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Zeugin am Abgrund

Zeugin am Abgrund

Titel: Zeugin am Abgrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ginna Gray
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westlich von hier folgen können.”
    Lauren richtete sich auf und legte den Kopf nach hinten, um besser nach oben sehen zu können. Rund dreißig Meter über ihnen machte sie ein aufgegebenes Minengebäude aus, das an der Bergwand zu kleben schien. Der Absatz, den Sam erreichen wollte, lag mindestens noch einmal dreißig Meter darüber. “Bis da oben hin? Das geht ja fast senkrecht aufwärts. Das schaffen wir niemals.”
    “Das schaffen wir. Wir müssen es schaffen. Hören Sie auf, Zeit damit zu vergeuden, indem Sie sich Gedanken machen. Ziehen Sie jetzt Ihre Schuhe aus. Und die Handschuhe auch. Sie müssen sich gut festhalten können.”
    “Warum machen wir das? Wäre es nicht einfacher, dort entlangzugehen?” fragte sie und deutete nach Süden, wo der Berg zu einer weitläufigen Bergwiese hin abfiel.
    “Darum geht es ja. Sie werden erwarten, dass wir diesen Weg nehmen. Ich habe sogar noch eine falsche Fährte gelegt, bevor ich zur Hütte zurückgekommen bin. Ein erfahrener Bergsteiger wird sich davon nicht lange in die Irre führen lassen, aber vielleicht gewinnen wir so noch etwas mehr Zeit. Die können wir mehr als gut gebrauchen. Außerdem ist diese Wiese weiter entfernt, als Sie glauben. Die hätten uns im Fadenkreuz, noch lange, bevor wir die freie Strecke zurückgelegt hätten.”
    Lauren zuckte angesichts dieses Gedankens zusammen.
    “Sie werden nicht erwarten, dass wir diesen Weg einschlagen. Außerdem ist es auf felsigem Grund schwieriger, eine Fährte zu verfolgen, auch wenn ein wenig Schnee liegt. Ich hoffe, dass wir für uns noch mehr Zeit herausgeholt haben, bis sie dahinter gekommen sind.”
    Lauren war noch immer nicht überzeugt, biss sich auf die Lippe und sah ihn zweifelnd an. Dennoch machte sie, was er ihr sagte.
    Sam hatte seine Schneeschuhe bereits an seinen Rucksack geschnallt, als sie sich wieder erhob. Er nahm ihre Schneeschuhe und machte sie an ihrer Tasche fest. Dann holte er ein Stück Nylonseil heraus und band es sich und ihr um die Taille. “Okay, dann wollen wir mal.”
    Der Pfad war schon seit langer Zeit mit Gestrüpp überwuchert, und stellenweise war sein Verlauf durch nachgerutschtes Geröll geändert worden, so dass Lauren von Zeit zu Zeit überhaupt nicht wusste, wo sie hintreten sollte. Sam hatte dagegen überhaupt keine Schwierigkeiten. Er legte ein mörderisches Tempo vor und bewegte sich so schnell und geschickt wie eine Bergziege. Da Lauren bei ihm angeseilt war, blieb ihr nichts anderes übrig, als dicht hinter ihm zu bleiben.
    Keuchend stieg sie über kleine Felsblöcke und kämpfte sich an steileren Abschnitten vor, die kaum noch Halt boten. Mehr als einmal rutschte sie auf Eisflächen und losem Geröll aus. Jedes Mal schrie sie erschrocken auf, schaffte es aber immer wieder, sich an einem Busch festzuhalten und sich zu fangen. Aber sie wusste auch, dass sie ohne die Sicherungsleine wahrscheinlich schon längst bergab gestürzt wäre.
    Als sie wieder einen spitzen Schrei ausstieß, sah Sam sie über die Schulter an. “Können Sie damit aufhören? In diesen Bergen werden Geräusche verdammt weit getragen.”
    “Ich … kann nichts … dafür”, keuchte sie. “Ich erschrecke mich nun mal, wenn ich fast in den Tod stürze.”
    “Sie werden nirgendwohin stürzen. Das Seil verhindert das schon. Achten Sie nur darauf, wohin ich trete, und machen Sie das, was ich mache. Dann geht alles gut.”
    Er sah wieder nach vorn, ehe sie etwas erwidern konnte. Lauren biss die Zähne zusammen und warf ihm einen scharfen Blick zu, der ihn genau zwischen den Schulterblättern traf. Was meinte er eigentlich, was sie tat? Sie hatte versucht, jede seiner Bewegungen nachzuahmen, aber sie waren unterschiedlich groß, und dementsprechend machte er weitere Schritte.
    Nach gut zwanzig Minuten hatten sie den alten Schuppen erreicht. Lauren war außer Atem, und ihre Handflächen waren aufgescheuert und schmerzten. Sie war davon ausgegangen, dass sie eine Pause einlegen würden, sobald sie am Schuppen angekommen waren, aber Sam ging einfach weiter. Sie wollte protestieren, doch ihr Stolz hielt sie davon ab.
    Auf den ersten Metern oberhalb des Schuppens kam sie nur mühsam voran, da es ab dort nicht mal mehr den Pfad gab, an dem sie sich orientiert hatten. Zeitweise klammerte Lauren sich mit den Fingerspitzen am Felsgestein fest, und wenn es in einem unmöglichen Winkel nach oben ging, hielt sie sich an Büschen und kleinen Bäumen fest, die zum Glück am Hang Halt gefunden hatten.
    Je

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