Zerstörte Seelen
wie sie diese Frage beantworten sollte.
Ich bin in einen Mann verliebt, den ich seit fünfzehn Jahren kenne. Wir fanden einander schon immer anziehend, aber ich habe nie etwas unternommen, weil ich unsere Freundschaft nicht gefährden wollte. Und gerade als mir klar wurde, dass ich meine Gefühle für ihn nicht mehr leugnen kann, zog er nach London. Ich habe ihn dort noch nie besucht, weil ich Angst habe, dass nichts dabei herauskommt. Oder schlimmer noch, dass unsere Freundschaft dann enden könnte. Und sosehr ich ihn liebe, das würde ich nicht ertragen.
«Ja», sagte sie.
«Gut. Verbringen Sie so viel Zeit wie möglich miteinander. Heiraten Sie und kriegen Sie Kinder. Falls das nicht mehr klappt, machen Sie es wie Angelina Jolie und adoptieren Sie eins von jeder Farbe. Das sind die Dinge, die wirklich zählen. So was beschäftigt einen in meinem Alter, wenn man so viele Gelegenheiten verschenkt hat, weil einem der Beruf wichtiger war. Aber am Ende bedeutet er nämlich gar nichts.»
«Mir schon.»
«Ihre Sache. Und wenn Sie mich jetzt entschuldigen wollen, ich möchte mich gerne um meine Frau kümmern. In meinem Alter habe ich nicht mehr so viel Zeit.»
Smith erhob sich mit knackenden Knien. Darby studierte die Falten in seinem Gesicht und wollte gerade aufstehen, als sein Kopf explodierte.
39. Kapitel
Es war der schlimmste Schmerz, den er je empfunden hatte.
Als sie ihn auf den Stuhl drückten, drangen die Metalldornen durch sein Fleisch und seine Muskeln. Er schrie, doch sie schnallten seine Hand- und Fußgelenke fest, und er schrie immer weiter, bis seine Stimme versagte. Nie enden wollende Wellen dieser entsetzlichen Pein schossen ihm durchs Rückgrat und bohrten sich dann wie Projektile in die weiche Masse seines Gehirns. Er grub die Fingernägel in das Holz und verwendete seine ganze Willenskraft darauf, still zu sitzen. Denn wenn er sich bewegte, bewegten sich auch die rasiermesserscharfen Dornen, durchbohrten, zerfetzten ihn.
So saß er Stunden, Tage – er wusste es nicht. Er erinnerte sich deutlich an die beiden kräftigen Männer mit der Alabasterhaut und den Geistergesichtern, die zu ihm gekommen waren. Im flackernden Kerzenlicht sah er, dass sie weder Kleider noch Schuhe trugen und ihre Geschlechtsteile fehlten. Sie verschwanden aus seinem Blickfeld, glitten entlang der Mauern seitlich an ihm vorbei. Dann stand der Archon über ihm und flüsterte: «Wie lautet dein Name?» Aber Mark hörte noch eine andere Stimme. Es gab sie nur in seinem Kopf, und sie schrie:
Sprich ihn nicht aus! Wenn du es tust, töten sie dich. Sag ihn nicht!
Er zögerte, dachte an die Schmerzen, die noch folgen würden. Die beiden Ghuls mit den vernarbten Gesichtern und Körpern hoben ihre Peitschen.
Als ihn der erste Hieb traf, warf er sich auf dem Stuhl hin und her. Er fand seine Stimme wieder und stieß ein Heulen aus, das laut genug war, Stein zu zermahlen. Sie peitschten immer weiter auf ihn ein; die Riemen rissen Streifen aus seinem Fleisch. Dann schlug einer von ihnen ihm etwas Hartes, Metallenes auf die Schienbeine, das sich wie ein Bündel aus Ketten anfühlte und ihm die Haut vom Knochen riss. Er schrie und erbrach sich, bis sein Magen nichts mehr hergab. Danach glitt er endlich in die ersehnte gnädige Bewusstlosigkeit.
Orientierungslos pendelte er zwischen einem halbwachen Zustand und der Ohnmacht hin und her. Manchmal öffnete er die Augen, sah aber nichts als die schreckliche Dunkelheit und fragte sich, ob die Peitschenhiebe ihm das Augenlicht genommen hatten. Beim nächsten Mal, als er die Augen öffnete, nahm er durch Schmerz und Benommenheit hindurch Kerzenlicht wahr, dessen Schein über die graue Steindecke über ihm flackerte. Er saß nicht mehr auf dem Stuhl. Er lag auf einer kalten, harten und nassen Fläche auf dem Rücken.
Der Schmerz kam mit voller Wucht zurück, wütete in seinem Körper, ließ seine Glieder zittern. Nun spürte er auch die Fesseln, die sich in seine Hand- und Fußgelenke gruben und seine Kehle umschlossen. Als sein Kopf ein wenig nach links kippte, sah er den dunklen Lederriemen, mit dem das Gelenk seiner gebrochenen Hand an die Kante eines langen Metalltisches gebunden war. Blut, sein eigenes Blut, bedeckte seinen nackten Körper und stand in Pfützen auf der Tischplatte aus Edelstahl. Er hörte die Tropfen, die auf dem Boden aufschlugen, und begann zu schluchzen.
Ich verblute
, dachte er.
Die Stimme des Archon hallte durch das kalte, staubige Verlies aus Stein. «Wie
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