Zerteufelter Vers (German Edition)
nicht um sie sorgen.«
Rommerz stand erschrocken auf und starrte Gloria missmutig an. Gloria versuchte, sich aufzurichten und brauchte einen Moment, um das Gleichgewicht zu finden. Sie funkelte Rommerz überlegen an. »Haben Sie Angst?« Rommerz antwortete nicht. Stattdessen sah er ihr nur entgeistert in die Augen! »Das müssen sie nicht.« Er tat ihr leid, aber Gloria wollte sich ihre Überlegenheit nicht nehmen lassen. »Ihre Tochter wohnt in den Staaten, nicht wahr?« »Was soll das?! Woher wissen Sie das?« Gloria grinste. Seltsam – plötzlich siezte er sie – als wollte er den Abstand zwischen ihnen vergrößern. »Sie sind traurig, dass sie keinen nennenswerten Kontakt zu ihr haben.« Gloria wartete ab. »Wollen Sie wissen, was sie über sie denkt?«
Rommerz trat einen Schritt zurück. »Was soll das?« »Sie denkt, dass Sie ihr nichts zutrauen und deswegen wollte sie ihr eigenes Leben leben. Sie wollte weg von ihnen. Nie hatten Sie Mareike gelobt, nie hatte sie Ihnen etwas Recht machen können.« »Das ist nicht wahr!« »Ach so?« Gloria sah ihn prüfend an. Sie konnte sich gut vorstellen, wie gruselig sie für ihn wirken musste. »Möchten Sie von mir wissen, was sich Ihre Tochter insgeheim wünscht?« Rommerz antwortete nicht.
»Ich bin keine böse Hexe.« Gloria war sich ihrer Wirkung bewusst. Schockiert sah er ihr in die Augen. »Sie wünscht sich im Grunde genommen, dass Sie zu ihr hinfahren.« Rommerz schluckte und musterte Gloria. »Woher wollen Sie das wissen?« Seine Tonlage spiegelte Entrüstung und gleichermaßen Furcht wieder! »Glauben Sie an Geister?« Rommerz wirkte geschockt und antwortete nicht, so dass erneut Gloria das Wort ergriff. » Ich glaube nicht an Geister.« Sie lächelte ihn an. »Aber ich weiß nicht, ob es welche gibt oder nicht.« Sie zuckte mit den Schultern. »Da muss ich leider passen.« Gloria lächelte Herrn Rommerz warm an und winkte ihn zu sich. »Wollen Sie sich nicht wieder setzen? Ich tue Ihnen nichts.« Das klang äußerst seltsam, aber es tat ganz offensichtlich Not, es ihm zu sagen.
»Woher wissen Sie das alles?« »Warum siezen Sie mich plötzlich?« »Soll ich das nicht?« Er wirkte extrem angespannt und Gloria versuchte mit einer gewissen Unbekümmertheit, ihm diese Anspannung zu nehmen. Sie lächelte ihn wieder an, als sie merkte, wie ihr der Kopf plötzlich wehtat. »Ich habe immer noch ziemliche Kopfschmerzen.« Er musterte sie und wusste nicht, wie er reagieren sollte. »Schauen Sie mich nicht so an. Jetzt wissen Sie, warum ich meinem Vater nicht in die Augen sehen möchte!« Rommerz starrte Gloria konfus an und schwieg. »Was haben Sie jetzt mit mir vor?« Sie fürchtete, dass er sie tatsächlich in eine geschlossene Anstalt steckte.
Rommerz schaute irritiert drein: »Wenn Sie… du es nicht weißt? Ich weiß es jedenfalls nicht.« Gloria lächelte. Sie dachte an das Buch und fragte sich, was es ihr entgegenschmettern würde – jetzt, wo sie ihr Wissen verraten hatte. Rommerz sammelte sich und lächelte Gloria zaghaft an. Es schien, als wollte er austesten, ob er etwas zu befürchten hatte. »Was haben Sie?« Er fuhr sich durch die Haare. »Ich weiß nicht, was ich sagen soll.« Gloria schmunzelte. »Sie sind der einzige, der davon weiß.« Rommerz war ganz offenbar immer noch geschockt. »Und er?« Er deutete mit einer Kopfbewegung zur Tür, hinter der sicherlich Kirt saß. Gloria blickte wieder zu Rommerz. »Nein.«
Rommerz rieb sich mit den Händen durchs Gesicht. »Das ist nur ein Trick, oder?« Er lachte unsicher. »Ein ziemlich mieser sogar.« Gloria wurde wieder ernst. »Dann fragen Sie mich etwas!« Die Zeit schien stillzustehen und Gloria taxierte ihn. »Ich weiß aber nicht alles! Manches bleibt mir aus irgendeinem Grund verborgen.« Rommerz schüttelte kaum merklich den Kopf. Es dauerte eine Ewigkeit, bis er endlich wieder etwas sagte. Er hatte nachgedacht und war anscheinend zu einer guten Frage gekommen. »Welche Farbe besaß das Kleid, das meine Frau trug, als ich sie kennen lernte?« Das war eine sehr gute Frage. Nichts und niemand hätte im Vorfeld diese Antwort recherchieren können.
Ehe Gloria auch nur versuchte, erneut in seinen Geist einzudringen, kannte sie bereits die Antwort. Es erwies sich als leicht, denn Rommerz hatte das Bild fortwährend vor Augen. Gloria lächelte ihn an. »Es war ein schöner Tag, nicht wahr? – Mitten im Sommer. Ihr Nachbar hatte gerade den Rasen gemäht, als ein Freund von Ihnen vorbeikam.«
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