Zerteufelter Vers (German Edition)
nicht, was sie so schnell sagen sollte. »Er musste überraschend für ein paar Tage Urlaub nehmen. Legen Sie sich mal bitte auf die Bank.« Gloria schaute der Ärztin dabei zu, wie sie den Computer hochfuhr, als sich die Frau schon wieder zu ihr umdrehte. »Ich heiße Claudia Siebold.« Sie forderte Gloria auf, sich hinzulegen und begutachtete die kaum mehr sichtbaren Blutergüsse, die mittlerweile grün-gelb schimmerten. Auch die Schrammen in ihrem Gesicht waren gut verheilt.
»Haben Sie noch Kopfschmerzen?« Gloria verneinte kopfschüttelnd. »Wie geht es mit der Nase?« Gloria war gar nicht richtig bei der Sache. Sie grübelte, was Rommerz alles gesagt haben könnte. »Die Nase habe ich kaum gespürt. Wahrscheinlich weil die Rippen und der Kopf schlimmer schmerzten. Aber jetzt geht´s mir gut.« Die Frau nickte und stellte Gloria von A bis Z auf den Kopf. »Herr Doktor Rommerz hat gesagt, dass er die Behandlungskosten später mit Ihnen abrechnen wird.« Sie holte einen Brief aus ihrem weißen Kittel, während Gloria ihr T-Shirt wieder anzog. »Den soll ich Ihnen geben.«
Gloria nahm den Brief entgegen und die Ärztin widmete sich wieder dem Computer. »Wie lautet eigentlich Ihr Nachname? Sie sind noch gar nicht erfasst.« Gloria stand plötzlich mit dem Brief in den Händen auf und reichte Frau Siebold die Hand. »Ich danke Ihnen. Herr Rommerz soll wegen den Kosten auf mich zukommen.« Die Frau schaute nochmals im Computer nach. »Aber wie ich das sehe, liegen gar nicht Ihre Daten vor.« Gloria lachte. »Das ist Quatsch. Ihr Kollege weiß Bescheid.« Gloria schüttelte der Ärztin die Hand und verließ fluchtartig das Behandlungszimmer. Sie verschwand hinter der Tür, die zum Treppenhaus führte. Draußen angekommen, öffnete Gloria als allererstes den Brief, den die Ärztin ihr von Rommerz in die Hand gedrückt hatte…
Hallo Gloria,
ich hoffe, dass wenn Du diesen Brief liest, Du keine Beschwerden mehr hast und es Dir gut geht. Deine Rippen wirst Du in den nächsten drei Wochen eventuell noch spüren. Alle anderen Verletzungen sollten – so hoffe ich – verheilt sein.
Ich fahre in die Staaten, um meine Tochter zu besuchen. Eben habe ich mit ihr telefoniert. Sie war sehr verhalten, aber ich bin mir sicher, sie hat sich gefreut, als ich ihr meinen Besuch ankündigte. Ich habe heute Morgen in der Zeitung ein Zitat von Goethe gefunden, das mich an Dich erinnert: ‹Lerne nur das Glück ergreifen, denn das Glück ist immer da.› Ich weiß nicht, warum einem manchmal Menschen im Leben begegnen, die einem eine neue Richtung geben. Jedenfalls ist es selten. Aber Du hast mich nachdenklich gestimmt und das war gut so.
Ich will nicht missen, Dir zu danken. Du bist eine außergewöhnliche Persönlichkeit. Dein Geheimnis kenne ich nicht, aber ich habe für mich beschlossen, dass es besser ist, wenn ich nichts weiter davon erfahre. Solltest Du allerdings jemals in Schwierigkeiten geraten, scheue Dich nicht, diese Nummer zu wählen…
Ich danke Dir,
Bernd Rommerz
Glorias Blick verharrte auf der Handynummer, die unter dem Text geschrieben stand und schaute erst auf, als Kirt plötzlich vor ihr auftauchte. »Was ist das für ein Brief?« Gloria reichte ihn Kirt. »Von Rommerz.« Immerhin war sie drum herum gekommen, ihm Rede und Antwort zu stehen. Was nun mit den Kosten war, wusste sie auch nicht. Vielleicht wollte er sie ihr als Dankeschön gar nicht in Rechnung stellen.
Während der Fahrt mit Kirt auf dem Motorrad fragte Gloria sich, weshalb die paar Zitate aus dem Buch Rommerz so ohne Weiteres davon überzeugen konnten, am Ende doch noch in die USA zu fliegen. Kirt fuhr auf direktem Weg wieder zu sich nach Hause. Er parkte sein Motorrad in einem Hinterhof, als auffiel, dass Sebastian in der Zwischenzeit schon dagewesen sein musste, denn das Auto war fort. Kaum hatte Kirt seine Maschine abgestellt, kam er auch schon wieder zu ihr und nahm sie in seine Arme. Eines musste man ihm wirklich lassen: Gloria hatte noch nie jemanden gekannt, der so gut küssen konnte!
Oben angekommen, bestellten sie sich zwei Pizzen und verbrachten den Abend auf dem einzigen Möbelstück, das es gab: Kirts Bett. Gemütlich und schön… Draußen war es schon dunkel geworden und er schloss Gloria in seine Arme. Man konnte nicht gerade behaupten, dass Kirt schüchtern war… »Hattest du eigentlich schon viele Mädchen?« Kirt drehte sich auf die Seite und lachte. »Warum fragst du?« »Sag´s doch einfach.« Er seufzte. »Ehrlich
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