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Zerteufelter Vers (German Edition)

Zerteufelter Vers (German Edition)

Titel: Zerteufelter Vers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daria Verner
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»Willst du nach Hause?« Sie wirkte traurig, aber… ja – sie wollte nach Hause. Gloria hatte ihre Freiheit lange genug für sich allein gehabt. Ihr Leben hier und jetzt war kein Vergleich zu der zähen Ohnmacht, die sich vor gut einem halben Jahr zum ersten Mal aufgetan und sie danach nicht mehr losgelassen hatte. Gloria nickte und spürte den Kloß in ihrem Hals. »Soll ich mitkommen?« Kirt schaute sie ernst an und Gloria wusste nicht, wie er seine Frage gemeint hatte, als er bereits fortfuhr: »Oder willst du alleine zurück?« Sie schaute ihm hoffend in die Augen.
    »Würdest du das tun? Würdest du mit mir nach Weimar gehen?« »Klar, warum nicht?! – Das ist für mich ein Katzensprung. Ich schätze mal… sechs, sieben Minuten – dann bin ich da.« Sein Grinsen wurde breiter als je zuvor. An diese Alternative hatte Gloria noch gar nicht gedacht und Kirt ergriff von neuem das Wort: »Nur umgekehrt wird´s schwierig.« Er lachte und Gloria fiel ein Stein vom Herzen. »Ich habe allerdings eine Bedingung!« Gloria schaute augenblicklich wieder skeptisch drein. »Und welche?« »Weißt du noch, als wir zusammen am Rhein essen waren und ich gesagt habe, dass du mir bei Zeiten auch eine Bitte erfüllen sollst?« Gloria konnte sich gut an die Szene erinnern. Allerdings sträubte sie sich damals mit Händen und Füßen, den Deal einzugehen. »Was willst du?«
    Einerseits skeptisch und andererseits amüsiert schaute Gloria ihm in seine tiefblauen Augen. Er rückte nicht gleich mit der Sprache heraus, bis Gloria schließlich die Augenbrauen hochzog und ihre Ungeduld zeigte. Kirt lächelte: »Ich will, dass du mich deinem Vater vorstellst!« Gloria lachte auf. Wenn es weiter nichts war? Aber sie ließ sich nicht so einfach in die Karten schauen. Ihrem Vater war es wahrscheinlich egal, mit wem sie nach Hause kam – Hauptsache, sie kehrte überhaupt zurück! Gloria schmunzelte. »Hattest du diese Bedingung damals auch schon auf den Lippen?« Kirt zuckte mit den Schultern. »Weiß nicht. Eigentlich wollte ich mich schnellstmöglich wieder von dir verabschieden. Aber als wir da so saßen, fragte ich mich, ob aus uns was werden kann.« Gloria lachte. »Und?« »Mmh…« Er druckste herum. »Zumindest hatte ich es nicht geplant.« Kirt küsste sie auf die Nasenspitze und danach auf den Mund.
    Gloria hatte nicht viel zu packen. Ihre Klamotten waren frisch gewaschen – das erschien ihr wichtig, damit sie nicht verlottert nach Hause kam. Und so machten sich beide noch am gleichen Tag auf nach Weimar. Kirt gehörte jener Sorte Mann an, die Pläne sofort in die Tat umsetzten. Gegen Mittag hatte Gloria ihren Wunsch geäußert, nach Hause zu wollen und um 14:00 Uhr war das Motorrad mit den wichtigsten Habseligkeiten gepackt. Von Düsseldorf aus würden sie eine Weile fahren müssen, bis sie in Weimar ankamen. Gloria störte das nicht. Sie wusste weder, wie ihr Vater reagierte, noch ahnte sie, welches Donnerwetter herabprasseln würde. Eines jedoch wurde ihr klar: Sie tat das Richtige und dieses Gefühl gab Gloria Mut. Außerdem war sie nicht allein. Es schien der beste Zeitpunkt zu sein, um das Kapitel Düsseldorf zu beenden. Noch heute Abend würde ein neues beginnen – zurück in Weimar, zurück in der Heimat!
    Die Fahrt war schön. Gloria kuschelte sich eng an Kirts Rücken und dachte über Gott und die Welt nach. Oder sollte sie besser ‹Welten› sagen? Alles, was Kirt ihr erzählt und gezeigt hatte, war einerseits irreal, andererseits erklärte es ein in sich stimmiges System. Gloria brauchte zugegebener Maßen eine Zeit, um zu verinnerlichen, wie die Zusammenhänge zwischen Engeln, Leben und Tod aussahen. Doch nun wurden viele Dinge klarer.
    Der Job, den die Engel innehatten, drehte sich einzig und allein darum, die Welten gegenseitig zu wahren und zu koordinieren. Wenn man erst mal gestorben war, erschien einem ein Todesengel. Zwar starb man – entgegen Glorias Hoffnungen – aber ein kleiner Teil lebte weiter: Sie hatte Kirt in den letzten Tagen noch einmal Löcher in den Bauch gefragt, um das ganze besser verstehen zu können. Vor allem wollte sie wissen, was genau von einem Menschen übrig blieb. Denn sie konnte sich immer noch nichts Konkretes darunter vorstellen, dass der Kern eines Charakters fortbestand. Kirt erklärte ihr bereits, dass dazu die grundlegenden Eigenschaften zählten, die man von Geburt an beibehielt: Nämlich ob man introvertiert oder extrovertiert war, ein kommunikativer Mensch, pessimistisch

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