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Zerwüteter Pakt (German Edition)

Zerwüteter Pakt (German Edition)

Titel: Zerwüteter Pakt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daria Verner
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sie. »Was möchtest du wissen?« Gloria schaute den Pfarrer selbstbewusst an. »Ich frage mich, wie der Tod aussieht, wenn er nach jemandem greift!« Gloria fühlte sich bei ihren eigenen Worten gespenstig. Es war schon spät. Draußen konnte man nichts als Dunkelheit erkennen und mit einem Mal kam Gloria der Gedanke, mit dem Pfarrer möglicherweise nicht allein in diesem Raum zu sein…
    Schnell drängte sie dieses Gefühl beiseite und konzentrierte sich wieder auf das Gespräch. Herr Bräuner kniff die Augenbrauen zusammen. »Worauf willst du hinaus?« Gloria spürte einen Kloß in ihrem Hals. »Haben Sie schon oft einen Menschen sterben sehen?« Die Ernsthaftigkeit in dem Gesicht des Pfarrers jagte Gloria eine Gänsehaut über den Rücken.
    »Ich bin Pfarrer.« Er legte die Stirn in Falten und sprach weiter: »Es ist ein Unterschied, ob man dies nur als Beruf… oder aus Berufung ist! Und ja… Natürlich habe ich auch schon gesehen, wie der Tod in die Augen eines Menschen tritt.« Gloria nickte kaum merklich. »Warum fragst du mich das?« Sie schaute dem Pfarrer wieder in die Augen, während ihre Fingerkuppen über die kalte Oberfläche ihres Trinkglases glitten. »Ich wollte nur fragen, wie das ist.« »Wie das ist? « Herr Bräuner wirkte skeptisch und stellte augenblicklich klar: »Nicht schön!«
    Sein Blick taxierte Glorias und wirkte kühl. »Warum bist du heute Abend zu mir gekommen?« Als stünde das Gespräch auf Messers Schneide, fühlte Gloria Hilflosigkeit in sich aufflammen. »Wissen Sie… Es war keine spontane Idee, ein Praktikum bei Ihnen zu absolvieren. Der Eindruck, den ich gehofft hatte zu erhalten, war mir wichtiger, als Sie denken.« Überrascht von Glorias plötzlicher Kehrtwendung durchbohrte er sie mit seinem Blick und wartete darauf, dass sie fortfuhr.
    »Ich mache mir ernsthaft Gedanken, nach meinem Abitur Theologie zu studieren.« Der Pfarrer schaute sie überrascht an und schien zu überlegen, ob er Gloria diesen plötzlichen Themenwechsel glauben durfte. »Und der Eindruck während deines Praktikums hat dir nicht gereicht…?« Sie nickte unsicher. »Der Tod meiner Mutter kostet mich noch immer viel Kraft. Wenn ich es jetzt nicht schaffe, einem Menschen bei seinem Tod beizustehen, habe ich nicht den Mut, dieses Studium überhaupt anzufangen. Deswegen frage ich Sie jetzt ganz direkt: Würden Sie mich mitnehmen zu einer letzten Ölung?«
    Selbstbewusst durchbohrte Glorias Blick den des Pfarrers, den sie mit der Flanke auf den Tod ihrer Mutter offenbar überrumpelt hatte. Gloria selbst fühlte sich schlecht dabei, ausgerechnet ihre Mum in eine so dreiste Lüge einzubauen. Herr Bräuner schwieg, also fügte Gloria noch hinzu: »Bitte denken Sie nicht, dass mir etwas daran gelegen ist, einem Menschen beim Streben zuzusehen. Ich habe höchsten Respekt vor Ihrer Arbeit. Aber wie soll ich wissen, ob ich Ihrem Beruf gerecht werden kann, wenn ich mich vor den dunklen Seiten scheue?« Gloria war sich der Wirkung ihrer Worte durchaus bewusst und sprach weiter: »Sie haben es eben selbst gesagt… Es ist ein Unterschied, ob ich etwas aus Berufung tue oder ob ich nur eine Arbeit ausführe . Helfen Sie mir, genau das für mich herauszufinden?«
    Glorias Blick haftete ausdrucksstark auf seinen Augen. Er schaute Gloria lange an, nahm einen Schluck aus seinem Glas und begegnete ihr mit derselben Ernsthaftigkeit, die auch sie ihren Worten verliehen hatte. »Du meinst, der Umgang mit dem Tod ist der Dreh- und Angelpunkt, von dem du abhängig machst, geeignet für diesen Beruf zu sein?« Gloria zeigte offenkundig ihre Aufgewühltheit. »Taufen und Trauungen schließen… Das kann jeder. Aber auf Menschen eingehen, sich ihrer Probleme und Nöte annehmen und vor allem der Konfrontation mit dem Tod nicht aus dem Weg gehen… Das ist der Anspruch an mich selbst!« Gloria machte eine kurze Pause und sah Herrn Bräuner eindringlich an. »Nehmen Sie mich mit? Helfen Sie mir?«
    Keine Frage – Glorias Worte hatten Eindruck hinterlassen. Der Pfarrer schwieg. Dass er gleichzeitig verblüfft schien von Glorias Intension, sich noch vor ihrem angeblichen Studium derart intensiv mit dem Beruf eines Pfarrers auseinanderzusetzen, lag auf der Hand. Einerseits war er in hohem Maß von diesem Engagement angetan, andererseits grübelte er darüber nach, ob es für ihn in Frage kam, eine Person zur letzten Ölung mitzunehmen. Je länger Herr Bräuner jedoch über Glorias Wunsch nachdachte, desto stärker hinterließen ihre

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