Zicke
krumm und kochst was für Stacy«, sagte Dad eisig. »Das ist hier kein Hotel; wir bieten keinen Zimmerservice.«
Ein Hotel würde wohl kaum eine rosa gestrichene Küche haben, ging mir durch den Kopf.
Darren zog April die Flasche aus dem Mund und stand auf. »Vergiss es. Wir gehen frühstücken.«
»Oh nein, das tut ihr nicht. Nicht, wenn eure Mutter schon Essen für euch gemacht hat.«
»Schon gut, Ray, ich habe noch nicht richtig angefangen.«
»Nein, es ist nicht gut.«
Ich hielt den Mund. In ihre Streitigkeiten mische ich mich nicht ein. Es ist sinnlos, und überhaupt: Wenn ich Partei ergreife, dann behauptet Dad wieder, alle wären gegen ihn, und es wird nur noch schlimmer.
Darren jedoch hat keine Probleme damit, Position zu beziehen. Er ging zu Mom hinüber und stellte sich neben sie. »Sei nicht so zu Mom, nur weil du Stacy nicht leiden kannst.«
»Entschuldige bitte«, antwortete Dad, »dass ich was Besseres für dich will als …
das .«
Als er »das« sagte, ließ er die Hand vage durch die Küche schweifen und gab damit allen zu verstehen, dass er uns für abgrundtief gescheitert hielt.
Mom starrte auf die Schinkenpackung in ihren Händen, als würde sie nach wie vor überlegen, wie viele Scheiben sie braten sollte.
Stacy kam in die Küche, in den Shorts und dem Tank Top, in denen sie geschlafen hatte, ging geradewegs |67| zur Kaffeekanne und schenkte sich eine Tasse ein, ehe sie bemerkte, dass sich niemand außer April gerührt hatte, seit sie reingekommen war. »Hab ich was verpasst?«
Mom schaffte es, ihr zuzulächeln. »Möchtest du Schinken?«
»Schon gut, Mom«, sagte Darren. Er trat zu Stacy. »Wir gehen woanders frühstücken.«
»Tatsächlich?«
»Komm mit, Deanna.«
Ich folgte ihnen nach draußen und mied dabei Moms Blick, denn dies war der eine Haken an meinem Plan: Mom würde zurückbleiben. Ich konnte alles wie einen Film auf der Leinwand sehen. Sie, allein mit Dad für den Rest ihres Lebens, das Haus, das exakt so bleiben würde (bis auf die letzte Einzelheit), schäbig und abgewohnt, mit all den ins Auge fallenden Flecken und Löchern und Lecks und dem ewig grünen Flokati. Vielleicht war sie eine arglose Unbeteiligte – wie die Leute, von denen man so liest, sie hätten nur zufällig dagestanden und wären ihren Geschäften nachgegangen, als eine verirrte Kugel sie genau ins Herz traf. Oder vielleicht doch nicht so arglos. Es spielte keine Rolle. Am Ende würde sie diejenige sein, die übrig geblieben war, die jeden Tag durch diese Tür ging und die herauszufinden versuchte, was schiefgelaufen war.
***
|68| Michael stand schon im Eingang des
Picasso
und erwartete mich.
»Bin ich zu spät?«, fragte ich.
»Nee. Pünktlich auf die Minute«, sagte er und überraschte mich erneut mit seiner Stimme, die klang wie die eines Profiringers in einem hageren Körper. Wir gingen in die Düsternis des Restaurantbereichs. »Im Augenblick ist tote Hose, also hatte ich nichts Besseres zu tun, als zu warten.«
»Ist hier
jemals
was los?«
»Oh, sicher. Wir haben unsere Stammgäste. Komm mit; wir müssen noch Papierkram erledigen und ich gebe dir dein Hemd.« Ich folgte ihm am Tresen vorbei, wo ich gerade mal den Umriss eines großen Typen in einem
Picasso -Shirt
ausmachen konnte, der an der Kasse lehnte. Etwas an der Art, wie er dastand, lässig und schlaksig, rührte an eine Erinnerung. Meine Augen gewöhnten sich allmählich ans Dunkel. »Oh«, meinte Michael. »Das ist Tommy, dein Komplize hier.«
»Hey, Dee Dee.«
Es war Tommy. Mein Tommy. Tommy Webber.
Er hatte immer noch diese stachligen, dunklen Haare und war groß und schlank.
Michael schien überrascht. »Ihr beide kennt euch?«
Tommy grinste, wie nur er grinsen konnte. »Im biblischen Sinne.«
Und nur Tommy würde so etwas zu seinem Chef sagen.
Mein Magen verkrampfte sich; Michael zog die |69| Augenbrauen hoch. »Ähem. Okay, nun denn. Hier lang, Deanna.« Er wies auf eine Eckbank ganz hinten. Auf dem Tisch standen ein paar Aktenordner, eine Kaffeetasse, die aussah, als ob sie noch nie gespült worden wäre, und ein Aschenbecher. Er nahm die Tasse. »Willkommen in meinem Büro. Kaffee? Limo?«
»Ich nehme ein Malzbier«, sagte ich mit angestrengt ruhiger Stimme. Mir schwirrte der Kopf, während ich mich auf die Bank setzte. Michael kam zurück, mit meinem Malzbier und einer frischen Tasse Kaffee für sich. Er holte eine Packung Zigaretten aus seiner Hemdtasche, klopfte eine heraus und zündete sie an. Ich sah zu, wie
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