Zerwüteter Pakt (German Edition)
Atumes Augen ruhten sanft auf seinen, als er den Kopf schüttelte.
»Gloria?« »Nun ja… Ich sagte doch, dass man auf eine Person hoffen muss, die an einen glaubt. In deinem Fall… dass du einst wahrhaft selbstlos handeln würdest. Gloria hatte zu jenem Zeitpunkt nicht einmal einen Schimmer von der zwischenirdischen Welt. Nein… Es war jemand anderes, der den Glauben an dich nie verlor!« Kirt starrte Atume an, als ihm plötzlich bewusst wurde, um wen es ging. »Maribell!« »Ja, richtig.« Atume lächelte. »Sie hat nie aufgehört, dir zu vertrauen.«
Tiefe Dankbarkeit breitete sich in Kirt für seine Großmutter aus. »Hat Maribell nach dieser Prophezeiung gesucht?« Atume nickte. »Ja… Ich bin mir sehr sicher.« Kirt dachte kurz nach. »Und was wäre geschehen, wenn sie diese nicht gefunden hätte?« Nun wurde Atume wieder ernst. »Das… steht in den Sternen.« Sie schaute Kirt nachdenklich an. »Ich weiß es nicht.« Atume hielt inne, ehe sie fortfuhr: »Wer kann schon sagen, wie das Leben spielt? Es sind unsere Entscheidungen, die es lenken. Und es sind die Wesen, die dafür kämpfen.«
Kirt zog die Stirn in Falten. »Atume?« Zögerlich suchte Kirt nach den richtigen Worten. »Sind diese Prophezeiungen… eine Art Schicksal?« Wieder umspielte Atumes Lippen ein Lächeln. »Was verbirgt sich schon hinter diesem Wort?« Sie stand plötzlich auf und Kirt tat es ihr nach. »Wir nehmen unser Leben selbst in die Hand. Du musst wissen… Nichts und niemand bestimmt, was in der Zukunft geschehen wird. Wir selbst leben und lenken, treffen die Entscheidungen, die sich bald schon in der Gegenwart zeigen. Aber du hast Recht… Diese Prophezeiungen geben den Hauch einer Zukunft preis, die es möglich ist, zu erreichen. Sie kennzeichnen den wichtigsten Augenblick jenes Lebens, das von ihr betroffen ist. Und was wären wir schon ohne den Glauben an uns selbst? Das ist der Sinn dieser Tafeln. Sie weisen uns die Richtung, für die es sich lohnt zu kämpfen. Und wenn wir es mit ganzem Herzen tun, dürfen wir auf die Erfüllung hoffen.«
Atume und Kirt gingen an der Steintafel vorüber und schritten über die in Dunkelheit gehüllte Wiese. »Du sagtest, es existieren drei Weisheiten. Was ist mit den anderen beiden?« Nickend schritt Atume voran und antwortete:
»Jede Prophezeiung, so heißt es… besteht aus dem Handeln zweier Gegenspieler.« Irritiert schaute Kirt sie an. »Wie ist das zu verstehen?« »Von welchen Personen ist in deiner Prophezeiung die Rede?« Kirt dachte nach. Es ging um ihn – so viel war klar… Doch ehe Kirt einem weiteren Gedanken nachhängen konnte, ergriff Atume bereits das Wort: »Es ist nicht immer gewiss, wer oder was der endgültige Inhalt der Prophezeiung sein wird. Aber du wirst nie erleben, dass zur Erfüllung nur eine einzige Person im Spiel ist. Denn erst eine weitere Kreatur – vielleicht sogar ein Fremder – sorgt dafür, dass wir umdenken… das Leben anders wahrnehmen… unsere Entscheidungen überdenken… einen anderen Kurs einschlagen.«
Sie hielt inne und ergänzte: »Wie einfältig das Leben doch wäre, würden wir uns nicht gegenseitig erhellen.« »Meinst du etwas Bestimmtes damit?« Atume blieb stehen und schaute Kirt eindringlich an.
»Gloria! Sie allein ließ dich innehalten und nachdenken. Über das Leben… und den Tod! Nur an ihr konntest du wachsen. Hätte es Gloria nicht gegeben, so wärest du niemals zu der Erkenntnis gekommen, wie wertvoll und einzigartig das Leben ist.« Ihre Gesichtszüge wurden ernst. »Erst als du im Begriff warst, zu verlieren, was dir lieb war… erkanntest du den Schmerz aller Wesen und Kreaturen, für die du als Erzengel Fürsorge trägst.« Kirt schaute peinlich berührt zu Boden. Atume hatte Recht. Als wahrer Erzengel hätte er allerdings von allein und vor allem früher zu dieser Erkenntnis kommen müssen.
Sie gingen weiter und schritten an Dutzenden von Steintafeln vorüber. Schließlich war es erneut Atume, die den Faden aufnahm: »Es sind also meistens zwei Personen, die sich in jeder Prophezeiung ergänzen oder auch… ausstechen!« Überrascht schaute Kirt Atume an. »Ausstechen?« »Der Wendepunkt im Leben… ist nicht immer geprägt von Liebe, so wie es bei dir mit Gloria war.« Kirt sah Atume aufmerksam an. »Du meinst, es geht um Sieg oder Niederlage?« Kopfschüttelnd strich Atume mit der Hand über einen hohen Stein. »So würde ich es nicht formulieren. Doch… Was des einen Freud, das des anderen Leid, nicht
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