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Zeugin am Abgrund

Zeugin am Abgrund

Titel: Zeugin am Abgrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ginna Gray
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Missachtung vermittelte. “Lassen Sie mich raten. Sie können nicht kochen.”
    “Na ja …”
    “Ach, stimmt ja. Ich hatte vergessen, dass Ihre Begabung sich auf andere Gebiete erstreckt.”
    Sie runzelte die Stirn angesichts seines sarkastischen Tonfalls. “Wenn Sie das Klavierspielen meinen, dann ja. Ich lerne gerade all die anderen Dinge wie Kochen oder den Haushalt zu führen. Ich bin darin noch nicht sehr gut.”
    Sam sah auf die Päckchen mit gefriergetrocknetem Essen. “Geben Sie einfach den Inhalt eines dieser Päckchen in einen Topf mit heißem Wasser, und erhitzen Sie das Ganze so, wie es auf der Packung steht.”
    “Aber … das einzige Wasser war in dem Kanister, und den haben wir auf dem Weg hierher leer getrunken.”
    Sam starrte sie eine Zeit lang an und schüttelte den Kopf. “Haben Sie eigentlich von gar nichts eine Ahnung? Um Himmels willen, sehen Sie sich doch um. Ringsherum ist alles voller Schnee. Schaufeln Sie ihn in den größten Topf, den wir haben, und stellen Sie den ans Feuer, bis der Schnee geschmolzen ist. Das machen Sie so oft, bis Sie genug Wasser haben”, herrschte er sie an.
    Dann trat er den Stamm zur Seite, der die Tür geschlossen hielt, öffnete sie so weit, dass er nach draußen gelangen konnte, und zog sie von außen zu.
    Lauren starrte ihm nach. Sie fühlte sich verletzt, verärgert und minderwertig.
    Wie sollte sie auf einem offenen Feuer kochen? Sie hatte ja nicht einmal den Elektroherd und die Mikrowelle in ihrem Apartment in den Griff bekommen. Bis vor zehn Monaten, als man sie aus dem Krankenhaus entlassen hatte, war es ihr nie in den Sinn gekommen, Wasser zu kochen.
    Sie stand müde auf, nahm Topf und Pfanne hoch und ging zur Tür.
    Als sie nach draußen in den Schneesturm trat, der ihr die Sicht nahm, musste sie nach Luft ringen. In der kurzen Zeit, die sie in der Hütte verbracht hatten, war der Blizzard erheblich stärker geworden. Er traf sie mit solcher Wucht, dass sie fast umgerissen worden wäre, und er heulte wie eine Todesfee, während er den Schnee unermüdlich umherwirbelte. Es wurde allmählich dunkel, so dass man nur noch ein paar Meter weit sehen konnte.
    Lauren blickte sich um und versuchte in dem Wirbel aus Schneeflocken Sam ausfindig zu machen, aber es war hoffnungslos. Furcht ergriff von ihr Besitz. Wie wollte er jemals den Weg zurück zur Hütte finden?
    Nein, nein, darüber wollte sie nicht nachdenken. Sam Rawlins war erfinderisch. Er konnte auf sich selbst aufpassen. Außerdem war er viel zu hart und zu gemein, als dass er sich vom Tod unterkriegen ließe.
    Sie hielt ihren Blick fest auf den schwachen Lichtschein gerichtet, der durch das einzige Fenster der Hütte nach draußen drang. Dann machte sie zwei Schritte vor und füllte beide Töpfe mit Schnee, bis sie überquollen.
    Sie erhob sich und sah sich noch einmal nach Sam um, abermals ohne Erfolg, und schließlich kehrte sie in die Hütte zurück.
    Lauren war erstaunt, wie wenig Wasser von einem Topf voller Schnee übrig blieb. Sie musste mehrmals die Hütte verlassen, ehe der große Topf gefüllt war, aber wenigstens hielt diese Arbeit sie wach. Obwohl sie sich nicht nach Sam umsehen wollte, machte sie es trotzdem jedes Mal.
    Nach der letzten Runde legte sie etwas Holz nach und schob den Topf näher ans Feuer. Während sie darauf wartete, dass das Wasser kochte, nahm sie ein Päckchen, das mit Fleischeintopf beschriftet war. Es wog nur ein paar Gramm, und sie konnte sich nicht erklären, wie daraus ein Eintopf werden sollte, dennoch drehte sie das Päckchen um, damit sie die Zubereitungshinweise lesen konnte.
    Da es in der Hütte recht dunkel und die Schrift sehr klein war, beugte sie sich ein wenig zum Feuer hinüber und lehnte sich dabei gegen den Matchbeutel.
    Als Sam eine Viertelstunde später zurückkehrte, lag sie in sich gesunken da, das Päckchen fest mit der Hand umschlossen, die auf der Brust ruhte. Ein Stück von ihr entfernt stand der Topf auf dem Feuer, das kochende Wasser brodelte und spritzte umher.
    Sie hatte den Mund leicht geöffnet, und die langen Wimpern lagen wie kleine Fächer über ihren Wangen, konnten aber die dunklen Augenringe nicht verdecken, die ein deutliches Zeichen für ihre Übermüdung waren. Das getrocknete Blut, das sie über ihre Stirn und seitlich an ihrem Gesicht verschmiert hatte, unterstrich ihre Blässe.
    Sam presste die Lippen aufeinander. Sie war eine Nutte, die Gespielin eines Mafiabosses. Sie hatte kein Recht, wie ein erschöpfter Engel

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