im Rahmen eines Sicherheitsprojekts in der Schule speichern», sagte Sergey schleppend. «Das ist schon ein paar Jahre her. Nach dem, was mit meinem Sohn passiert ist, riet ich ihm, ihre Abdrücke in unser System einzugeben. Für den Fall, dass diese Leute sich je an sie heranmachen würden.»
«Hat das ID -Team Sie wegen der Bilder angerufen?»
Er nickte. «Ich habe grade jemanden hingeschickt, der die Ausdrucke abholt.»
«Ich muss mit Casey sprechen.»
«Er sitzt im Flugzeug.»
«Und wohin ist er unterwegs?»
«Nach nirgendwo.» Sergey beantwortete ihre nächste Frage, bevor sie sie stellen konnte. «Es ist unser Flugzeug. Wir hatten es nach Florida geschickt. Jetzt ist es wieder in Logan gelandet.»
«Sie haben Ihr forensisches Team zurückgeholt?»
«Nicht das ganze. Ein paar Leute sind noch im Safe House.» Sergey strich sich das Haar aus den Augen. «Wir hatten acht Agenten dort unten. Vier im Haus, vier bewachten die Umgebung. Wir denken, dass diejenigen, die draußen Wache hielten, aus großer Distanz ausgeschaltet wurden. Waffen mit Schalldämpfern. Niemand hat etwas gehört. Die vier im Haus wurden alle mit Kopfschüssen getötet. Keiner hatte seine Waffe gezogen. Ich habe mir auf dem Weg hierher die Videoaufzeichnungen angesehen. Die Toten sehen aus, als wären sie eingeschlafen. Und dann kam jemand und hat sie erschossen.»
«Nervengift?»
«Wissen wir noch nicht. Falls welches eingesetzt wurde, habe ich keine Ahnung, wie es ins Haus gelangte. Vielleicht durch die Klimaanlage.»
Coop kam aus der Tür und schlüpfte in sein Sakko.
«Casey hat den USB -Stick mitgenommen», meinte Darby, und Sergey nickte. «Der Stick ist im Flugzeug. Wir haben ihn auf Fingerabdrücke untersucht und Jack dann den Inhalt ansehen lassen.»
«Was ist denn drauf?»
«Ein Video. Mehr hat er mir nicht gesagt. Bislang hat er es niemandem gezeigt.»
«Wir müssen uns über Casey unterhalten», sagte Darby. «Für diesen Fall fehlt ihm aus naheliegenden Gründen die nötige Distanz.»
Sergey unterbrach sie mit einer Geste. «Ich weiß, worauf Sie hinauswollen. Und Sie haben recht. Er ist persönlich betroffen, emotional tief in die Sache involviert und kann nicht länger das Kommando führen. Das sieht er ein. Gleichzeitig will ich – will
er
weiter an den Ermittlungen teilnehmen. Das kann ich ihm kaum verdenken.»
«Ich will das Video sehen.»
«Sicher. Aber nicht jetzt. Später. Erst mal bringen wir Sie in Ihre Unterkunft.»
Sergey zeigte auf zwei Agenten, die in einiger Entfernung warteten. «Die Männer fahren Sie ins Hotel. Machen Sie sich frisch, essen Sie etwas und entspannen Sie sich ein bisschen. Keine Widerrede. Sie brauchen eine Pause. Anschließend können Sie die Sache vielleicht aus einem neuen Blickwinkel betrachten und kommen dadurch ein Stück weiter. Okay?» Er warf einen Blick auf die Uhr. «Wir treffen uns um zehn wieder. Nein, lieber um elf. Dann können Sie sich vor der Besprechung noch ein bisschen ausruhen.»
Sergey wollte gehen.
«Augenblick noch», sagte Darby. «Ich habe mit Jacks Frau gesprochen.»
Er fuhr so abrupt herum, dass er fast das Gleichgewicht
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