Zicke
fressen?«
»Nein.« Er seufzte. »Aber du musst deinen eigenen Weg da raus finden.«
Ich ließ die Wäsche fallen, die ich in der Hand gehabt hatte: ein kleines T-Shirt von April, ein Paar Socken von Stacy.
Ich drehte mich um.
Ich ging die Treppe hinauf.
Ich blickte nicht zurück.
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|144| 7A
Ich, Deanna Lambert, gehöre zu niemandem, und niemand gehört zu mir.
Ich weiß nicht, was ich tun soll.
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|145| 7B
Darren ging um vier. Er klopfte bei mir an und fragte durch die Tür, ob er mich auf seinem Weg zur Küste zur Arbeit mitnehmen sollte, aber ich tat, als würde ich ihn nicht hören.
Als er fort war, ging ich in die Küche und machte mir eine Nudelsuppe. Mom kam vom Einkaufen zurück, während ich aß, und schleppte sich in die Küche, als wäre sie mit ihren ergrauten Haarwurzeln und den schlaffen Augenlidern meine Oma und nicht meine Mutter. »Es ist noch Schmorbraten übrig«, sagte sie, stellte ihre große Einkaufstasche auf den Tisch, marschierte zum Kühlschrank und holte einige Lebensmittel heraus. Der abgestandene Geruch von überfälligem, aber noch nicht ganz verdorbenem Essen wehte durchs Zimmer. »Oder ich kann dir ein Sandwich machen. Spaghetti von Mittwoch sind auch noch da.«
»Ich habe schon alles.«
»Bist du sicher? Wie wär’s mit einer Suppe? Kann ich dir eine Dose Suppe heiß machen?«
»Das hier
ist
Suppe.« Sie wühlte noch immer im Kühlschrank und wandte mir den Rücken zu. »Mein Gott, Mom, kannst du nicht mal für einen Moment damit aufhören?«
|146| Sie drehte sich um, mit langem Gesicht, und wirkte plötzlich ganz klein. Sie hatte die Hände in die Hüften gestemmt, wie früher, wenn Darren oder ich Ärger gemacht hatten und sie dann gerufen hatte:
Deanna Louise, ich habe dir doch gesagt, du sollst die Finger davon lassen!
, oder:
Darren Christopher, lass deine Schwester in Ruhe!
Aber diesmal ließ sie die Hände sinken, ohne mich anzufahren, und wandte sich dem Tresen zu. »Also ich mache mir jedenfalls ein Bratensandwich. Mit viel Zwiebeln. Daran denke ich schon den ganzen Tag.«
Ich spülte meine Schale aus und sah zu, wie Mom sich ihr Sandwich bereitete. »Du hast nicht zufällig was von Stacy gehört?«, fragte sie.
»Nein. Aber …« Es fiel mir schwer, auch nur seinen Namen auszusprechen. »Darren hatte eine Idee, wo sie stecken könnte. Er ist eben mit April losgefahren.«
»Oh!« Mom lächelte tatsächlich. »Nun, das sind gute Neuigkeiten. Hoffentlich ist sie heute Nacht wieder in ihrem eigenen Bett.« Als ob es so einfach wäre. Als ob Stacy einfach zurückkommen könnte und dann alles wieder so sein würde, als wäre überhaupt nichts passiert – genau so, wie Mom es zwischen mir und Dad haben wollte.
»Ich muss zur Arbeit«, murmelte ich.
Sie hielt inne und sah mich an, ihr schon verbrauchtes Gesicht verdüsterte sich sorgenvoll. »Schatz? Hast du geweint?«
Ich schüttelte den Kopf.
|147| Sie kam auf mich zu und legte mir die Hand auf die Wange.
Ich zuckte zurück.
Sie nahm ihre Hand weg, die nun schlaff an ihr herunterfiel. »Nun gut. Soll ich dich zur Arbeit fahren?«
Ich schüttelte erneut den Kopf, packte meine Sachen zusammen und ging.
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|148| 8
Bei der Arbeit war es wie immer: Tommy führte sich auf wie ein Arsch, die Kunden wurden aus der handgeschriebenen Speisekarte nicht schlau und die Salatbar sonderte ihren üblichen Gestank ab.
Ungefähr zehn Minuten vor Feierabend bekam Michael einen Anruf. Seine Nichte war an der S-Bahn-Station in Colma gestrandet und er musste sie nach Hause fahren. »Könnt ihr beide ohne mich den Abschluss machen?«
»Sicher.« Tommy warf sich lässig zwei Oliven in den Mund. »Da braucht man schließlich keinen Doktor für.«
»Glück für dich«, sagte Michael.
Auf dem Weg nach draußen fragte er mich, ob ich allein mit Tommy klarkäme. »Du kannst auch jetzt gehen, wenn du willst«, bot er mir an. Das war nett, ehrlich, die Art, wie Michael auf mich aufpasste. Zu dumm, dass ich ihn noch nicht gekannt hatte, als ich dreizehn war.
»Ich bleibe«, sagte ich bestimmt. »Bei mir zu Hause wartet ja eh nichts auf mich.« Michael versetzte mir einen prüfenden Blick, und ich schalt mich innerlich wegen des Selbstmitleids in meiner Stimme. Ich wollte |149| nicht zu einer von denen werden, die ständig klagen: ›Seht mich an, mein Leben ist so hart.‹ »Geh nur«, sagte ich deshalb bemüht munter. »Wir kriegen das schon geregelt.«
Kaum war Michael aus der Tür, drehte Tommy
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