Zerteufelter Vers (German Edition)
Amsterdam. – Gehen wir also heute weg?« Kirt überlegte, als Sebastian sich einklinkte: »Es ist besser, wenn ihr erst mal einkaufen fahrt. Ich bleibe solange bei Gloria.« Kitty stand noch immer auf der Veranda, als sich Gloria räuspernd zu Wort meldete: »Ich würde ganz gern mal duschen.« Kitty musterte Gloria. »So wie du aussiehst, kannst du auf gar keinen Fall unter Menschen.« »In einer Woche sieht´s auch nicht besser aus!« Kitty zog skeptisch die Stirn in Falten, doch Gloria pochte auf ihrem Wunsch: »Hey, ich muss mich echt mal duschen!«
Kirt ging abrupt an ihnen vorbei in die Grillhütte. »Ich fahr´ einkaufen und nehme Gloria mit.« »Und wo willst du bitteschön mit ihr hin?« Kitty konnte ganz schön giftig werden. Gloria starrte auf die Holzbretter der Veranda, als sie Kirts Stimme hörte. »Während ich was zum Essen besorge, kann sie im Schwimmbad duschen. Danach hol´ ich sie wieder ab.« »Ja super – dann kann sie ja wieder abhauen!« Kitty hatte sich keinen Deut geändert, aber Gloria freute sich im Stillen. Sie konnte zwar nicht Kittys Gesicht sehen, wusste jedoch, wie böse Kirt sie gerade anfunkelte. »Sie haut nicht ab!« Dabei schaute er Gloria eindringlich an: »Pack´ zusammen, was du brauchst. Wir müssen ja nicht noch warten, bis das Schwimmbad proppenvoll wird.«
Kirt wollte gerade auf die Wiese treten, als er abrupt abstoppte und sich wieder zu Kitty umdrehte. »Ach ja… und gib Gloria was von deiner Schminke! So wie sie aussieht, kann man sie ja nirgendwo vorzeigen.« Wie nett! Gloria durchfuhr innerlich Hitze. Sie wollte auf gar keinen Fall Kittys Zorn auf sich lenken, indem sie ihre Schminke teilte. Aber anscheinend waren die Machtverhältnisse zwischen Kirt und Kitty klar abgesteckt! Er zog sich derweil ein T-Shirt über, während Gloria ein paar frische Sachen zusammenpackte. Das Shirt, das sie die letzten Tage getragen hatte, musste dringend gewaschen werden. Das Buch wollte sie lieber nicht mitnehmen und versteckte es unter ihrem Kopfkissen. Zu guter Letzt zog sie sich noch ihre Turnschuhe an und blickte in Kittys Richtung. Gloria ging kurz zu ihr und versuchte, so nett wie möglich zu klingen:
»Du brauchst mir nichts von deiner Schminke geben. Ist ja sowieso alles wieder hin, wenn ich geduscht habe.« Gloria drehte sich um und ging nach draußen. Kitty kam ihr plötzlich nach und trat auf die Veranda. Sie hielt einen kleinen Beutel mit Kosmetika in der Hand und seufzte. »Setz´ dich auf die Stufen.« Kitty hörte sich nicht böse an; auch nicht genervt. Verglich man es mit ihrer sonstigen Stimmung, konnte man ihre Haltung fast schon als freundlich werten.
Gloria setzte sich stumm auf die Stufen und Kitty holte einen Abdeckstift aus dem Beutel. Sie hockte sich vor sie und begann, auf Glorias Gesicht herum zu malen. Als nächstes holte sie ein Puder aus der Tasche und strich mehrfach über Glorias Haut. »Tschuldigung, wenn ich das so sage, aber du siehst echt scheiße aus!« Gloria blickte sie an – dann musste sie lächeln. Sie wusste, wie es gemeint war. »Oh… danke!« Jetzt musste auch Kitty lächeln. Das war sozusagen eine Premiere! Gloria war plötzlich froh, dass Kirt sie zu dieser Schmink-Aktion verdonnert hatte. Zuletzt steckte Kitty alles wieder zurück in den Beutel und gab ihn ihr. »Nimm´s mit – nach dem Duschen wirst du´s brauchen!« Kitty presste die Lippen aufeinander und wollte gerade aufstehen… »Danke.« Gloria sah sie an; Stille… »Kein Ding.«
Kitty stand auf und ging wieder rein. Gloria hielt für einen kurzen Moment inne. Sie griff schließlich nach ihrem Rucksack und setzte sich zu Kirt in den Wagen, wo er schon auf sie wartete. Überrascht schaute er in ihr Gesicht. »Oh… ganze Arbeit geleistet, hä?« Gloria schmunzelte; sie selbst konnte ja nicht beurteilen, wie sie aussah, als ihr plötzlich eine Idee kam: Sie kippte den Sonnenschutz der Beifahrerseite hinunter – auf der Rückseite befand sich ein Spiegel – und sie begutachtete ihr Gesicht. Gloria sah wirklich furchtbar aus, aber mit der Schminke konnte sie sich unter Leute trauen. Kirt startete den Motor und fuhr los. Zum ersten Mal seit Tagen sah Gloria endlich mal wieder etwas anderes außer der Grillhütte.
Die Autofahrt dauerte gar nicht lange, als sie zur Einfahrt eines Aquaparks einbogen und Kirt zwischen den Massen an Autos einen Parkplatz fand. Er zog den Schlüssel und stieg aus. »Ich dachte, du fährst weiter zum Einkaufen?« »Nee, ich komme mit.«
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