Zerwüteter Pakt (German Edition)
in die Menge: »Die Zeremonie ist besiegelt. Lasst uns feiern!« Als hätte jemand einen Schalter betätigt, sprangen plötzlich sämtliche Hexen und Teufelsgefährte freudig auf, schoben die Bänke beiseite und stürmten auf die Bühne. Gloria wich panisch zurück, doch von den anderen Seiten drang man ebenso auf die Erhöhung. Arsenjo legte väterlich den Arm um sie und lachte. »Gemach!« Glorias Augen wanderten zu Arsenjos Gesicht. Er grinste… Wie in Zeitlupe brannte sich genau dieser Gesichtsausdruck in Glorias Kopf ein, als er sie losließ… sich umdrehte und zwischen den heranstürmenden Teufelsdienern verschwand. Gloria wusste gar nicht, wie ihr geschah. Sie kam sich derart fehl am Platz vor, dass sie hilflos in der Bühnenmitte stehen blieb; etliche Arme legten sich um sie.
Musik erklang, das Licht verfinsterte sich und die steinerne Erhöhung wurde zur Tanzfläche. Gloria blickte in die verschiedenen Gesichter: Junge und Alte jeglicher Rasse oder Nationalität. Männer wie Frauen schüttelten ihr die Hand… bis irgendwann ein Gesicht vor ihr aufkreuzte, das sie kannte: Melina! Rasch griff diese nach Glorias Hand und führte sie fort von der Bühne ins Abseits. Melina flüchtete mit ihr durch eine kleine Tür. Hier war es dunkler als in der großen Halle und als Melina hinter ihnen die Tür schloss, verebbte die Lautstärke der Musik zu einem gedämpften Geräusch. Besorgt schaute Melina Gloria an.
»Geht´s dir wieder besser? Du bist ja total weggetreten!« Gloria ließ für einen kurzen Augenblick Revue passieren, was sich zugetragen hatte und lehnte sich an die Wand. »Willst du was trinken?« Gloria nickte zögerlich. Sie musste erst einmal registrieren, dass sie offensichtlich von allen Hexen und Teufelsgefährten gekannt wurde. – Die Liebe zu Kirt war scheinbar kein Geheimnis und jeder wollte Arsenjos Trophäe kennen lernen. Genau das war sie: Der leibhaftige Sieg gegen die Engel, gegen Thorgret und Atume. – Ein gelungener Schachzug, der ab sofort von allen Hexen und Teufelsgefährten kritisch beäugt wurde. Das erschien schlimmer als die besten Paparazzi.
Melina eilte mit zwei Getränken zu ihr zurück. »Was ist das?« »Wasser!« Gloria nahm das Glas entgegen und trank. Die Erfrischung tat gut. Erst jetzt bemerkte sie, wie trocken ihr Hals war. Melina blickte sie sorgenvoll an. »Was war denn plötzlich mit dir los?« Gloria wirkte noch immer in sich gekehrt. Sie wusste selbst nicht, wie ihr geschah. »Trink´ erst mal. Ich hole uns gleich was richtig Leckeres.« Melina verschwand wieder durch die Tür, die halb offen stehen blieb.
Glorias Blick wanderte in die dunkle Halle, in der Tausende von Teufelsdienern schrien und jubelten. Altertümliche Musik schallte durch die Mauern. Die Hexen tanzten, während sich die Teufelsgefährten um die Getränke scharrten. – Diese Rollenverteilung war in der menschlichen Welt nicht anders. Was hätte Gloria nur dafür gegeben, jetzt mit Kamilla und ihrem Vater einen langweiligen Abend zu verbringen! Erschrocken fuhr Gloria herum, als plötzlich ihr Name hinter ihrem Rücken fiel. Zwei Männer grinsten sie an und schritten auf Gloria zu. »Na, kleines Engelchen… Jetzt lernst du erst mal das echte Leben kennen!«
Sie lachten und gingen an ihr vorüber. Gloria schaute ihnen nach. Sie trat ein paar Schritte durch die Halle, als sie immer wieder Sprüche und Ratschläge zu hören bekam: Engel wären Missgeburten… Sie sollte sich schleunigst betrinken… »Sei froh und stolz!« Gloria blickte in das Gesicht einer alten Frau. Sie wirkte tatsächlich wie die gemeine Hexe aus dem Märchenbuch. Augenblicklich fragte sich Gloria, ob die Geschichte von Hänsel und Gretel überhaupt eine erfundene Story war… Falls nicht, wusste sie eines mittlerweile einzuschätzen: Die wahre Hexe bei Hänsel und Gretel musste die böse Stiefmutter gewesen sein, die den Vater beschwor, die Kinder fortzuschicken.
Melina kam zurück und hielt zwei bunte Vasen in der Hand. »Was ist das denn?« Erst beim genaueren Hinsehen registrierte Gloria, dass diese Vase ein altertümlicher Krug war – lang gestreckt mit Cocktail-Schirmchen und glitzerndem Zuckerrand. »Das ist ein roter Witchhunter.« Gloria zog die Augenbrauen hoch. »Ein was?« »Probier´ mal!« Gloria nahm den Strohhalm in den Mund und testete den Cocktail. Er schmeckte wirklich gut, doch der Alkoholgehalt war sicher hoch. »Was ist da drin?« Melina lachte. »Jetzt können wir das erst Mal so richtig feiern!«
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