Zerteufelter Vers (German Edition)
er vor einem Jugendlichen keine Angst gehabt – noch dazu einem Mädchen. Doch als Gloria es sagte, lief ihm ein kalter Schauer über den Rücken. »Mit was willst du mir drohen!?« Er funkelte sie böse an. Gloria nahm ihre Kräfte zusammen, um sich aufzurichten. Ihr Blick wirkte finster und ihre Miene hart. »Ich kann Ihnen auch Dinge über Sie erzählen, die dunkel und bitter sind! – Dinge, von denen noch nicht einmal Sie etwas ahnen!« Gloria wurde böse und ihre Augen funkelten. Zwar hatte sie nichts gegen ihn in der Hand, aber das wusste er ja nicht. Und wer weiß – vielleicht würde sie auch sein Todesdatum herausbekommen, wenn sie das Buch darum bat.
»Und was soll das sein?« Sie beugte sich zu ihm vor. »Mit so einer Frage würde ich an Ihrer Stelle nicht so leichtfertig umgehen. Das Schlimmste ist gar nicht das, was ich Ihnen erzählen könnte…« Gloria war ihm überlegen und das spürte auch er. »Das Schlimmste ist das Wissen darum!« Sie schwieg und er sah sie atemlos an, als Gloria die Stille unterbrach und mit leiser, aber eindringlicher Stimme fortfuhr: »Wenn das Wissen um Ihre Tochter sich im Kreis dreht… Wenn Ihnen Ihre tote Frau im Traum begegnet…« Gloria sah ihm finster in die Augen. Sie war gespenstisch und betonte jedes einzelne Wort: »Und wenn das Wissen um Ihren eigenen Tod Sie zerquetscht… und Ihnen die Luft abdrückt!« Rommerz starrte ihr aufgelöst in die Augen. Wieder jagte ihm ein eiskalter Schauer über den Rücken.
Ihre Augenpaare ließen nicht voneinander ab. Glorias Macht lag offenkundig in diesem sonst so stupiden Behandlungszimmer. Die Magie, die von ihrem Blick ausging, erdrückte ihn. Rommerz schwieg. Er wusste nichts zu sagen und starrte Gloria fortwährend an.
»Die Realität holt Sie ein… und die Wahrheit hat kein Erbarmen!« Rommerz trat einen Schritt zurück. »Was willst du von mir?!« Gloria nickte kaum merklich und ließ sich mit ihrer Antwort Zeit. »Dass Sie mir helfen!« »Und was dann? – Mit was drohst du mir als nächstes?« Sie schüttelte langsam ihren Kopf. »Sie haben einen ehrlichen Charakter. Wenn Sie mich behandeln und mich weder an die Polizei, noch an meinen Vater verraten, wünsche ich Ihnen von ganzem Herzen, dass Sie nie das Wissen erlangen werden, das mir zuteil wurde.« Gloria war von ihrer Art zu reden selbst überrascht und fragte sich, ob es in diesem Raum mit rechten Dingen zuging. Niemals hätte sie sich selbst zugetraut, eine solche Macht über einen anderen Menschen auszuüben. Rommerz schaute sie ernst an und atmete tief ein.
Die Luft war zum Spalten und Gloria musste sich konzentrieren, bei der Stange zu bleiben. Ihr Kopf drohte, fast zu platzen und ihr ganzer Körper schrie danach, sich ausruhen zu dürfen. Rommerz sah sie eine halbe Ewigkeit einfach nur an. Kein Mienenspiel; rein gar nichts.
Abrupt drückte seine Hand plötzlich die Türklinke neben sich hinunter, ehe er vor die Tür trat und mit Kirt zusammen zurückkehrte. Kirt war von der Stimmung, die in diesem Raum herrschte, überrascht. Auch er spürte, dass dem Hier und Jetzt etwas vorausgegangen war. Sie schwiegen und Gloria fragte sich, was in Rommerz vorging. Denn wann immer er den Augenkontakt zu ihr abbrach, war sie nicht im Stande, etwas von ihm aufzuschnappen. Er schenkte Gloria keinen einzigen Blick mehr und konzentrierte sich ausschließlich auf Kirt. Rommerz´ schlechte Stimmung war nicht zu übersehen – und nicht zu überhören, als er das Wort an Kirt richtete:
»Sie werden die nächsten drei Wochen auf sie achtgeben! Sorgen Sie dafür, dass sie nicht unnütz aufsteht. Ich will, dass Sie sie einmal die Woche zu mir bringen!« Rommerz setzte sich vor einen PC und drehte damit Kirt und Gloria den Rücken zu. Gloria sah Kirts verwunderten Blick. Er hatte die Augenbrauen zusammengezogen und schaute abwechselnd von Gloria zu Rommerz.
»Äh… Es tut mir wirklich leid, aber das geht nicht.« Rommerz reagierte nicht auf Kirt und druckte gleich mehrere Rezepte aus. Wieder sah Kirt zu Gloria – nur dieses Mal stand ihm seine Verärgerung ins Gesicht geschrieben. Kirt holte gerade Luft, um fortzufahren, als sich Rommerz zu ihm umdrehte und ihm das Wort abschnitt: »Sie werden sie nicht aus den Augen lassen!« »Ach, ja?« Mit diesem Ausgang des Gespräches hatte Gloria nicht gerechnet. Kirt schaute zu Rommerz. »Es tut mir wirklich leid, aber ich bin heute Abend schon nicht mehr in Düsseldorf.« Was er sagte, beeindruckte den Arzt nicht im Geringsten.
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