Zerteufelter Vers (German Edition)
erlebte sie ohnehin schon, als sie ihr Todesdatum las. Es war nur die Frage, was nach ihrem Tod geschehen würde!
»Was passiert, wenn Menschen sterben? Werden sie zu Seelen?« Kirt grinste. »Nicht unbedingt. Es ist Quatsch, dass man einfach in einer anderen Welt weiterlebt. Stell´ dir mal vor, was dich als Mensch alles geprägt hat und welche Erfahrungen deinen Charakter geformt haben.« Er schüttelte den Kopf. »Ich erklär´ dir das später, okay?« Gloria blickte ihn zögernd an, bis sie ihm schließlich zunickte. Er hatte wahrscheinlich seine Gründe.
Gloria schaute zu einem Loch in der Decke: Normalerweise führte eine Wendeltreppe empor, aber die war schlicht und ergreifend nicht da! Gloria ließ sich von Kirt emportreiben und glitt in ihr Zimmer: Es war genauso kahl, wie alle anderen Räume auch. Bis auf die schieren Wände wies nichts darauf hin, dass hier ein Mädchen wie sie wohnte. Das einzige, was herumlag, war eine Art Sammlung verschiedener Steine, Sand und Muscheln. Kirt lächelte. »Seelen sammeln für ihr Leben gerne Kram.«
Er ließ Gloria einen Augenblick für sich allein, ehe er sich ganz nah zu ihr stellte. Aus heiterem Himmel erschien plötzlich im gleichen Raum ein sehr mächtiger Nebel! Gloria erschrak sich halb zu Tode, als sich diese vielen weißen Schlieren vor ihnen auftaten. Augenblicklich sah sie zu Kirt. Dieser Nebel verhieß nichts Gutes; das sagte Glorias Bauchgefühl. Sie stellte sich schützend hinter Kirt, als sie spürte, welch´ negative Gefühle sie durchglitten: Ablehnung, Entsetzen, Misstrauen.
Gloria schaute missmutig zu der großen Seele und merkte, wie Kirt ihre pure Anwesenheit rechtfertigen wollte. Das verwirrte Gloria; wo er ihr doch eben noch erklärte, dass Seelen keinen Besitzanspruch hatten! Gloria funkelte diese Seele böse an und vertraute auf Kirt, dass er sie in Sicherheit wissen würde, falls etwas geschah, das sie in keiner Weise vorherahnen konnte! Doch bevor Gloria auch nur diesen einen Gedanken abhaken konnte, griff Kirt nach ihren Schlieren und führte sie fort.
Sie glitten über Felder, durch mehrere Ortschaften hindurch und kamen gehetzt in der Blätterpracht eines nahegelegenen Waldes zur Ruhe. »Was war das?« Gloria wirkte durch die schnelle Flucht zwar nicht außer Atem, aber sie fühlte sich auf eine andere Weise trotzdem gehetzt. »Warum hast du das gemacht?!« Kirt war aufgebracht, aber Gloria schaute ihm nur fassungslos in die Augen. Sie hatte doch gar nichts gemacht… Immerhin war nicht sie wie aus dem Nichts bedrohlich groß erschienen. »Was meinst du?« Kirt wirkte ernst. »Du warst regelrecht hasserfüllt. Du hast diese Seele fast schon attackiert, in dem du sie wütend und misstrauisch angefunkelt hast.«
Gloria blickte ihn unverständlich an, als Kirt fortfuhr: »Wenn ich diese Seele gewesen wäre, hätte ich mich auch zu Unrecht angegriffen gefühlt.« »Was? Ich habe doch gar nichts gemacht!« Kirt stutzte. »Du hattest Angst vor ihr, richtig?« »Natürlich hatte ich Angst, was glaubst du denn?« Er lächelte. »Das musst du nicht.« Sein Lächeln wurde noch größer. »Du solltest dir nur deiner Ausstrahlung bewusst sein. Deine negativen Gefühle stellten sich wie ein Angriff für die andere Seele dar. Weißt du noch…? – Du kannst in eine Seele hineinsehen und sie in dich auch. Du besitzt keinen Körper mehr, mit dem du bluffen oder einen Kampf ankündigen könntest: Ist auch nicht nötig, denn Lügen und Machtgehabe sind überflüssig; Worte sind überflüssig! Du siehst alles, was du in der anderen Seele herausfinden möchtest – das ist der Kampf, der hier ausgetragen wird, wenn es überhaupt dazu kommt. Das ganze läuft auf eine mentale Stärke hinaus.«
Gloria musste unweigerlich bei seinen Worten lachen, doch Kirt sprach gleich weiter: »Du lachst – aber ich finde, diese Art von Kampf ist viel schlimmer, als die der Menschen. Deine Ehre, deine Selbstachtung – alles ist offen einsehbar. Du hast viel mehr zu verlieren, musst um Längen mehr preisgeben, bist viel eher verletzlich, als hättest du einen schützenden Körper um dich herum. Merk´ dir eines: Einer gerissenen Seele kannst du nichts vormachen!« Gloria starrte ihn an und war sich augenblicklich sicher, dass sie es bei ihm mit einer cleveren Seele zu tun hatte!
Das ganze wurde ja immer schlimmer: Wahrscheinlich hatte Kirt schon Dinge über Gloria herausgefunden, während sie noch nicht einmal checkte, wie der Laden hier lief! Kirt lächelte sie
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