Zicke
keinen Typen getroffen.«
Ich überlegte angestrengt, was ich als Nächstes sagen sollte. Ich wollte Darren keinen Vorwurf oder ein schlechtes Gewissen machen, aber wenn er wirklich so ahnungslos war, wie er wirkte, würde es vielleicht helfen. »Sie wollte, dass du es bemerkst, Darren. Dass du bemerkst, wie toll und anders und geheimnisvoll sie aussieht.«
»Wovon redest du?«
»Ihre Haare, verstehst du? Wie sie ihre Haare gefärbt hat.«
Er starrte mich an. »Sie ist sauer wegen ihrer Haare?«
»Nein, du Knallkopf.« Ich hätte den Mund halten sollen, wenn ich es nicht auch erklären konnte. »Es ist nur … du hast so getan, als ob es ganz nett wäre, nichts weiter.«
Darren wurde lauter. »Ich frage noch mal: Sie ist sauer wegen ihrer
Haare
?«
»Vergiss es, schon gut.«
|137| »Nein, erklär’s mir. Du hast offensichtlich den totalen Durchblick in dieser absurden Situation.«
April begann wieder zu weinen. »Es ist so, wie sie gesagt hat, als sie in den Spiegel sah«, versuchte ich es. »Sie hätte sonst wer sein können, verstehst du?«
»Nein, verstehe ich nicht.«
Ich seufzte, holte die Flasche aus dem Kühlschrank, wärmte sie für einige Sekunden in der Mikrowelle auf und reichte sie Darren. Er probierte kurz davon und gab sie dann April.
»Ich meine, was wäre gewesen, wenn sie April nicht bekommen hätte? Sie ginge vielleicht aufs College oder würde mit dem Rucksack durch Europa touren oder was weiß ich. Sie sah aus wie eines von den Mädchen, die so etwas machen.«
Darren schwieg eine Weile und sah zu, wie April an ihrer Flasche nuckelte. »Und das ist ein Grund, abzuhauen? Weil ich das alles nicht aus ihren gefärbten Haaren rausgelesen habe?« Er sah mich an. »Was, wenn sie nicht zurückkommt?«
»Sie muss.«
***
Später ging ich runter in den Keller, um zu erfahren, ob es Neuigkeiten gab. Darren saß auf der Bettkante und zappte durch die Kanäle, während April in ihrem Autositz auf dem Boden schlief. Nicht gerade ein Bild fürs Familienalbum, das ich im Kopf bewahren sollte.
»Soll ich dir heute Abend vielleicht eine Pizza mitbringen?«, fragte ich.
|138| »Ja, okay. Danke.« Er wandte den Blick nicht vom Bildschirm ab, obwohl nur Werbung lief. Ich setzte mich neben ihn und blätterte eines von Stacys Magazinen durch; April wachte auf und fing sofort an zu weinen.
»Was denn?«, fragte Darren und ließ die Fernbedienung sinken. »Schlafenszeit ist noch nicht vorüber. Das kannst du doch besser.« Er nahm sie hoch und trug sie hinüber zum Bettchen. Nachdem er ein paar Minuten über sie gebeugt mit sanfter Stimme gesprochen hatte, beruhigte sie sich – ohne dass Darren ahnte, dass er gerade genau das Gleiche gemacht hatte wie Dad zuvor im Flur.
Als April ruhig war, verstummte auch Darren und blickte starr auf das Leuchtturmposter über dem Bettchen.
»Hallooo«, sagte ich.
Er wandte sich um und sah mich mit einem seltsamen Blick an. »Komm her.«
Ich ging zu ihm rüber. »Was ist?«
»Sieh mal.« Er deutete auf die Schrift am unteren Rand des Posters:
Pigeon Point Leuchtturm, Historischer Park.
»Na und?«
»Da bin ich letztes Jahr mit ihr an ihrem Geburtstag hingefahren. Es ist in Pescadero.«
Für einen Moment fragte ich mich, ob Darren eine
Art Zusammenbruch hatte oder einen Schock bekam oder so was. »Wie gesagt: Na und?«
»Keine Ahnung. Du weißt doch, dass sie es mit |139| Leuchttürmen hat. Und da ist auch eine Jugendherberge«, sagte er. »Überhaupt nicht teuer …«
Mir schien der Gedanke ziemlich weit hergeholt, aber er klang so hoffnungsvoll und kannte sie natürlich viel besser als ich. »Haben die eine Telefonnummer?«
»Ich werde nicht anrufen. Falls sie dort ist, will ich nicht, dass sie weiß, dass ich komme.«
Nach der Szene in der Küche mit Dad – wie er April gehalten hatte, wie er mich angesehen hatte – war ich leichte Beute für die Hoffnungen, die Darren sich machte. »Wir könnten gleich morgen früh losfahren«, sagte ich eifrig. »Du kannst packen, während ich bei der Arbeit bin.«
»Ich fahre heute Nacht los«, entschied Darren. Er holte eine Reisetasche aus dem Schrank und begann, wahllos Sachen hineinzuwerfen.
Während ich zusah, wusste ich schon, was geschehen würde. »Aber ich muss arbeiten. Kannst du nicht warten?«
Er sah mich an und schüttelte den Kopf.
»Ich ruf in der Pizzeria an und sag Michael, dass ich heute Abend nicht kommen kann.«
»Du kommst nicht mit.«
Ich konnte es mir nicht anhören. Ich konnte ihn
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