Zerteufelter Vers (German Edition)
»Sag´ mir sofort, was du vorhast, sonst kannst du das Zeug gleich wieder zurückbringen!« Ihre Stimme klang entschlossen und ließ keinen Zweifel daran, dass sie es ernst meinte. Kirt hingegen schaute sie nur gelassen an. »Vertraust du mir nicht?« »Nein!« Gloria antwortete so schnell und hart, dass es fast schon beleidigend klang. Mit ernstem Blick hielt Kirt an ihren Augen fest. »Das ist gut!« Er machte eine kurze Pause. »Dann hast du ja schon mal was gelernt.« Jetzt zog sich wieder ein Grinsen über sein Gesicht. Er wollte gerade weitergehen, als Gloria ihn am Arm packte. »Das war nicht die Antwort auf meine Frage!«
Kirt legte den Kopf schief auf die Seite, wie er es schon so oft getan hatte und sah sie überschwänglich an. »Ich zeige dir, wie man mit der richtigen Etikette am richtigen Ort mit den richtigen Leuten ins Gespräch kommt.« Er hielt seinen Kopf wieder gerade. »Zufrieden?« Gloria tat es ein bisschen leid, dass sie ihn so angegangen war. Aber sie wollte schon genau wissen, was er vorhatte. »Und welches ist der richtige Ort?« Kirt schaute sie süffisant an, ehe er ihr antwortete. »Wir gehen schlicht und ergreifend ins Kino.« »Ins Kino? So ein Quatsch!« Verarschen konnte sie sich auch selbst. Seit wann ging man mit solchen Klamotten ins Kino?!
»Heute ist eine Filmpremiere. Du kannst es dir aussuchen – es ist ständig was los. Du musst nur immer dorthin, wo sich die Reichen treffen: Modeschauen, Golfturniere, Premieren… vollkommen egal!« Er sah sie an und blickte in Glorias überraschtes Gesicht. Dann lächelte er. Offensichtlich wollte er das Spielchen damit beenden. »Na komm´ schon, wir gehen was essen. Ich hab´ Hunger.« Sie liefen durch die Altstadt. Wieder einmal schien Glorias Kopf vollgepfropft mit abertausenden Gedanken. Denn was vorhin beim Anblick der Verkäuferin geschehen war, ließ ihr einfach keine Ruhe. Sie überquerten den Burgplatz und schlenderten am Rhein entlang.
Kirt steuerte gezielt eines der Restaurants an. Es war ziemlich voll. Die Gastronomie am Rhein wurde von den Touristen immer als erstes gestürmt, wenn es auf die Mittagszeit zuging. Kirt führte Gloria zu einem freien Tisch. Mit perfektem Blick zum Rhein ließ sie ihre Einkaufstüte auf den Boden gleiten und setzte sich. Wie gebannt wartete sie darauf, dass ein Kellner ihre Getränke aufnahm, denn dann würde man ihr in die Augen sehen müssen! Kirt stöberte in der Speisekarte und hatte offenbar schnell eine Entscheidung getroffen. »Weißt du schon, was du essen möchtest?« Gloria schüttelte den Kopf und studierte die Mittagskarte. Ein Schnitzel wäre mal eine gute Abwechslung…
»Haben Sie schon gewählt?« Eine Kellnerin schaute Kirt fragend an, der mit einer Handbewegung an Gloria verwies. Gloria blickte dem Mädchen voller Spannung in die Augen, doch es tat sich nichts… »Weißt du, was du möchtest oder soll ich später noch mal wiederkommen?« Verdutzt bestellte Gloria nur ein Wasser und Kirt gab eine Cola auf, ehe die Kellnerin kehrtmachte und sie verließ. Kirt beugte sich über den Tisch zu Gloria. »Warum starrst du die Leute immer so an? Kannst du das mal lassen?!« Gloria schaute betreten auf die Speisekarte. »Schon gut, kommt nicht wieder vor.« Sie entschied sich schließlich für das Zigeunerschnitzel mit Pommes und Salat – ein typisch deutsches Essen. Gloria schmunzelte in sich hinein und dachte an ihren Vater: Er aß meistens Schnitzel, wenn sie Essen gingen. Sie durfte auf keinen Fall vergessen, sich heute Abend wieder bei ihm zu melden. Das hatte Gloria ihm immerhin versprochen.
Als die Bedienung die Getränke brachte, bestellten sie und unterhielten sich über den kommenden Abend. Gloria war noch nie auf einer Filmpremiere gewesen und wusste nicht, was sie erwartete. »Im Grunde genommen stellen der Regisseur und die Schauspieler nur ihren Film vor. Ich weiß noch nicht, wer alles dabei sein wird – vielleicht kommen auch die Produzenten und der Drehbuchautor… Mal sehen.« Gloria war gespannt und musterte Kirt in aller Ruhe. Seine blonden Haare wirkten wild durcheinandergestylt. Er sah ein bisschen punkig aus – wie die Leute im Stone… Dabei fiel ihr wieder der Abend ein, an dem sie abgezockt wurde. Augenblicklich verschwand das Lächeln aus ihrem Gesicht, was Kirt nicht entging. »Was ist?«
Er besaß eine neckende Art und Gloria fragte sich wieder, warum Kirt sich ihrer überhaupt annahm. Es gab keinen Grund! Oder hatte er ein schlechtes Gewissen?
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