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Zicke

Zicke

Titel: Zicke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Zarr
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dann vielleicht |127| hätten wir so eine Familie sein können. Aber hier waren wir dieselben alten Lamberts, die wir immer waren. Und außerdem: Soweit ich sehen konnte, würde nie mehr etwas gut werden.
    ***
    Darren rief ein paar Mal bei Stacys Familie an, aber niemand hatte etwas von ihr gehört. Und es schien ihnen auch egal zu sein – was typisch war. Sie waren beinahe so verkorkst wie wir. Stacys Mutter wollte nichts mit April zu tun haben, weil sie der Meinung war, das Kind hätte nie auf die Welt kommen dürfen.
    Manchmal, ehrlich gesagt, frage ich mich, was mit manchen Familien nicht stimmt. Zum Beispiel mit meiner und mit Stacys. Ich sehe mir Leute an wie Lee, mit ihrer Mom und ihrem Stiefvater, die so nett sind, und ich weiß: So sollte eine Familie sein. Mir wird klar, wie kaputt es ist, nicht miteinander zu reden, und wenn doch, dann nur, um sich gegenseitig Vorwürfe zu machen und nichts vom eigenen Enkelkind wissen zu wollen. Tut mir leid, aber das ist einfach kaputt.
    Früher dachte ich, okay, was soll’s, mit mir, Stacy und Darren wird es anders laufen. Wir werden es anders
machen
. Aber da nun Stacy einfach so abgehauen war, glaubte ich allmählich, dass wir in Wahrheit nicht wußten, wie. Wir wussten nicht, wie wir es irgendwie besser machen konnten als Mom und Dad.
    Darren wollte nicht die Polizei rufen; er machte sich Sorgen, dass die am Ende noch April mitnahmen. |128| Also ließ er sie bei mir und fuhr an einigen Lieblingsplätzen von ihm und Stacy in der Stadt und im Umkreis von Pacifica vorbei.
    Ich rief Jason an. Ich dachte, vielleicht, wenn ich einen Grund hatte, mit ihm zu reden, bei der Riesenneuigkeit, dass Stacy verschwunden war, würde er mir doch zuhören müssen, selbst wenn Lee ihm schon von unserem Streit erzählt hatte.
    »Da bist du ja«, sagte er, als er abnahm. »Ich dachte, du wärst tot oder so was.«
    Ich schmunzelte erleichtert. Er hasste mich nicht; noch nicht, jedenfalls. »Waren doch nur ein paar Tage.«
    »Also, mir war langweilig. Lass uns was unternehmen.«
    Es war komisch, wie es nur einiger Worte von ihm bedurfte, damit ich mich tausendmal besser fühlte. Am liebsten hätte ich mir das gute Gefühl nicht vermiesen lassen und die Sache mit Stacy verschwiegen, aber jemand außerhalb unseres Hauses musste es wissen, damit ich es nicht allein mit mir herumtragen musste.
    »Verfluchter Mist!«, war seine Reaktion, als ich es ihm erzählt hatte. »Sie macht den Eindruck, als wäre sie eine richtig gute Mutter.«
    »Ist sie auch.«
    »Sie wird zurückkommen«, meinte er. »Ich wette, bis heute Abend ist sie wieder da.« Wir schwiegen eine Weile am Telefon. Ich hatte ein Bild von ihm im Kopf: Wie er atmete, wie seine dunklen Haare ihm in den |129| Augen hingen; wahrscheinlich war er in dem alten Sessel versunken, den er in der achten Klasse in sein Zimmer gestellt hatte. Vielleicht kratzte er sich am Bauch. »Hallo?«
    »Ja, ich bin da. Lass uns ins
Serramonte
gehen oder so. Morgen?«
    Wir schmiedeten Pläne, und ich wurde das Gefühl nicht los, dass ich ein kleines Geschenk bekommen hatte – mindestens noch eine Woche, bis Jason von Lee hören würde, was im Restaurant vorgefallen war.
    Als ich auflegte, fing April an zu quengeln. Ich setzte sie auf meine Schultern und ging mit ihr im Haus herum, aber davon weinte sie nur noch mehr, und es gelang mir nicht, sie zu beruhigen. Ihr Weinen klang eher ängstlich als müde oder hungrig. Es war, als spürte sie, dass Stacy fort war und nicht nur für ein paar Stunden bei der Arbeit. Jedenfalls ging ich in die Küche, um ihr ein Fläschchen zu machen, weil ich nicht wusste, was ich sonst tun sollte.
    Dad saß am Küchentisch. Ich schnappte überrascht nach Luft; es war ein lautes Geräusch, worauf April nur noch heftiger weinte. Auch Dad schien verdutzt. Als ich den ersten Schreck überwunden hatte, sagte ich: »Ich dachte, du wärst arbeiten.«
    Er blickte stur auf seinen Kaffeebecher. »War ich auch. Ich bin hin und habe ihnen mitgeteilt, dass ich einen Notfall in der Familie habe. Dann bin wieder heimgegangen.«
    »Oh.« Ich legte April in den anderen Arm und versuchte mit einer Hand ihr Fläschchen vorzubereiten, |130| während ich sie mit der anderen an mich drückte. Der Verschluss fiel runter, als ich ihn abschraubte, und als ich ihn aufheben wollte, ließ ich auch noch den unteren Teil der Flasche fallen und der Milchersatz bekleckerte den Boden. »Shit.«
    Bei der Unterhaltung mit Jason mochte ich mich noch so gut

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