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Zerteufelter Vers (German Edition)

Zerteufelter Vers (German Edition)

Titel: Zerteufelter Vers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daria Verner
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dass der Regen nachließ. Sie fragte sich immer wieder, was Kirt jetzt wohl tat und wo er steckte. Morgen würden sie sich wiedersehen! Gloria dachte darüber nach, dass sie sich vorgenommen hatte, vier Wochen in Düsseldorf zu bleiben. – Im Prinzip ein gutes Richtmaß. Doch was sollte erst werden, wenn sie tatsächlich wieder nach Weimar fuhr? Gloria würde Kirt wohl nie wieder sehen.
    Irgendwann wurde es dunkel und irgendwann ging auch dieser Tag zu Ende… irgendwann schlief sie ein.
     

10 Der jüngste Tag
    Am nächsten Morgen erwachte Gloria mit dem einzig wichtigen Gedanken, dass Kirt heute wieder zu ihr kommen würde. In Herrgottsfrühe lief sie zur Stadtbibliothek, um sich dort auf dem Damen-WC die Haare zu waschen. Sie beeilte sich, um schnell wieder am Baumhaus zu sein und als Gloria um die Ecke bog, erspähte sie ihn: Kirt saß im Schneidersitz auf dem Rasen und drehte sich zu ihr um. Gloria ging ihm freudestrahlend entgegen.
    »Hallo!« Sie grinste ihn an, als er aufstand und sich vor sie stellte. »Hey…« Er lächelte und schaute ihr in die Augen. Gloria ging einen Schritt auf ihn zu, um ihn zu umarmen, doch diese Geste der Begrüßung fiel seinerseits knapp aus. Kirt wirkte für seine Verhältnisse fast schon verkrampft. »Ist irgendwas mit dir?« Sein Blick wurde ernst. Gloria schaute ihn irritiert an. »Was hast du denn?« Kirt legte den Kopf auf die Seite und suchte nach den richtigen Worten. Augenblicklich fuhr es Gloria bitterböse in den Magen. Wenn er schon seine Wortwahl überdachte, konnte es nichts Gutes sein…
    »Ich wollte mich von dir verabschieden.« Glorias Herz zog sich zusammen. Sie starrte ihn an und wusste keine Antwort. »Ähm… Und darf ich vielleicht auch den Grund erfahren?« Kirt schüttelte den Kopf, als er antwortete: »Es ist nicht wegen dir. Ich erwähnte doch bereits, quer durch Deutschland zu ziehen. Ich hatte nie vor, lange in Düsseldorf zu bleiben.« Gloria sah ihn fassungslos an. »Und warum hast du mich dann nicht ganz in Ruhe gelassen? – Wenn du eh wusstest, dass du weggehst?« In Gloria stieg Wut und Traurigkeit empor.
    »Du warst mir aufgefallen und ich dachte, dass du Hilfe gebrauchen könntest. Das ist alles.« Das war alles? Gloria starrte ihn an und wusste nicht, was sie dazu sagen sollte. Hatte sie sich das ganze nur eingebildet? – Dass er sie auch mochte; dass er ihre Hand genommen hatte beim Motorradfahren… »Und wo geht´s hin, wenn man fragen darf?« »Ich will nach Amsterdam.« »Das ist aber nicht mehr Deutschland!« Kirt zog die Augenbrauen hoch. »Aber näher als Berlin oder München!« Er schaute ihr abwartend in die Augen, doch Gloria wusste einfach nicht, was sie davon halten sollte. »Tja, schade.«
    Sie schaute traurig zur Seite. »Hättest du mir das nicht mal vorher sagen können?!« »Ich hatte es schon lange vor, aber gestern haben sich ein paar Sachen ergeben, dass ich mich eben jetzt schon losmache.« Er betrachtete Gloria. »Tut mir leid.« Kirt ging auf sie zu. Gloria wollte nicht, dass er sie ansah – er hätte die Traurigkeit in ihren Augen gesehen. Doch er nahm sie in seine Arme und Gloria spürte die Wärme, die von ihm ausging. Es fühlte sich nach Abschied an und sie spürte schon jetzt die Sehnsucht nach ihm; obwohl er noch gar nicht fort war. »Wann gehst du denn?« »In den nächsten paar Tagen. Aber ich wollte mich jetzt schon verabschieden.« Gloria schmiegte sich ein letztes Mal an ihn, bevor er seine Arme sinken ließ und sie auseinandertraten. Kirt schwieg. Was war das für ein blödes Szenario?
    Nachdem er nichts mehr zu sagen wusste und Gloria ebenfalls wortlos vor ihm stand, rieb Kirt ihr kurz an der Schulter und verabschiedete sich mit einem knappen »Mach´s gut.« In Glorias Innerem tat sich eine plötzliche Leere auf. Er drehte sich sogar noch einmal um und hob kurz die Hand – ehe er hinter einer Ecke verschwand. Gloria stand wie festgewachsen auf ein und demselben Fleck. So wie er in ihr Leben getreten war, so ging er auch – kurz und knapp, ohne große Worte.
    Gloria kletterte in ihr Baumhaus – Sehnsucht durchflutete ihr Herz und sie konnte sich keinen Reim darauf machen, warum Kirt ging. Wahrscheinlich hatte auch er gemerkt, welche Richtung es mit ihnen nahm und im Gegensatz zu ihr, fühlte er einfach anders. Gloria stellte sich vor, wie freiheitsliebend Kirt mit seinem Motorrad durch halb Europa fuhr. – Das passte zu ihm. Wahrscheinlich genoss er es, die ganze Welt auf diese Weise zu erkunden.

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