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Zeugin am Abgrund

Zeugin am Abgrund

Titel: Zeugin am Abgrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ginna Gray
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sich wieder hin, zog den Rucksack zu sich und öffnete den Reißverschluss.
    Rund um die Hütte gab es genug Bäume, und Sam war fast sicher, dass sich in Bobs Überlebenspaket auch eine kleine Axt befand. Doch im Moment würde er sich damit begnügen, abgebrochene Zweige zu sammeln. Wenn das Feuer erst einmal brannte, konnte er immer noch dickere Äste schlagen.
    Er ging mit großem Eifer ans Werk, wurde dabei aber nicht nur von der Notwendigkeit dieser Arbeit angetrieben, sondern auch von dem Bedürfnis, die Wut und die Trauer zu unterdrücken, die seit dem Absturz auf ihn einstürmten.
    Sam trug mehrere Arme voll Holz in die Hütte, bis er sicher war, dass sie für die nächsten Stunden ein Feuer nähren konnten. Er drückte die Tür zurück in den Rahmen und stützte sie mit einem gut einen Meter langen Stück Holz ab. Dann kauerte er vor dem Kamin nieder.
    Er schob den Kopf so weit wie möglich in den Kamin und sah nach oben. Zum Glück hatten die Erbauer dieser Hütte schon vor langer Zeit daran gedacht, ein Metallgitter einzubauen, das Vögel und andere Tiere fern hielt.
    Sam zerbrach ein wenig totes Holz, das zum Anzünden diente. Darüber häufte er Unterholz, Gestrüpp und kleine Zweige auf. Als er über die Schulter blickte, sah er Lauren, die ihren Oberkörper umklammert hielt und vor und zurück wippte, während sie versuchte, wach zu bleiben. Den Verbandskasten hatte sie offensichtlich gefunden, aber bei dem Versuch, die Wunde zu säubern, hatte sie das Blut lediglich über Stirn und Schläfe verschmiert.
    “Haben Sie Streichhölzer entdeckt? Oder irgendetwas anderes, um ein Feuer anzuzünden?”
    Sie sah ihn gedankenverloren an und blinzelte. “Ähm … ich glaube, ich habe was gesehen … ja, hier sind sie.” Sie nahm eine Streichholzschachtel und warf sie ihm zu.
    Minuten später loderte im Kamin ein Feuer, und Sam konzentrierte sich auf den Inhalt des Rucksacks.
    “Mal sehen, was wir da haben”, sagte er leise. Sein Blick huschte über die Gegenstände, die auf der Zeltbahn ausgebreitet lagen. Er dankte stumm seinem alten Freund Bob, dass der so vorausschauend gehandelt hatte. “Ein Topf und eine Bratpfanne, Küchenutensilien, Streichhölzer, Kompass, Fernglas, gewachster Docht.”
    Sam hielt inne, als er den Docht sah. Ein stechender Schmerz durchfuhr ihn. Bob war fantastisch darin gewesen, ein Feuer zu entfachen, und bei jedem gemeinsamen Campingausflug hatte sein Freund zahlreiche dieser Anzünder in seinem Gepäck gehabt.
    Er biss die Zähne zusammen und verdrängte den Schmerz und das Bild vor seinem geistigen Auge, das seinen Freund tot im Cockpitsitz zeigte. Stattdessen konzentrierte er sich darauf, jedes Teil zu begutachten.
    “Axt, Drahtfallen, Schlafsack, Verbandskasten, drei Seile, ein Klappmesser, ein Messer mit fest stehender Klinge, gewachster Zwirn, eine Ahle, eine Rolle Nylonfaden. Sieht so aus, als hätten wir sieben bis acht Kilo Nahrung. Eier, Fleisch, Fleisch mit Gemüse, alles gefriergetrocknet. Außerdem jeweils ein halbes Pfund Dörrfleisch, Bohnen, Reis und Haferbrei. Und ein Fläschchen mit Vitamintabletten.” Sam verzog den Mund. Bob war schon immer ein Gesundheitsfanatiker gewesen.
    “Wie lange wird das für uns beide reichen?” fragte Lauren und betrachtete skeptisch die Lebensmittel.
    “Eine ganze Weile, wenn wir hier bleiben. Aber sobald wir weitermarschieren, steigt unser Kalorienbedarf ganz massiv. Wenn wir frisches Fleisch dazubekommen, schaffen wir das schon.”
    “Und wie wollen Sie das beschaffen? Sie können doch nicht in einem Schneesturm auf die Jagd gehen.”
    “Schon mal was von Fallen gehört? Wenn ich in einem Radius von dreißig Metern um die Hütte acht oder zehn davon auslege, stehen die Chancen gut, dass wir etwas fangen.” Er tastete die Taschen seines Parkas ab, seine Miene verfinsterte sich. Er begann lauthals zu fluchen.
    Lauren zuckte zusammen. “Was? Was ist los?”
    “Ich habe mein Mobiltelefon verloren. Es muss mir beim Absturz aus der Tasche gefallen sein. Verdammt!” Er sah Lauren an. “Ich nehme nicht an, dass Sie eines haben?”
    “Nein.” Ein Mobiltelefon gehörte seit einiger Zeit zu dem Luxus, den sie sich nicht mehr leisten konnte.
    “Na gut.” Er nahm die Axt und stand auf. “Das Tageslicht reicht noch, dass ich für die Nacht Feuerholz schlagen kann. In der Zwischenzeit können Sie uns was zu essen kochen.”
    “Ich soll kochen?”
    Er blieb an der Tür stehen und warf ihr einen Blick zu, der völlige

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