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Zeugin am Abgrund

Zeugin am Abgrund

Titel: Zeugin am Abgrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ginna Gray
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nicht gleich ausfallend werden.” Zitternd verließ sie die angenehme Wärme des Schlafsacks und zog ihre Stiefel an.
    “Was machen Sie denn jetzt?” wollte Sam wissen, als sie einige Stücke Holz aufhob.
    “Wonach sieht es denn aus? Ich will das Feuer wieder entfachen.”
    “Nein, kein Feuer. Lassen Sie den Rest einfach ausglühen.”
    “Kein Feuer? Warum denn das?”
    “Ich habe meine Gründe. Machen Sie nur das, was ich Ihnen gesagt habe.”
    “Aber es ist hier drin jetzt schon eiskalt. Ohne Feuer wird es doch nur noch kälter. Und wie sollen wir sonst ein Frühstück zubereiten?”
    “Dafür haben wir keine Zeit. Essen Sie einfach einen Streifen Dörrfleisch.” Er stampfte mit dem Fuß auf, um die Bindungen der Schneeschuhe zu überprüfen, dann nahm er für sich etwas Dörrfleisch aus dem Beutel und steckte es in eine Jacke seines Parkas.
    “Sie werden Stunden unterwegs sein und erwarten von mir, dass ich hier in der Kälte sitze?”
    “Gewöhnen Sie sich schon mal daran”, erwiderte er. Er nahm das Gewehr und ging zur Tür. “Es wird noch viel kälter werden, wenn wir weiter durch die Berge marschieren. Außerdem haben Sie so wie die meisten Frauen mit dem Packen sicher einige Stunden zu tun, da wird Ihnen schon nicht kalt werden.”
    “Sehr witzig. Ich verstehe einfach nicht, warum ich kein Feuer machen kann. Wir haben das Holz hier. Und wenn Sie schon so lange weg sein werden, könnte ich die Zeit nutzen und hier irgendwie ein Bad nehmen.”
    Sie hatte kaum ausgesprochen, da blieb Sam abrupt stehen und wirbelte herum. “Sind Sie völlig verrückt? Verdammt, Frau, wenn Sie sich nur einen Meter von dem Feuer entfernen, stehen Sie mitten in der eisigen Kälte. Sie sind unterkühlt, lange bevor Sie fertig sind.”
    “Und wenn ich ein richtig großes Feuer …”
    “Nein! Auf gar keinen Fall!”
    “Aber ich brauche unbedingt ein Bad!” beklagte sich Lauren.
    Obwohl er es eilig hatte und die Sorge an ihm nagte, dass man ihnen vielleicht schon dicht auf den Fersen war, musste er fast grinsen. Zum ersten Mal hatte sie wegen einer Sache gejammert, die sie nicht bekommen konnte. So, wie sie vor ihm stand, das Haar zerzaust, das Kinn trotzig vorgeschoben, erinnerte sie unvermeidlich an ein süßes, schmollendes kleines Mädchen.
    Von Anfang an hatte er erwartet, dass sie ihm nur Kummer bereiten würde, vor allem nach dem Flugzeugabsturz. Aber sie hatte die Zähne zusammengebissen und alles getan, was notwendig war, ohne sich ein einziges Mal zu beklagen. Selbst unter den widrigsten und schwierigsten Umständen hatte sie sich sogar noch nützlich gemacht.
    Jeder Mensch hat einen wunden Punkt, und bei Lauren wurde der offenbar getroffen, wenn sie zwei Tage lang nicht duschen konnte.
    “Ich auch, doch es muss warten”, gab er herzlos zurück.
    “Aber …”
    “Ich sagte Nein. Das ist alles. Ende der Diskussion. Machen Sie das, was ich Ihnen aufgetragen habe. Und das meine ich auch so.” Er stapfte zur Tür, schob sie beiseite und drehte sich noch einmal um, ehe er nach draußen in die Dunkelheit ging. Mit dem Zeigefinger, der bereits im Handschuh steckte, deutete er auf Lauren. “Denken Sie daran, was ich gesagt habe. Sie machen kein Feuer, Sie kochen nicht, und Sie werden ganz bestimmt nicht baden. Haben Sie das verstanden?”
    “Ja, ich habe verstanden”, gab sie ungehalten zurück. “Ich bin nicht taub, müssen Sie wissen.”
    “Schön. Ich bin so schnell wie möglich zurück. Bis dahin müssen Sie abmarschbereit sein.”
    Sam ging nach draußen und rückte die Tür wieder vor die Öffnung, während Lauren ihm wütend nachsah.
    Er machte sich sofort auf den Weg. Die Hütte fiel schnell hinter ihm zurück. Ohne Lauren im Schlepp konnte sich Sam nahezu blitzschnell fortbewegen. Mal lief er schnell, mal verlangsamte er das Tempo ein wenig, wobei er immer jene unnatürlichen, einem Bocksprung ähnlichen Schritte machte, die wegen der Schneeschuhe notwendig waren.
    Unterwegs dachte er an Lauren. Es gefiel ihm nicht, so hart mit ihr umzuspringen, aber es ging nicht anders. Er wusste nicht, wann es aufgehört hatte zu schneien. Mittlerweile konnten diejenigen, die das Flugzeug sabotiert hatten, längst mit einer eigenen Maschine auf der Suche nach ihnen sein. Er konnte nicht riskieren, dass sie beim Überflug den Rauch ihres Kaminfeuers entdeckten.
    Sie würden kommen, davon ging Sam ohne jeden Zweifel aus. Sie mussten kommen. Sie mussten das Wrack finden und inspizieren, um sicher zu sein, dass

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