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Zerstörter Traum vom Ruhm

Zerstörter Traum vom Ruhm

Titel: Zerstörter Traum vom Ruhm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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– und Sie kommen mit!«
    Opperberg griff nach Polteckys Jacke und zog ihn daran in den Wagen. Dann startete er wieder, drehte auf der schmalen Straße und raste den Berg hinauf, in die Auffahrt hinein, und hielt vor der Terrasse mit kreischenden Bremsen. Poltecky kletterte aus dem Wagen.
    »Wie alt sind Sie?« fragte er.
    »Einundsechzig Jahre«, sagte Opperberg.
    »Sie sind der erste einundsechzigjährige Halbstarke, den ich kenne.«
    Er ließ den Bankier einfach stehen und stieg die Treppen zur Terrasse hinauf.
    Julia lächelte Poltecky entgegen und streckte ihm die Hand entgegen.
    Und er nahm diese schmale, zarte Hand und küßte sie und begriff nicht mehr, was das alles sollte.
    Am Abend, als Julia in ihr Schlafzimmer gerollt worden war und sich glücklich von Poltecky verabschiedete, saßen sie noch im Herrenzimmer am Kamin zusammen und tranken einen schweren, fast schwarzroten Wein.
    Im Kamin prasselten Buchenscheite und zuckten über die Gesichter der beiden Männer. Es war die einzige Beleuchtung in dem großen Raum, nur durch das große Fenster drängte ein bleicher Himmel. Über dem Rhein hing in einem Wolkenmeer der Mond. Er sah aus, als sei er in einem Netz verpackt.
    »Was haben Sie meiner Tochter gesagt?« fragte Konsul Opperberg. Er drehte die Zigarre zwischen seinen Lippen.
    »Ich habe ihr gesagt, daß ich ein armes Schwein sei.«
    »Und das hat sie so erregt?«
    »Nein. Aber aus dem Bewußtsein heraus, daß ich nichts zu verlieren habe, konnte ich ihr das sagen, was ihr bisher noch keiner gesagt hatte. Sie fühlt sich als das unglücklichste Geschöpf der Welt.«
    »Hat sie nicht ein Recht dazu?«
    »Nein!«
    »Sie kann keinen Schritt laufen …«
    »Aber sie kann alles sehen, alle Wünsche werden ihr erfüllt, sie kann an allem teilhaben. Was sollen die Millionen vom Leben sagen, die täglich eine Handvoll Reis haben und in einer Blätterhütte schlafen?«
    »Sie kennen es nicht anders.«
    »Wie einfach Sie dieses Problem lösen! Sie kennen es nicht anders! Gut denn – mag sich Ihre Tochter auch daran gewöhnen, das Leben nicht anders zu kennen als im Rollstuhl.«
    »Aber sie kannte es ja anders.« Opperberg warf die Zigarre in den großen Jadeaschenbecher, der zwischen ihnen auf dem Rauchtisch am Kamin stand. »Es war meine Schuld, daß sie ein Krüppel im goldenen Käfig geworden ist. Vor vier Jahren war es – in Italien. Wir fuhren mit unserem Sportwagen nach Neapel, immer die herrliche Küstenstraße entlang. Ich wollte noch vor Einbruch der Dunkelheit in Neapel sein und fuhr deshalb ein wenig schnell.«
    Poltecky nickte. »So wie vorhin auf der Bergstraße.«
    Opperberg sah auf seine zitternden Hände. »Noch ein wenig schneller. Ich war immer ein wilder Fahrer. Aber immer ohne Unfall. Ich hatte ein fabelhaftes Reaktionsvermögen. Bis zu diesem Tag – es war genau 18.39 Uhr. Ich vergesse die Zeit nie, weil ich auf die Uhr sah, instinktiv, als der Wagen durch die Luft flog. In einer engen, scharfen Kurve – einer sinnlosen Kurve in einer flachen Landschaft. Aber sie war da, und ich wurde mit dem Wagen hinausgetragen und in das Feld geschleudert. Mit einem Salto. Julia fiel aus dem Wagen, bevor er auf die Erde zurückprallte. Sie fiel ganz weich – auf einen Heuhaufen, der neben der Straße aufgeschüttet war. Sie hatte sich nicht verletzt – sie konnte sich gar nicht verletzt haben, so weich fiel sie … Aber sie konnte nicht mehr gehen! Vom Heuhaufen aus mußten wir sie wegtragen. Und das ist so geblieben bis heute. Vier Jahre lang. Ich habe alle Spezialisten mit ihr besucht – in Amerika, in Schweden, in England, in der Schweiz, hier in Deutschland und sogar mit einer Ausnahmegenehmigung in Rußland! Ich habe alles getan, was ein Vater und ein Mann meines Vermögens tun konnte. Umsonst! Die Diagnose ist überall die gleiche: Schocklähmung! Sonst nichts! Begreifen Sie das? Keine inneren Verletzungen, kein Rückenwirbelbruch, keine eingeklemmten Nerven, gar nichts. Nur ein Schock! Und er widersetzt sich seit vier Jahren allen Versuchen eines Gegenschocks. Die Medizin ist am Ende.«
    Poltecky trank nachdenklich seinen schweren Rotwein. »Es ist schrecklich«, sagte er leise.
    »Und da kommen Sie und schnauzen meine Tochter an!«
    »Ich habe das alles ja nicht geahnt. Ich habe mich dumm benommen.«
    »Sie werden hierbleiben müssen und morgen wieder mit ihr sprechen.« Stephan Opperberg goß Polteckys Glas noch einmal voll.
    »Ich werde in Godesberg erwartet.«
    »Von Ihrer

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