Zerstörter Traum vom Ruhm
uns auf die Spur dieses Heiratsschwindlers gesetzt! Alles andere ist Sache der Staatsanwaltschaft!«
»Aber ich will ja gar nicht!« rief Carola noch einmal.
»Ob Sie jetzt noch wollen oder nicht, ist gleichgültig. Hier liegt eine strafbare Handlung vor, die geahndet werden muß. Ich setze das Protokoll sofort auf.«
Eine halbe Stunde später unterschrieb Carola Pfindt die Anzeige und das Aussageprotokoll.
Und während sie ihren Namen unter die Blätter setzte, weinte sie haltlos und sagte immer: »Das habe ich nicht gewollt. Das habe ich bestimmt nicht gewollt.«
Die Klage Martina Schneewinds hatte zwei Ursachen. Einmal wußte sie selbst nicht mehr, was sie tun sollte, nachdem der Betrug Polteckys so unwiderlegbar klar zutage gekommen war, zum zweiten arbeitete die Kriminalpolizei in Bonn mit dem Betrugsdezernat von Hamburg zusammen, nachdem die ziemlich undurchsichtige Vergangenheit Polteckys dem Mann mit den stoppeligen grauen Haaren sehr bedenklich vorgekommen war.
Kriminalkommissar Ernst Baumann, der den Fall Herwig Walker nach den Geständnissen Walkers und Bretschniders abgeschlossen hatte, berichtete nach Bonn: »Franz v. Poltecky ist einer der Geschädigten Walkers und steht mit 14.000 DM an 23. Stelle der Gläubigerliste.« Woher das Geld stamme, schrieb Baumann, sei nicht untersucht worden. Man habe keine Veranlassung dazu gesehen.
Die Anfrage aus Bonn allerdings ließ Kommissar Baumann sich daran erinnern, daß eine Lehrerin Martina Schneewind in den Fall Poltecky mit verwickelt war. Soviel man wußte, hatten die beiden heiraten wollen.
Es war ein trostloser, regnerischer Abend, als es bei Martina schellte und Kommissar Baumann seine Dienstmarke vorzeigte. Martina ließ ihn sofort eintreten und begann zu weinen, noch bevor Baumann ein Wort gesagt hatte.
Ernst Baumann zog seinen regennassen Mantel aus und warf ihn über eine Sessellehne.
»Warum weinen Sie?« fragte er fast väterlich. Er kannte den Grund. Was die Anfrage aus Bonn ihn ahnen ließ, wurde in diesen wenigen Minuten in ihm zur Gewißheit. Der ›Fall Walker‹ setzte sich in einem ›Fall Poltecky‹ fort.
Baumann versuchte, sich an diesen Filmschriftsteller Poltecky zu erinnern. Das Bild war unvollkommen und verschwommen – groß, schlank, mit ergrauten Haaren. Und mit einem Gipsbein. Richtig – er hatte ein Gipsbein, als er seine Zeugenaussage machte. Walker hatte ihn die Eisentreppe des angeblichen Ateliers hinabgestoßen. Das war ein Punkt, den Walker zwar eisern leugnete, denn ein Mordversuch brachte ihn nach seinen Vorstrafen in Sicherungsverwahrung.
»Wann haben Sie Poltecky zum letzten Male gesehen?« fragte Kommissar Baumann.
Martina Schneewind sah aus roten, tränennassen Augen zu ihm auf. »Es ist schon Wochen her. Ich weiß nicht mehr, was ich tun soll. Ich – ich …« Sie wandte sich wieder ab und weinte.
»Sie lieben ihn?«
Martina nickte. »Ja.«
»Er hat Ihnen die Heirat versprochen?«
»Wir wollten heiraten. Bald nach Beendigung des Films.«
»Der nie gedreht wurde. Und er hat Ihnen durch sein Eheversprechen Geld abgelockt?«
»Nein!« Martina fuhr von der Couch hoch. Sie wischte sich mit dem Handrücken die Tränen aus dem Gesicht. »Nein – das hat er nie! Ich habe es ihm freiwillig gegeben.«
»Wieviel?«
»7.000 Mark.«
»Er hatte aber 14.000 Mark eingezahlt. Er muß demnach noch andere Mädchen um ihre Ersparnisse betrogen haben. Von seinem Gehalt als Drogist konnte er sich diese Summe nicht sparen. Wissen Sie etwas darüber?«
»Nein.« Martina starrte an Baumann vorbei. Franz, ein Betrüger … Auch der Schulrat hatte es gesagt. Sie konnte und wollte es nicht glauben. Aber es war alles so logisch, was sie hören mußte, es war alles so schrecklich einfach und unwiderlegbar, daß die Tatsachen ihre verzweifelte Liebe zu Poltecky erdrückten. »Ich kann nur sagen: Ich habe das Geld freiwillig gegeben.«
»Aber doch erst dann, als es für Sie sicher war, daß Sie heiraten würden?«
»Ja«, sagte Martina leise.
»Und Poltecky hatte nie die Absicht, zu heiraten?«
»Doch, doch! Er wollte mich heiraten!« Martina fuhr sich mit den Fingern durch die nußbraunen Haare und zerwühlte sie. »So lügen kann kein Mensch! Nein, nein! Mag er die anderen Mädchen vielleicht betrogen haben – mich wollte er heiraten.«
In Kommissar Baumann kroch Mitleid empor. Er hatte viele Menschen in seinen langen Dienstjahren weinen sehen, und meistens waren es berechnende, gespielte, geheuchelte Tränen. Der
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