Zerstörte Seelen
Geräusch …
Man kann den Schmerz beherrschen.
… kalte, metallene Kettenglieder schlugen brutal auf die Rückseite ihrer Oberschenkel. Darby riss unwillkürlich die Augen auf. Statt eines Schreis stieß sie nur ein Zischen aus. Sie zitterte, sah im Kerzenlicht ihren bebenden Schatten an der Wand.
Die Person, die sich nun vor ihr aufbaute, trug ein theatralisches schwarzes Kapuzencape aus dickem Samt über einem dunklen Anzug und einem blutroten Schal. Ihr Gesicht – ihr echtes Gesicht – war unter einer weißen Maske aus Holz verborgen, die einer Teufels- oder Vampirfratze nachempfunden war. Die Maske war zerkratzt, und die Farbe blätterte an einigen Stellen ab, vor allem entlang der langen hölzernen Nase. In dem böse grinsenden Mund fehlten einige Zähne. Schwarzes Kunsthaar, vorn spitz zulaufend und seitlich mit Geheimratsecken, dazu kleine schwarze murmelartige Augen.
Grand Guignol, makaberes Theater
, dachte Darby.
Eine weiß behandschuhte Hand mit roten, zu Krallen gefeilten Fingernägeln aus Metall hielt einen geschnitzten Holzgriff umfasst. An seinem Ende befand sich ein Ring mit drei Ketten. Jede bestand aus sieben Gliedern.
«Eine Kettengeißel. Eine wunderbare Erfindung. Die erste habe ich in einem Schloss in Nürnberg benutzt und mich sofort in sie verliebt.»
«Ist es das, was Sie hier tun?» Darby sprach zwischen ihren zusammengebissenen Zähnen hindurch. «Sie stellen ein kleines Privatheer auf und träumen wie Hitler von der Weltherrschaft?»
Unter der Maske drang ein müdes Seufzen hervor. «Die Zeit für einen Krieg ist vorbei. Leider. Dort oben auf der Erde gibt es nichts mehr, was mich erfreuen könnte. Mir gefällt nicht, was wir geschaffen haben. Es ist … böse geworden. Unkontrollierbar.»
«Und trotzdem gehen Sie immer wieder hinauf und holen Kinder. Warum?»
«Weil ich es will», sagte er schlicht. «Weil ich es kann.»
Noch einmal schlug er mit den Ketten zu. Diesmal auf die Schienbeine. Vor Darbys Augen tanzten Funken. Sie unterdrückte einen Aufschrei und zitterte dabei vor Anstrengung, Schmerz und Konzentration.
«Ich kann dir Höllenqualen bereiten», sagte er. «Und große Wonne.»
Darby schwieg. Sie achtete nur auf seine Stimme. Sie klang ruhig, aber seine Wortwahl war interessant. Er sprach in der Ich-Form. Der Anführer?
Er strich mit den Fingernägeln über ihren Bauch. «Du bist sehr schön, dein Körperbau ist exzellent. Gute Hüften. Nun, da ich dich leibhaftig vor mir sehe, muss ich meinen ursprünglichen Plan vielleicht überdenken und dich zur Zucht verwenden.»
Die Nägel glitten an ihrem Bauch nach oben. «Wir sollten bald damit anfangen. Ich fürchte, meine Zeit in diesem Körper ist begrenzt.»
«Sind Sie ein Archon?»
«Der erste. Jaldabaoth.» Er klang nicht erstaunt. Woher sie das wusste, schien ihm egal zu sein. Die Untersuchung ihres Körpers nahm offenbar seine ganze Aufmerksamkeit in Anspruch.
«Soweit ich weiß, gibt es zwölf von Ihnen. Wo sind die anderen elf?»
«Hier und da.»
Der Mann verschränkte die Arme vor der Brust und stützte das Kinn auf eine Hand. Seine Nägel klickten auf der hölzernen Wange.
«Wir müssen über den Eisprung nachdenken.»
«Sicher», sagte Darby. «Sagen Sie mir, wann Sie Ihre Periode bekommen, dann kann ich ihn gerne für Sie berechnen.»
Darby fing an zu lachen. Lachte so heftig, dass ihr Tränen in die Augen schossen.
«Ich kann dafür sorgen, dass du hässlich wirst und scheußlich entstellt», sagte der Mann.
«So wie Charlie?»
«Ja.»
«Jetzt weiß ich auch, weshalb Sie die Maske tragen. Sie müssen ein ganz widerwärtig aussehender Kotzbrocken sein.»
Er legte eine Hand auf Darbys Herz, ließ sie einen Augenblick lang dort liegen und drückte den Kopf an ihren Bauch.
Seine Nägel gruben sich in ihre Haut, die Maske blickte zu ihr auf.
«Du bist eine wahre Kriegerin. Ich könnte dir das Herz herausreißen und es hier direkt vor deinen Augen verspeisen. Dennoch zeigst du keine Angst. Bemerkenswert. Wahrhaft bemerkenswert. Ich kann mich nicht mehr erinnern, wann ich die Letzte deiner Art zu Gesicht bekam. Nun, damit bietet sich eine absolut einzigartige Gelegenheit.»
«Sie sollten besser keine Zeit verlieren. Wir wissen, wer Sie sind.»
«Sie
glauben
es zu wissen.»
«Wir haben die Tätowierungen gefunden.»
Keine Antwort.
«Innen an den Lippen», sagte Darby. «Mark Rizzo trug eine und John Smith ebenfalls.»
«Ah, das Mal eines ergebenen Dieners.»
«Ihnen ergeben?»
«Allen
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