Zerteufelter Vers (German Edition)
er nicht gerade den Eindruck machte, als würde er sonderlich viel davon verstehen. Gloria sah rein aus Gewohnheit nach einer schönen Jeans; die richtige Größe war im Handumdrehen herausgesucht. Sie schaute auf den Preis und verdrehte die Augen: 79 Euro. Früher wäre es kein Thema gewesen, aber nun stand dieser Preis außerhalb jeglicher Möglichkeiten. Kirt kam zu ihr und betrachtete die Jeans. »Du siehst dir die falschen Klamotten an!« Sein Ton klang süffisant und Gloria verstand nicht, was er damit meinte. Hatte er etwa vor, die Sachen zu klauen?
Er sah sie eindringlich an und bugsierte Gloria vor sich her, bis sie bei den Ständern und Regalen ankamen, auf denen nur schicke Blusen und Hosenanzüge hingen. Ein paar modische Accessoires hier, ein paar farblich passende Ketten dort… Alles nicht Glorias Geschmacksrichtung! »Was für eine Größe hast du?« Sie blickte ihn verwundert an. »36, 38. Und was gibt das, wenn´s fertig ist?« Er schaute weniger auf die Farben und Muster, als auf die Etiketten und Größen. Kirt griff einfach nach zig Blusen und Röcken und drückte sie Gloria schließlich in die Arme. »Zieh´ mal an.« Was sollte sie um Himmels Willen mit dem Zeug? Sie gehörte nicht in ein schickes Büro. Eigentlich saß sie um diese Zeit in der Schule und besaß nur zwei schwarze Stoffhosen, die Gloria wahlweise anzog, wenn sie zu irgendeinem runden Geburtstag eingeladen war. »Na, probier´ schon an!«
Er zeigte auf eine der Umkleidekabinen. Wie ferngesteuert verschwand sie darin und hing den ganzen Krempel an einen Haken. Ihr Blick schweifte auf eines der Preisschilder, welches ihre Augen erstarren ließ: 55 Euro sollte allein der Rock kosten. Die Bluse – Gloria suchte nach dem Schildchen… 45 Euro! Das zog sie erst gar nicht an! Gloria stieß die Umkleidetür auf und ging auf Kirt zu. »Kannst du mir vielleicht mal verraten, wer das Zeug bezahlen soll?!« Sie wartete kurz ab und fuhr fort: »Ich werde den Krempel jedenfalls nicht klauen!«
Kirt schmunzelte, als er aufstand und sie wieder zurück zur Kabine bugsierte. »Ich hab´ doch gar nicht gesagt, dass du es klauen sollst, oder?« Sie funkelte ihn angriffslustig an. »Nee – du sagst ja auch nie etwas! Bei dir muss man mehr raten, als alles andere. Kannst du mir vielleicht mal erklären, warum ich den Quatsch überhaupt anziehen soll?« Er holte kurz Luft und betrachtete Gloria lächelnd. »Wenn du aussiehst wie von der Straße, wirst du auch so behandelt. Business-Style öffnet dir jede Tür… Vorausgesetzt du lächelst!« – Den Wink hatte Gloria verstanden, denn immerhin sah sie ihn gerade trotzig an.
Wie die Zeche bezahlt werden sollte, wusste sie nun trotzdem noch nicht. Gloria schloss die Kabinentür und begutachtete die Röcke und Blusen. Na super – keine einzige Hose hatte er herausgesucht; typisch! Röcke waren nicht so ihr Metier und als sie die erste Kombination angezogen hatte, betrachtete sie sich skeptisch im Spiegel. Gloria wurde unsicher und wollte es gerade wieder ausziehen, als sie Kirts Stimme hörte. »Komm´ aber zwischendurch raus, ja?« Sie blickte über die edle Holztür und erspähte ihn wartend auf einer Bank. Na klasse! Gloria ging den Gang zu Kirt entlang und schaute ihn trotzig an. Diese Klamotten wirkten an ihr wie ein Fremdkörper.
Er betrachtete sie. »Zieh´ mal das Nächste an.« Oh – Gloria schien überrascht. Sie hatte schon gemutmaßt, dass er sie dazu verdonnerte, den Scheiß in der Öffentlichkeit zu tragen! Schnell hatte sie die Klamotten wieder ausgezogen und überlegte, welche Bluse zu welchem Rock passte. – Der dunkelgraue mit dem dünnen, türkisfarbenen Streifen gefiel ihr am besten. »Welche Schuhgröße hast du eigentlich?« »38«, rief sie ihm zu und hörte wie Kirt mit einer Verkäuferin sprach. Gloria knöpfte die Bluse zu und musterte sich erneut im Spiegel, ehe sie vor die Kabine trat. Kirt betrachtete sie und stand auf.
»Dreh´ dich mal.« Aus seinem Blick konnte man – wie sonst auch – keinerlei Informationen lesen. Er war ihr einfach ein Rätsel. Dass Kirt sich mit schickem Styling auskannte, hätte sie nie erraten. Und dass er mit seiner gestrigen Überlebens-Hilfsbereitschaft ‹Einkaufen› meinte, erst recht nicht. Gloria drehte sich ein paar Mal um die eigene Achse, als die Verkäuferin mit drei Paar Schuhen um die Ecke schoss und Gloria musterte. Als die Frau ihr in die Augen sah, packte es Gloria mit einer unerklärlichen Wucht! Es war, als würden
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