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Zerteufelter Vers (German Edition)

Zerteufelter Vers (German Edition)

Titel: Zerteufelter Vers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daria Verner
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verstehen, aber trotzdem blieben die meisten Fragen unbeantwortet. Das war in der Gestalt einer Seele anders: Sie verstand plötzlich ohne Worte, wie Kirt sich fühlte. Es schien kein Geheimnis mehr zu sein; genau das, was man sonst verbarg!
    »In letzter Zeit habe ich auch über dich nachgedacht.« Gloria sah auf. Ihr Erstaunen über seine Bemerkung blieb ihm nicht verborgen. Sie hätte ihm gar nicht zugetraut, dass er über sie beide reden würde. Normalerweise überging Kirt alle Stellen, in denen Gloria bisher dachte, etwas über seine Gedanken oder Gefühle zu erfahren. Aber nun legte er diese offen. »Vertraust du mir jetzt eigentlich endlich?«
    Kirt lächelte sie an, während Gloria ihn musterte. Das war gar nicht einfach. Denn immer, wenn sie versuchte zu spüren, welche Gefühle er ausstrahlte, verschwamm sein Gesichtsausdruck. Konzentrierte sie sich hingegen auf seine Mimik, entpuppte es sich als zusehends schwierig, die feinen Nuancen seiner Stimmung aufzuschnappen. Es lag eine greifbare Spannung zwischen ihnen. Wie seltsam; hier standen sie nun – so absurd es auch klingen mochte – auf dem Meeresgrund des Atlantiks. Ob sie ihm endlich vertraute… – Eigentlich schon, aber es gab eine Masse an offenen Fragen, die allein diese seltsame Seelenwelt aufwarf.
    »Mal mehr, mal weniger…« Gloria lächelte. Kirts Antlitz schien ruhig auf der Stelle zu verharren. »Wann mehr?« Er ging auf sie zu, »und wann weniger?« Wieso stellte eigentlich immer er die Fragen? Zu gern hätte Gloria gewusst, ob auf seinem menschlichen Gesicht gerade ein Schmunzeln lag. So gut kannte sie ihn jetzt schon. Dies war immer der Moment, in dem sie sonst das Gefühl durchfuhr, abgeschätzt zu werden – oder schlichtweg, ihm nicht das Wasser reichen zu können. Genau jetzt konnte sie dies sogar überprüfen… Doch die Schlieren, die sein Gesicht malten, offenbarten entgegen ihrer Schätzung ein Gefühl von Hoffnung . Damit hätte sie nun gar nicht gerechnet.
    »Warum ist es dir denn so wichtig, zu wissen, was ich denke?« Damit drehte sie den Spieß um und schaute ihn grinsend an. Entgegen ihren Erwartungen spürte sie keine Belustigung in ihm. Vielmehr – und das passte so gar nicht – durchströmte Kirt aufs Neue eine Woge der Hoffnung. Verunsichert streifte ihr Blick die eigenen Schlieren, als Kirt das Wort ergriff: »Was macht dir Sorgen?« Sie fühlte einen Teil seines Muts und seiner Stärke. Kirt wirkte wie ein offenes Buch. Hoffentlich zeigte er ihr als nächstes nicht noch eine Welt, in der man fähig war, Gedanken zu lesen.
    »Ich find´ das grad nur ein bisschen komisch.« »Komisch?« Kirt kam noch näher. Wäre er ein Mensch, hätte sie mit Sicherheit seinen Atem spüren können. Normalerweise vermutete sie, dass er sich ihr überlegen fühlen würde. Konnte es möglich sein, dass Gloria sich bislang verschätzt und winziger gemacht hatte, als sie war? Kirts Stimme klang nachdenklich: »Ich frage mich immer, warum Menschen so oft Kummer haben.« »Was meinst du?« Bis eben dachte Gloria noch, er wollte etwas Nettes zu ihr sagen, aber jetzt schweifte er ab. Sein Blick senkte sich, als er ihre Enttäuschung zu greifen bekam. Gloria taxierte ihn verwundert – sie fühlte, dass er sich ärgerte. Das amüsierte sie plötzlich. Machte sich da etwa auch noch ein Quäntchen Verlegenheit breit? Gloria schmunzelte in sich hinein: Das Dasein als Seele könnte ihr gefallen! – So langsam hatte sie den Bogen raus…
    Ihr Schmunzeln wurde zu einem Grinsen. »Du freust dich ja.« Kirt schaute sie mit fast schon unsicheren Augen an. Gloria konnte ein leises Lachen nicht verbergen. »Ja«, sie lächelte. »Ich lach´ dich aus…« Gloria fand diese neue Form von Dasein genial! Kirt versuchte die Mimik Glorias windender Form zu entziffern. »Verrätst du mir was?« Er blickte sie neckend an. »Was denn?« Glorias Stimme klang ganz leise und er fuhr fort: »Du musst es vorher versprechen!« Gloria schmunzelte schon wieder. Wie anders sich dieses Gespräch doch entwickelte – als Seele.
    »Okay.« »Erzählst du mir, was du gerade denkst?« »Warum? Reicht es dir nicht zu wissen, was ich fühle?« Denn das war doch scheinbar der Grund, weshalb er ihr diese Welt zeigte… um noch mehr über sie zu erfahren! Gloria zögerte. »Ich habe mich gerade gefragt, warum du mit mir hierher gekommen bist.« »Na ja…« Kirt betrachtete sie mit einem sanften Blick. »Ich hatte bislang das Gefühl, dass du mir nicht glauben würdest…«

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