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Zicke

Zicke

Titel: Zicke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Zarr
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fragte er lachend. »Was hast du vor?«
    »Wirst du gleich sehen!«
    Stacy wartete schon im Zimmer; sie stand da, von Kopf bis Fuß in Schwarz gekleidet, üppig auf Gothic geschminkt und mit einem tückischen Grinsen. »Hey Süßer!« Sie zwinkerte Darren zu. »Wie
heißt
du denn?«
    Ich wusste nicht, weshalb sich Darren schlagartig so bescheuert aufführte, aber er legte nur beiläufig seine
Safeway -Jacke
ab und sagte: »Das sieht toll aus, Babe! Ich wollte immer schon mal eine heiße Rothaarige küssen.«
    Er packte sie, spielerisch, und wollte sie umarmen, aber sie entzog sich ihm. »Nein. Mein Gott.«
    |111| »Was ist?«
    »Ist das alles, was du zu sagen hast?« Mit gespielter Dumpfbackenstimme ahmte sie ihn nach:
»Ich wollte immer schon mal eine heiße Rothaarige küssen.«
    Darren wich zurück und hielt die Hände empor.
    »Was habe ich denn getan?«
    »Vergiss es einfach.« Stacy machte ihre Bewegung. April fing an zu weinen. Ich wusste nicht, was tun – April in die Arme nehmen? Gehen, bevor ihnen einfiel, dass ich da war? »Egal«, sagte Stacy und wandte sich April zu. »Sind doch nur Haare.«
    Darren lachte. »Hab ich doch gesagt.«
    »Na dann, okay.« Stacy setzte sich mit April auf den Bettrand und allem Anschein nach war der Streit beendet. Darren sah mich achselzuckend an und ging ins Badezimmer, um zu duschen.
    Kaum war die Tür hinter ihm zu, murmelte Stacy ganz leise: »Fick dich, Darren.«
    Dazu fiel mir nichts mehr ein. Zu all dem, was ich mir als Familie, bestehend aus Stacy, Darren, April und mir, ausgemalt hatte, hatte so etwas nie gehört.
    ***
    An diesem Abend wäre ich fast nicht zur Arbeit gegangen. Mich mit Tommy rumschlagen, die Sitzecke sehen, in der ich auf Lees Freundschaft geschissen hatte, und dann noch Kunden – all das als Zugabe zu der merkwürdigen Szene zwischen Darren und Stacy, das schien mir einfach zu viel. Ich wollte rübergehen |112| zu Jason, doch ich hatte Angst. Was, wenn Lee ihm gesagt hatte, wie ich mit ihr umgegangen war? Wenn er gezwungen war, sich zwischen ihr und mir zu entscheiden …? Ich war einfach nicht bereit zu hören, welche von uns zweien es sein würde.
    Als es dann Zeit für Stacy war, zur Arbeit zu fahren, sie zweimal an meine Tür klopfte und rief: »Gehen wir!« – da ging ich.
    Während der Fahrt sprach sie nicht. Stattdessen blätterte sie ihre CDs durch und versuchte gleichzeitig das Steuer zu halten, legte eine nach der anderen ein, suchte ihre Lieblingssongs und ließ sie in voller Lautstärke krachen. Mir fiel auch auf, dass sie sich in ihre engste Jeans gezwängt und das dunkle Make-up draufgelassen hatte.
    »Habt ihr, du und Darren, irgendwie
geredet
?«, fragte ich zwischen zwei Songs.
    »Worüber?«
    ›Okay‹, dachte ich, ›wenn du mir auf diese Tour kommst, dann vergiss es einfach.‹ Binnen vierundzwanzig Stunden hatte sie mich zuerst in eine Bar mitnehmen wollen und behandelte mich nun am Ende wie ein quengeliges kleines Kind. Am
Picasso
stieg ich ohne ein Wort aus, knallte die Tür zu und versuchte nicht zu denken: Was, wenn
dieses
Leben auf mich wartet, wenn wir zusammenziehen? So durfte es nicht laufen. Es musste okay sein; wahrscheinlich waren es nur Stacys postnatale Hormone, derentwegen sie sich so aufführte.
    Es war viel los an diesem Abend. Die sommerlichen |113| Softball-Turniere hatten begonnen, und all diese mittelalterlichen Typen, die versuchten, noch mal die Highschool zu durchleben, kamen rein, die dicken Bäuche in dreckige Softball-Shirts gepackt, bestellten krügeweise Bier und führten sich im Grunde auf wie Vollidioten. Die Zusammenarbeit lief eigentlich nicht übel, als es hart auf hart kam: Tommy bereitete die Böden vor und bediente den Ofen, ich nahm die Bestellungen auf und sorgte für die Beläge, Michael kümmerte sich um alles andere.
    »Puscht die Salatbar«, wies er uns an. »Wir sind knapp mit Salami.«
    »Ich
glaube
, die merken den Unterschied«, sagte Tommy lakonisch.
    Während ich die Bestellungen aufnahm, sagte ich ungefähr neunhundert Mal: »Ein Salatteller von der Bar kostet nur zwei Dollar neunundneunzig und Sie können essen, so viel Sie schaffen.«
    Dennoch musste Michael um zehn aus dem Lokal rennen, um Salami und Rinderhack nachzukaufen. Die Softballer verzogen sich allmählich, und ich räumte ihre Tische ab, während Tommy die Pizzatrasse reinigte.
    Plötzlich kamen einige Leute aus meinen schlimmsten Albträumen durch die Tür paradiert: Jake Millard, Zwölftklässler; Anthony

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