Zerwüteter Pakt (German Edition)
Steintafeln gleiten. »Es heißt, dass all jene Wesen einen Platz an diesem Ort finden, deren Leben sich irgendwann auf Messers Schneide befand … befindet … oder erst noch befinden wird . Ein einschneidender Richtungswechsel oder die Entscheidung, das Leben vollkommen neu beginnen zu wollen, sind die häufigste Basis einer Prophezeiung.« Kirt schaute Atume noch immer fragend an. Dieser Ort, seine Bedeutung und vor allem sein Nutzen waren Kirt bislang gänzlich verborgen geblieben. »Atume… sei mir nicht böse, aber ich verstehe nicht den Sinn dieser Steintafeln.« Aufmerksam hörte er zu, als Atume zu erklären begann:
»An diesem Ort ruhen seit Beginn allen Lebens Prophezeiungen über die verschiedensten Wesen – egal ob zwischenirdische oder nicht. Manche Prophezeiungen sind Hunderte von Jahren alt. Andere schrieben sich jüngst und bildeten sich auf diesen Steinen.« Atumes Hand verwies auf die unzähligen Tafeln, die kreuz und quer aus der Erde sprossen. Es wirkte gruselig, denn kein einziges Geräusch war zu hören. Dunkelheit und Stille behüteten das Geheimnis, von dem Atume Kirt erzählte.
»Die Zukunft eines Menschen kann hier genauso in Stein gemeißelt stehen wie die einer Seele oder zum Beispiel auch die eines Teufelswesens.« Sie schmunzelte, ehe sie fortfuhr: »Gewiss ist die Anzahl beschränkt. Nicht für jedes Wesen der Welten existiert eine Prophezeiung. Die Natur lässt sich nicht vorschreiben, wem sie einen Wink der Zukunft preisgibt. Und natürlich ist es nicht einfach herauszufinden, welche Weissagung die passende ist.« Atume deutete auf einen der Texte, der auf der dunklen Steintafel zu erkennen war. »Ich bin gerne hier und studiere all die Chancen, die auf jene Wesen warten.«
Fragend schaute Kirt sie an. »Ich dachte, die Zukunft bestimmen wir selbst.« »Das stimmt auch. Die Prophezeiungen, die du hier findest, sind stets nur eine von vielen Richtungen, die ein Wesen einschlagen kann. Das muss jedoch noch lange nicht heißen, dass sich jede dieser Weissagungen bewahrheitet. Womit wir bei dem Sinn dieses Ortes angelangt sind…« Sie lächelte geheimnisvoll. Kirt wagte es nicht, etwas zu sagen und so erklang erneut Atumes Stimme in der Stille.
»Es existieren drei Weisheiten über all die Prophezeiungen, die du hier findest.« Atume schritt von Tafel zu Tafel. Anmutig und weise schweifte ihr Blick über die verwilderten Inschriften. »Eine Prophezeiung, solltest du wissen… kann sich nur dann in ihrem wahren Kern entfalten, wenn man an die Person glaubt, die sie betrifft.« »An die Person oder daran, was die Prophezeiung aussagt?« »Das läuft auf dasselbe hinaus.« Skeptisch schaute Kirt Atume an. »Warum?« Atume schmunzelte.
»Wenn du der Person, die von der Weissagung betroffen ist, vertraust und ihr… zutraust , dass sie stark genug ist, die Prophezeiung zu erfüllen, dann erst kann es glücken.« Atume lächelte und ergänzte: »All die Weisheiten, die du hier findest, wurden einst vom Leben geschrieben. Die einen erfüllten sich, andere warten noch auf ihren Zeitpunkt… Wieder andere werden wohl nie Beachtung finden und gänzlich ihre Bedeutung verlieren.«
Kirt schaute Atume fragend an, doch er wagte es nicht, sie zu unterbrechen, so dass sie unbeirrt fortfuhr: »Wie gesagt… Die erste Weisheit kennst du nun: Nur wenn eine Person an jenes Wesen, das die Prophezeiung betrifft, wahrhaft glaubt… kann sich bewahrheiten, was sie aussagt.« Atume blieb plötzlich an einer der Tafeln stehen und kniete nieder. Ihre Finger strichen über den kalten Stein. »Weißt du, was das hier ist?« Kirt setzte sich dicht neben Atume und versuchte, die Schrift im Dunkeln zu entziffern, die sich auf der alten Tafel befand. Er musste nicht lange rätseln… Bereits der Titel gab Rückschluss darauf, welche Besonderheit dieser Stein innehatte und Kirt begann zu lesen:
»Einst fiel ein Engel hinab in die Tiefen der Meere…« Atumes Augen wanderten zu Kirt. »Weißt du, wem diese Prophezeiung vermacht wurde?« Ein kaum merkliches Nicken bildete Kirts Antwort. »Mir.« »Richtig!« Atume ließ einige Sekunden verstreichen. »Lies die letzte Zeile.« Kirts Blick wanderte den Text entlang und er begann von neuem vorzulesen: »Gefangen in seiner eigenen Schmach begrub er sein ewiges Geheimnis zum Schutze derer, die wahrhaft selbstlos sind.« Ein Lächeln bildete sich auf Atumes Lippen. »Ahnst du, wem du die Bewahrheitung dieser letzten Zeile verdankst?« Irritiert blickte Kirt sie an.
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