Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zicke

Zicke

Titel: Zicke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Zarr
Vom Netzwerk:
Piccolini, Zwölftklässler; Jolene Hancock, fertig mit der Schule; und ihr Bruder Mike, Zwölftklässler. Sie alle waren mit Tommy auf der Terra Nova gewesen. Alle gehörten zu seinem Freundeskreis.
    |114| Jolene erkannte mich als Erste und lachte los: »Nicht zu fassen! Deanna Lambert arbeitet hier?« Zu Tommy rief sie hinüber: »Wie praktisch, nicht wahr?« Als ob ich nicht vor ihnen stünde, als ob ich ein Niemand wäre.
    »Hey, Lambert!«, rief Mike. »Kannst Tommy wohl einfach nicht in Ruhe lassen, was? Dann ist er vielleicht doch so gut, wie er behauptet.«
    Tommy kam grinsend hinter dem Tresen hervor.
    »Sie kommen immer zurück und wollen mehr.«
    Wortlos trug ich meine Tabletts mit dem Abfall nach hinten.
    »Hö hö, nun sei doch nicht so, Deanna!«, rief mir Jake hinterher. »Wir wissen alle, dass Tommy ein Scheißkerl ist!« Alle lachten.
    Ich lehnte mich gegen den Geschirrspüler, der sich warm in meinem Rücken anfühlte, und schloss die Augen. ›Das ist mein Leben‹, dachte ich. ›Das ist es. Wenn ich fünfunddreißig bin und Tampons und einen Laib Brot im Laden kaufe und an der Schnellkasse Jolene Hancock über den Weg laufe, wird sie mich anblicken. Und wenn sie nach Hause kommt, wird sie ihrem Mann sagen:
Ich hab Deanna Lambert im Laden getroffen. Dieses Mädchen, das ich aus der Highschool kenne. Bisschen runtergekommen. Hat mit diesem widerlichen Zwölftklässler geschlafen, als sie erst dreizehn war.

    Ich wusste nicht, ob ich noch Freunde hatte.
    Ich wusste nicht, ob Darren und Stacy es schaffen würden.
    |115| Ich wusste nicht, ob mein Dad es je hinbekäme, mich anzusehen und dabei nicht an die Nacht von Montara Beach zu denken.
    »Alles okay mit dir, Deanna?« Ich schlug die Augen auf. Es war Michael, mit einer Riesentüte Salami in den Händen. »Weinst du?«
    »Nein«, antwortete ich schnell. »Keine Ahnung. Tut mir leid.«
    Er stellte die Salami ab. »Willst du reden?«
    Michael war nett. Aufrichtig nett; der netteste Mensch, den ich seit Langem getroffen hatte. Ich mochte sein Gesicht, stark und interessant, mit tiefen Furchen und der Art von Haut, die man bekommt, wenn man zwanzig Jahre lang raucht. Er wusste, wie es lief. Und er verurteilte mich nicht, zumindest glaubte ich das nicht. Aber ich konnte nicht mit ihm reden, und auch nicht mit sonst jemandem. Die Worte waren einfach nicht in mir.
    »Ich habe nur Kopfschmerzen, nichts weiter«, sagte ich und beschäftigte mich damit, den Geschirrspüler einzuräumen.
    »Das war ein langer Abend. Tommys Freunde sind eben gegangen.« Er seufzte. »Falls es dich interessiert.«
    Ich zog am Hebel, um den Geschirrspüler zu schließen, und drückte auf den Startknopf. Das Geräusch von sprühendem Wasser gegen Metall ersparte es mir, antworten zu müssen.
    ***
    |116| Stacy erschien nicht nach der Arbeit. Michael wartete eine Weile mit mir und rauchte eine, aber um viertel vor Zwölf sagte er: »Hör mal, ich hab morgen sehr früh eine heiße Verabredung mit meinem Zahnarzt. Kommst du zurecht? Soll ich dich fahren?«
    »Schon okay«, sagte ich. »Die Freundin meines Bruders arbeitet drüben bei
Safeway
. Sie hat sich wahrscheinlich nur verspätet oder so.«
    »Komm schon, dann fahr ich dich rüber zu
Safeway

    »Ach Quatsch, ich geh zu Fuß. Es ist praktisch nur ein Block.« Ich wollte nicht groß erklären, dass Stacy vielleicht sauer auf mich war und deshalb nicht auftauchte.
    Michael warf seinen Zigarettenstummel zu Boden und drückte ihn mit dem Fuß aus. »Nein, du kommst mit mir. Ich möchte nicht auch noch deinen Eltern erklären müssen, weshalb ich dich allein zu Fuß hab gehen lassen, wenn man deine Leiche in einem Graben findet.«
    Ich folgte ihm zu seinem Wagen und wir fuhren rüber zu
Safeway
. »Da ist ihr Auto«, sagte ich und zeigte auf den Parkplatz. »Danke.«
    »Schon gut, Kleine.« Er sah mich an, als wollte er noch etwas anderes sagen, etwas Wichtiges, und ich dachte verzweifelt: ›Bitte sei jetzt im Moment nicht so nett zu mir. Sei nicht verständnisvoll, sei nicht tiefsinnig.‹ Er musste meine Gedanken erraten haben, denn seine Miene veränderte sich und er sagte nur: »Wir sehen uns morgen.«
    |117| Ich ging in den Laden, sah mich nach Stacy um und fragte dann ein Mädchen an einer der Kassen nach ihr.
    »Oh«, sagte sie. »Die ist früh weg. Ihr war nicht gut.«
    »Aber ihr Auto ist auf dem Parkplatz.«
    »Wirklich? Das ist merkwürdig. Sie ist gegen halb zehn los.«
    Ich ging wieder nach draußen und setzte

Weitere Kostenlose Bücher