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Zicke

Zicke

Titel: Zicke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Zarr
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mich auf eine Bank unter den Laternen. Ich konnte es mir nur so erklären, dass Stacy so übel geworden sein musste, dass sie nicht mehr fahren konnte, Darren sie mit dem Wagen meiner Mutter abgeholt hatte und sie mich vergessen hatten. Wenn es ihr so schlecht ging, erklärte das vielleicht, warum sie so eigenartige Laune gehabt hatte. Es ärgerte mich ein wenig, dass sie nicht daran dachten, dass ich jetzt mitten in der Nacht auf der Straße stand, aber ich wollte nicht auf Darrens Handy anrufen und Streit anfangen. Und bei meinen Eltern wollte ich schon gar nicht anrufen.
    Der blöde Bus fuhr nachts nicht, also begann ich, zu Fuß nach Hause zu laufen. Ich wünschte mir, ich würde noch rauchen. Eine Zigarette fühlt sich immer ein wenig an, als hätte man Begleitung, außerdem schätzte ich, ich könnte eine brennende Zigarette als Waffe benutzen, wenn mich jemand anzugreifen versuchte.
    Der Nebel umfing mich mit dieser klammen Kälte, die einem durch Kleider und Haut dringt und bis auf die Knochen geht. Ich stopfte meine Haare unter die Jacke und veränderte meinen Gang – die Hände in |118| den Taschen und mit runden Schultern –, wie Darren es mir beigebracht hatte, damit ich im Dunkeln eher wie ein Typ aussah.
    Als ich etwa zehn Minuten gegangen war, bremste neben mir ein Auto. Ich lief schneller und schaute mich nach Häusern um, in denen noch Licht brannte, falls ich flüchten musste. Der Wagen fuhr langsam neben mir her, und dann hörte ich diese lässige Stimme: »Hey, Dee Dee.« Ich blieb nicht stehen.
    Tommy blieb auf meiner Höhe und redete aus dem offenen Fenster. »Dee Dee, nun komm schon. Willst du nicht mitfahren? Hey, ich bespring dich nicht oder so. Außer du willst es. Aber im Ernst, steig doch ein, nun mach schon!«
    Ich fror und war müde und hatte noch eine Viertelstunde nach Hause. Tommy verkörperte vieles, was ich hasste, aber ich wusste natürlich, dass er mir nichts antäte. Das würde sein Selbstbild von einem Hengst, um den sich die Stuten ganz freiwillig scharten, ja komplett zerstören! Allerdings hatte ich persönlich das nie beobachtet. Ich blieb stehen, öffnete die Wagentür und sprang rein, während der Wagen langsam weiterfuhr.
    »Stacy ist nicht aufgetaucht, was?«
    »Offensichtlich.«
    »Die war schon immer ’n bisschen flatterhaft.« Er wusste nie, wann er den Mund halten sollte! »Hey, wenn wir schon dabei sind, lass uns doch was rauchen.« Er zog einen Joint aus der Tasche und zündete ihn an, wobei er mit den Ellbogen das Steuer hielt. Ich |119| schüttelte den Kopf, als er mir den Joint anbot. »Ach ja, du bist ja jetzt ein braves Mädchen. Hatte ich ganz vergessen.«
    Ich in Tommys Auto, mit dem Dope-Rauch und der feuchten Nachtluft – ein Strom von Erinnerungen an Dinge, die lange Zeit aus meinem Kopf verschwunden gewesen waren, wurde ausgelöst. Zum Beispiel an unser erstes ›Treffen‹, etwa eine Woche nach dieser Sache im Badezimmer. Tommy tauchte eines Abends bei uns auf, an einem regnerischen Dienstag, und fragte nach Darren. Dabei arbeitete Darren seit fast einem Jahr immer dienstagsnachts – und das wusste Tommy.
    »Er ist nicht da«, hatte ich gesagt. Ich weiß noch, dass ich ihn beobachtete, dass ich wusste, dass er
meinetwegen
hier war, nicht Darrens wegen, dass es ein Spiel war, das wir spielten.
    »Oh.« Er lächelte kurz und seine Narbe kräuselte sich auf eine Art, dass sich mein Magen zusammenzog, damals. Er lehnte sich an den Türrahmen, in schwarzem T-Shirt und Jeansjacke, als ob das Haus ihm gehöre und alles darin zu seiner Verfügung stünde. »Ich wollte nur ein wenig in der Gegend rumkurven, weißt du. Ich fahre gern durch den Regen.« Er blickte mir über die Schulter. »Sind deine Eltern zu Hause?«
    Mom war arbeiten und Dad früh zu Bett gegangen nach einer langen Schicht bei einer befristeten Stelle. Es war in der Zeit, als
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ihn schon entlassen hatte, aber noch vor dem Autozubehörladen, und es kam mir vor, als wäre er andauernd entweder |120| mit der Jagd nach Jobs, mit Zeitarbeit oder mit Schlafen beschäftigt.
    Tommy wurde euphorisch. »Hey, ich hab ’ne Idee. Hättest du nicht Lust, mit mir eine Runde zu drehen? Wir könnten irgendwo Halt machen und ein Eis essen. Ich steh total auf Pfefferminz mit Schokosplittern.«
    »Ich weiß nicht«, sagte ich, auch wenn ich es wusste. »Ich hab noch Hausaufgaben auf.«
    »Mach die doch später.«
    Ich nahm meine Jacke und die Schlüssel und ging mit ihm aus der Tür, ohne auch

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